Nach Rücktritt von Bürgermeister in Tröglitz

Verfassungsschutz weist Vorwürfe zurück

Markus Nierth mit Krawatte und Mantel
Fühlte sich allein gelassen: Der ehemalige Bürgermeister von Tröglitz, Markus Nierth. © dpa / Jan Woitas
Von Christoph Richter · 13.03.2015
Der ehrenamtliche Bürgermeister Markus Nierth war zurückgetreten, weil eine Neonazi-Kundgebung vor seinem Haus stattfinden sollte. Er bemängelte, keine Unterstützung von Politik und Bürgerschaft bekommen zu haben. Jetzt haben sich Innenminister, Polizei und Verfassungsschützer getroffen.
"Auf Tröglitz bezogen ist ja auch der Vorwurf erhoben worden, dass Neonazis auch aus den anderen Bundesländern den Weg nach Tröglitz gesucht haben. Und ich möchte jetzt, dass das zwischen den Verfassungsschutzämtern ausgewertet wird. Der Staatsschutz ist gefordert..."
... so Sachsen-Anhalts CDU-Innenminister Holger Stahlknecht. Er hat sich heute in Zeitz – im südlichen Sachsen-Anhalt – mit Beamten der Verfassungsschutzämter aus Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt sowie der Polizei getroffen. Zwei Stunden saß man zusammen, verabredet wurde, wie es heißt, eine noch intensivere und engere Zusammenarbeit zwischen den Verfassungsschützern.
"Und eine höhere Sensibilität, die uns dann auch frühzeitig in die Lage versetzt, zu erkennen, dass möglicherweise Demonstrationen vor Asylunterkünften oder auch Übergriffe in Betracht kommen könnten."
Anlass ist der Rücktritt des Bürgermeisters von Tröglitz wegen einer geplanten Rechten-Kundgebung, die vor seinem Haus stattfinden sollte. In dem knapp 3000 Einwohner zählenden Ort in Sachsen-Anhalt, der im Dreiländereck Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalts liegt, hatten angereiste Rechte seit Wochen gegen die geplante Aufnahme von etwa 40 Asylbewerbern demonstriert.
Erste Konsequenzen beschlossen
Organisiert wurden die Aufmärsche vom NPD-Mitglied Steffen Thiel, der Neonazis auch mit Kleinbussen aus den Nachbarländern nach Tröglitz gebracht haben soll, wie Anwohner berichten.
Als Konsequenz darauf wird die Demonstrationsroute künftig in Nebenstraßen verlagert, darf nicht vor den Häusern von ehrenamtlichen Politikern verlaufen, einem bekannten Rechtsextremisten wird der Auftritt als Redner untersagt.
Innenminister Stahlknecht weist Vorwürfe energisch zurück, dass der Verfassungsschutz möglicherweise keine Kenntnisse darüber gehabt habe, wer an den rechten Aufmärschen in Tröglitz teilgenommen habe.
"Wir haben schon gewusst, dass dort an jedem Sonntag solche Spaziergänge stattfinden. Die zuständige Versammlungsbehörde war der Burgenlandkreis. Sie können solche Spaziergänge nicht generell verbieten, das wissen wir aus ähnlich gelagerten Fällen. Und diesbezüglich hatten wir auch keinen Anlass gehabt, dort von uns aus einzuschreiten."
Nierth: Wir brauchen einen Integrationsbetreuer
Linken-Oppositionsführer Wulf Gallert kritisiert, dass Innenminister Stahlknecht erst kürzlich nach der Regierungsübernahme der Linken in Erfurt die Zusammenarbeit mit dem dortigen Verfassungsschutzamt aufkündigen wollte, weshalb Gallert das von Stahlknecht initiierte Treffen als reine Show-Veranstaltung deklassiert.
"Und das Fatale ist, dass man gegenüber der Öffentlichkeit den Eindruck erweckt, dass man das Problem von Tröglitz dadurch lösen kann, dass man die Verfassungsschutzämter stärker miteinander verzahnt. Die Verfassungsschutzämter, vor allen Dingen das thüringische Verfassungsschutzamt, hat die Probleme mit ausgelöst. Und hat das Problem des Rechtsextremismus nicht bekämpft."
Gallert nennt es einen Irrglauben, das Problem der Ausländerfeindlichkeit in Sachsen-Anhalt mit mehr Aktionismus in den Griff zu bekommen. Bei den Linken in Magdeburg zeigte man sich jedoch überrascht, dass man von der rechten Stimmung in Tröglitz nichts mitbekommen habe, obwohl eine Genossin mit im Ortschaftsrat sitzt.
Der Ex-Ortsbürgermeister von Tröglitz, Markus Nierth, sieht Versäumnisse in der Landespolitik. Man hätte die Menschen in Tröglitz schlicht zu spät über die Aufnahme von Asylbewerbern informiert. Und fordert jetzt Integrationsbetreuer als Ansprechpartner für die Bevölkerung.
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