Nachwuchsschauspieler auf Jürgen Goschs Spuren

"Das hat mich wirklich umgehauen"

Deutsches Theater Berlin » Väter und Söhne« von Brian Friel nach Iwan Turgenjew; Premiere: 12.12.2015; Regie Daniela Löffner; Bühne: Regina Lorenz-Schweer; Kostüme: Katja Strohschneider; Es spielen (v.ln.r.): Marcel Kohler. Foto: Claudia Esch-Kenkel | Verwendung weltweit
Schauspieler Marcel Kohler. © picture alliance/dpa/Claudia Esch-Kenkel
Marcel Kohler im Gespräch mit Susanne Burkhardt · 29.09.2018
Als der Theaterregisseur Jürgen Gosch starb, war der Schauspieler Marcel Kohler 17 Jahre alt. Allerdings habe Gosch ihn nachhaltig geprägt, sagt Kohler, und zwar so sehr, dass er jetzt Goschs "Ödipus-Varianten" von 1984 neu inszenierte.
Als Alexander Khuon zur letzten Premiere des Regisseurs Jürgen Gosch am Deutschen Theater ("Idomeneus" von Roland Schimmelpfennig) im Jahr 2009 die Worte "Ich bin Idomeneus – siegreich und schiffbrüchig – ich hänge am Leben" sprach, hatten viele Zuschauer Tränen in den Augen. Der Regisseur war bereits schwerkrank und starb zwei Monate später.
In diesem Jahr wäre Jürgen Gosch, einer der wichtigsten Theatermacher der letzten Jahrzehnte, fünfundsiebzig Jahre geworden. Anlass für die Akademie der Künste, ein Wochenende lang an den Regisseur zu erinnern – unter anderem mit einem Film über die letzten drei Probenarbeiten Jürgen Goschs am Deutschen Theater ("Onkel Wanja", "Die Möwe" und "Idomeneus").

"So eine Art zu spielen hatte ich noch nie gesehen"

Marcel Kohler, Schauspieler und Regisseur am Deutschen Theater, war 17 Jahre alt als Jürgen Gosch starb. Er schrieb seine Diplomarbeit über den Regisseur. Jetzt inszeniert er für das Erinnerungswochenende an der Akademie mit Schauspielstudierenden "Ödipus-Variationen nach Motiven von Sophokles/Hölderlin/Gosch" – nach einer Inszenierung Goschs aus dem Jahr 1984 in Düsseldorf. Wie es zu seinem Interesse und zu seiner Faszination für die Arbeiten von Jürgen Gosch kam, beschreibt Kohler im Deutschlandfunk Kultur:
"Ich habe am Anfang meines Studiums mir relativ wahllos Karten für sämtliche Theaterstücke Karten gekauft und bin dann in alle großen Theater in Berlin gegangen und auch ans Deutsche Theater und habe da 'Onkel Wanja' gesehen. Und wußte gar nichts: Ich wußte weder, wer Gosch ist, noch kannte ich die Schauspieler genauer, noch kannte ich das Stück, aber das hat, mich wirklich umgehauen." Kohler sagt, er habe so eine Art zu spielen noch nie gesehen, "so eine Art, mit Text umzugehen." Auch habe er "diese Reduktion noch nie so konsequent gesehen, und das war für mich als Schauspielstudent einfach eine Entdeckung und, irgendwie hat mich das nicht losgelassen."

Viel Redebedarf zu Jürgen Gosch

Gosch, Jürgen (Regisseur), geb. am 09.09.1943 in Cottbus. Hier: Am 09.05.2008 während einer Veranstaltung im Deutschen Theater Berlin. 
Der Theaterregisseur Jürgen Gosch, 2008, ein Jahr vor seinem Tod.© imago stock&people/xFreese/drama-berlin.de
In Gesprächen mit Schauspiel-Kollegen, die mit Jürgen Gosch zusammengearbeitet hatten, stellte Marcel Kohler fest, dass es offenbar einen "wahnsinnig großen Redebedarf gibt". Es gäbe kaum einen Abend, so Kohler, in dem der Name Gosch nicht falle. Meist kreisten die Gespräche darüber, dass Jürgen Gosch sehr schweigsam war und viel im Unklaren gelassen habe: "Da wurde von Treffen berichtet wo über viele Minuten nichts gesagt wurde", sagt Kohler. Aber auch der Humor und das Lachen Goschs seien immer wieder ein Thema.
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