Nachhaltige Häuser auf Teneriffa

Ferien im Dienste der Forschung

Die Casas Bioclimaticas auf Teneriffa
Ein Strand im Süden der spanischen Insel Teneriffa - in der Nähe stehen die 25 Ferienhäuser des Forschungsinstituts für erneuerbare Energien. © Deutschlandradio / Gerhard Richter
Von Gerhard Richter · 15.01.2015
Auf Teneriffa kann man sich in ein architektonisches Labor einmieten: Das Institut für Technik und erneuerbare Technologien hat 25 nachhaltige Ferienhäuser gebaut - jedes ein Experiment auf der Suche nach dem perfekten Wohnklima.
Zwei Autobahnabfahrten vom Flughafen Teneriffa Süd entfernt liegt das Industriegebiet Granadilla: Werkhallen aus Wellblech, Windräder, Solaranlagen und Technikschrott säumen den Weg zum "Instituto Tecnológico y de Energías Renovables". Schön ist das nicht. Und hier soll man jetzt Urlaub machen? Doch ja, denn kurz hinter den Institutsgebäuden direkt am Meer stehen im lockeren Abstand 25 Ferienhäuser. Jedes Haus hat einen eigenen Namen und einen ganz eigenen Charakter: "Las Bóvedas" beispielsweise ist eine zum Wohnraum umfunktionierte Höhle. Trotz ihrer Verschiedenheit, wurden alle Häuser nach den gleichen Vorgaben gebaut, sagt Miren Iriarte, Mitarbeiterin am Institut.
"Es sollte ein passives oder bioklimatisches Haus sein, und wir sagten, welche Materialien es in der Insel gibt."
Verbindung von Effizienz und Komfort
Hauptsächlich sind das die Vulkangesteine, Basalt und Tuff, Glas und Holz. Einige Architekten haben aber auch Wellblech oder Beton verbaut. Die Möbel werden größtenteils aus recycelten Materialien angefertigt. Manche Häuser liegen geduckt in der Senke, andere stemmen sich trotzig gegen den Wind vom Atlantik. Einige haben einen eigenen Teich im Garten. Hinter jedem Entwurf steckt ein spezielles Konzept für angenehmes Raumklima, in dieser von Sonne und Wind geprägten Region.
"Die Idee war, Prototypen, die für unsere Insel aber auch für andere Plätze, die ähnliche klimatische Bedingungen haben, zu entwerfen, nicht nur in der Hinsicht von Effizienz, sondern auch in der Hinsicht des Komforts. Und das ist die Absicht des Experiments."
"La Geria" ist aus großen hellen Quadern gebaut, Decken und Fußböden sind aus dunklem Holz. Der Entwurf geht auf die traditionellen Weinbaumethoden zurück: Ähnlich wie der Weinstock, der in eine halbummauerte Grube gepflanzt wird, die ihn vor dem Wind schützen soll und für ein gleichbleibendes Klima sorgt, steht auch das "La Geria" in einer Senke und ist durch Mauern geschützt. Im Liegestuhl auf der Veranda lassen Oliver Radkai und Katharina Körner Architektur von "La Geria" auf sich wirken.
"Also das Haus hat durch diese Tuffsteinwände, sowohl hier im Außenbereich, als auch innen einen Höhlencharakter und ein nahes Naturerlebnis, was uns gefällt."
Sensoren messen Temperatur, Luftfeuchte und Zugluft
Die Wände aus Tuffstein sind roh und porös, streift man daran entlang, kratzt man sich die Haut auf. Auch das ausgeklügelte Belüftungssystem, eigentlich der Kern des Bioklimatischen Hauses, hat seine Tücken. Zum Beispiel die Lüftungsgitter im Fußboden.
"Die habe ich in meinem Schlafzimmer zum Beispiel sorgfältig abgedeckt, damit die mich in Ruhe lassen, weil da bläst immer kühle Luft raus. "
Das merken nicht nur die Hausbewohner, sondern auch Miren Iriarte. Sie und ihre Projekt-Kollegen wohnen, wenn man so will - auch ein bisschen mit. In jedem der 25 Häuser hängen Sensoren von der Decke und messen Temperatur, Luftfeuchte und Zugluft. Verglichen mit der Außentemperatur und dem Wind sollen die Daten zeigen, welches Haus das angenehmste Wohnklima hat – also kühl in der Tageshitze und warm in den Abendstunden.
"Wir haben schon eine Idee, und wir haben schon Daten, aber endgültige Ergebnisse gibt es noch nicht."
Noch ist also unklar, ob das ausgeklügelte System der Lüftungsschächte, oder der kleine Wassergraben, der in einigen Häusern mitten durchs Wohnzimmer geht, tatsächlich für das angenehmste Wohnklima sorgen. In den 25 Häusern gehen vorerst nur die Urlauber auf Entdeckungstour, erforschen das Mikroklima jedes Zimmers, schieben die Glastüren auf und zu. Ziehen vorhänge hin und her, lassen Sonne ein oder Wind, erfühlen den Luftzug auf der Veranda oder inspizieren die Wirkung der Windschutzmauer.
"Die Mauer ist ja gedacht, dass sie den Wind abhält, ich finde nicht, dass die den Wind abhält. Das bläst hier drin. Von wo bläst´s, wie müsste die Mauer sein, müsste die drüben noch viel höher sein, könnte sie hier drüben niedriger sein. Das hier so zu beobachten, das finde ich spannend."
Verständnis für laute Wind- und Solaranlage
So sieht er aus, der Urlaub in einem Wohnlabor. Die Sonne spiegelt sich in der Solaranlage gleich nebenan, und die Windkrafträder quietschen im Seewind. Interessante Ferien inmitten interessanter Technik.
"Die Windanlage und die Solaranlage find ich gut. Und wenn die Krach machen und wenn die Platz brauchen, dann sollen sie das machen, weil ich möchte ja Energie haben, und die muss irgendwo herkommen, und so akzeptiere ich das auch."
Auf dem Forschungsgelände wird der Müll getrennt und es gibt eine biologische Kläranlage. Die ist aber unsichtbar. Es gibt aber auch einen Privatstrand, herrlich einsam und nur für die Bewohner der 25 Häuser.