Nachruf auf Hans Koschnick

Bremer Brückenbauer und "starker Kerl"

Der ehemalige Bremer Bürgermeister Hans Koschnick ist tot.
Der ehemalige Bremer Bürgermeister Hans Koschnick ist tot. © dpa/picture-alliance/Ingo Wagner
Von Almuth Knigge · 21.04.2016
Der langjährige Bremer Bürgermeister Hans Koschnick ist im Alter von 87 Jahren gestorben. Von 1967 bis 1985 war der SPD-Politiker Regierungschef des kleinsten Bundeslandes. Nach dem Bürgerkrieg kümmerte er sich in Ex-Jugoslawien als EU-Administrator um den Wiederaufbau.
Brückenbauer – das war das häufigste Wort, das Politiker und Weggefährten benutzen, als sie vom Tod Hans Koschnicks erfuhren.
"Hans im Glück" – das war der deutsche Spitzname vom Volk für den Jungen aus dem Bremer Arbeiterstadtteil Gröpelingen. Dass er eine Art Glückkind war, das hat er selber so gesehen:
"Ja, ich hatte bisher immer das Glück, jeweils der Jüngste zu sein."
Das Glück, früh Verantwortung übernehmen zu können, hat mit ganzer Kraft genutzt. Mit 26 Jahren jüngstes Mitglied der bremischen Bürgerschaft, Innensenator mit 34.
"Man musste nicht hören, was andere sagten, man war gefordert, selbst etwas zu tun."
Trotz seiner oft hemdsärmeligen Art galt er als Politiker mit viel diplomatischem Geschick, der noch als Jugendlicher in den Zweiten Weltkrieg ziehen musste. 1950 trat er in die SPD ein. Seit 1967 und bis 1985 dann Bürgermeister und Hoffnungsträger der Nachkriegsgeneration. Die bremische Universitätsgründung, die Mercedes-Werk-Ansiedlung und der Ausbau des Containerhafens fielen in seine Bremer Amtszeit. Sie haben die Stadt verändert und geprägt.
Auch das Sterben der Traditionswerft AG Weser 1983 - schwarze Tage für das Gewerkschafterkind Koschnick. Bundespolitisch treibt er an der Seite Willi Brandts die Ostpolitik voran. Er schuf die erste deutsch-polnische Städtepartnerschaft: Bremen / Danzig. Und er wird stellvertretender Parteivorsitzender der SPD im Bund.

Attentat auf den starken Mann

"Moschnick", starker Kerl, das war der andere Spitzname von Hans Koschnick – so haben ihn viele in Mostar genannt.
Für die europäische Union geht er 1994 in die Herzegowina um die geteilte Stadt Mostar nach dem Balkankrieg wieder aufzubauen. Ein gefährlicher Job. Nur knapp entkam er ein paar Mal Anschlägen auf sein Leben. Aufgebrachte Kroaten hielten ihn für einen Handlanger der muslimischen Gegenseite. Aber aufgeben ging nicht, erinnert sich seine Frau Christine:
"Als dann dort dieses Attentat geschah da war mir völlig klar, das er dort bleiben musste, und nicht einfach sagt, ich bin gefährdet und jetzt gehe ich wieder nach Hause."
Aber als er 1996 erneut angegriffen wurde und sich von der EU im Stich gelassen fühlte, schmiss er hin.
Koschnick: "Man mutet mir zu, dass ich weiter mit den Leuten vertrauensvoll arbeite, die mir gestern das Volk auf den Hals gehetzt haben. Und da habe ich Schluss gemacht."
Wenn sich die Bremer an ihn erinnern, dann erinnern sie sich an Hans Koschnick als einen legendären Bürgermeister, der fünf Mal das Amt mit absoluter Mehrheit erringen könnte. Als einen engagierten Brückenbauer, überzeugten Demokraten und das nicht als Floskeln aus der Fibel für politische Nachrufe.
Immer wieder suchten die Bremer Genossen seinen Rat. Koschnick genoss das. Wie 2011 auf dem Bremer Parteitag – einer seiner letzten öffentlichen Auftritte:
"Ich bin seit über 60 Jahren Mitglied dieser Partei, ganz normaler Genosse, zahle hohe Beiträge, aber dann hört doch auf mit dieser Vornehmtuerei - freut euch,wenn wir alten Säcke bei euch sind und dass wir gemeinsam reden können."
Nicht nur die Bremer Sozialdemokraten verehrten Koschnik nahezu als einen Mann klarer Worte, gradlinig, klug und bodenständig. Mit einem Vermächtnis:
"Wäre wunderschön, wenn die Menschheit endlich begreifen könnte, dass man auch ohne Gewalt zusammenleben kann. Mehr zu spüren, dass Menschen bereit sind, kleine Brücken mitzubauen, zu begreifen, dass unsere Welt nicht nur von uns her bestimmt wird, sondern das wir mit vielen zusammenleben müssen - das wäre schon ganz schön."
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