Nach Einbruch ins Grüne Gewölbe

Die Juwelen werden vermutlich weiterverarbeitet

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Polizeiabsperrung vor dem Residenzschloss in Dresden
Die Diebe dürften relativ bald beim Versuch, das Diebesgut zu verkaufen, an Grenzen stoßen, so dass ihnen neben dem Umschliff der Steine nur noch "Artnapping" übrig bliebe, also die Rückgabe der Schätze ans Museum gegen die Zahlung eines Finderlohns. © Getty Images / Jens Schlueter
Stefan Koldehoff im Gespräch mit Susanne Burkhardt · 26.11.2019
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Nachdem am Montag Schmuck aus dem Dresdner Residenzschloss geraubt wurde, sorgt man sich nun um das Schicksal des historischen Schatzes. Der Kunstkritiker Stefan Koldehoff hält den Umschliff der Juwelen für das wahrscheinlichste Szenario.
Nach dem Raub historischer Juwelengarnituren aus dem Grünen Gewölbe in Dresden, also dem Schatzkammermuseum der sächsischen Kurfürsten und Könige, geht es nun um die Frage, wo und in welchem Zustand das Diebesgut wieder auftauchen könnte. Tauchen die Juwelen auf dem Schwarzmarkt auf oder finden sie gar ihren Weg zurück ins Museum – gegen die Zahlung eines Lösegelds?
Der Kunstkritiker Stefan Koldehoff hat sich intensiv mit dem Thema Kunstraub beschäftigt. Er erinnert an den nun schon 40 Jahre zurück liegenden Einbruch ins Schlossmuseum in Gotha. Damals wurden fünf Altmeister-Gemälde gestohlen. Zum Einbruch ins Grüne Gewölbe in Dresden gibt es hingegen wenig Vergleichbares.

War es eine Auftragstat?

Bei Einbrüchen in Museen habe man bisher vor allem prestigeträchtige Kunstwerke namhafter Künstler wie Van Gogh oder Rembrandt entwendet, weniger Schmuck, erklärt Koldehoff.
Um eine Wahrscheinlichkeit für eine Rückkehr der geraubten Juwelen ins Grüne Gewölbe abschätzen zu können, müsste man zunächst wissen, warum dieser Einbruch begangen wurde: Gab es einen Auftraggeber, der gezielt diese Schmuckstücke haben wollte, oder handelt es sich um Diebe, die sich für diese Beute entschieden haben, nur weil sie merkten, dass ein Raub möglich war?
Durch die Verschiebung des Kunstmarktes auf Länder wie China, Indien und arabische Staaten sei es durchaus möglich, so Koldehoff, dass es sich hier um eine Auftragstat handle. Vor ein paar Jahren noch sei die Vorstellung eines manischen Sammlers, der unbedingt ein ganz bestimmtes Kunstwerk besitzen wollte, von Polizeikreisen ausgeschlossen worden. Inzwischen sei diese Vorstellung jedoch nicht mehr ganz abwegig.

Das Diebesgut zu verkaufen, dürfte schwer werden

Im Fall einer solchen Auftragstat stünden die Chancen auf eine Rückkehr nach Dresden eher schlecht, im zweiten Fall - dem des Raubs, weil er möglich schien - hingegen gut, erklärt Koldehoff: Die Diebe dürften nämlich relativ schnell beim Versuch, das Diebesgut zu verkaufen, an Grenzen stoßen, so dass nur noch "Artnapping" übrig bliebe, also die Rückgabe der Schätze ans Museum gegen die Zahlung eines Finderlohns.
Aber es gibt auch eine dritte Möglichkeit, die Koldehoff für die wahrscheinlichste hält: Man könnte die Juwelen aus ihren Fassungen brechen und umschleifen:
"Ich fürchte tatsächlich, dass es da eine Parallele gibt zum Fall 'Goldmünze', die aus dem Bode-Museum in Berlin gestohlen worden ist. Da ist die Polizei sich relativ sicher, da ging es nur um den Materialwert. Diese riesige Münze ist inzwischen zersägt und umgeschmolzen worden. Und die Gefahr besteht auch für die Preziosen aus dem Grünen Gewölbe. Es geht sehr schnell, diese Steine herauszubrechen. Heute kann man Edelsteine markieren mit Lasertechnik, damals zu Zeiten August des Starken war das nicht der Fall. Möglicherweise sind die gar nicht wieder zu erkennen."

Beim Juwelendiebstahl im Grünen Gewölbe in Dresden sind weniger Schmuckstücke gestohlen worden als befürchtet. Direktor Dirk Syndram sagte, viele Stücke der Garnituren seien noch da, etwa der Hofdegen oder die beiden Perlenketten der Königin. Eine genaue Zahl der verschwundenen Teile wollen die Kunstsammlungen am Mittwoch bekannt geben. Die Ermittler gehen unterdessen davon aus, dass die Täter über Insiderwissen verfügten.

Bastian Brandau zum Ermittlungsstand:
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