Nach dem Rücktrittsangebot chilenischer Bischöfe

"In der Ausbildung den Umgang mit Sexualität stärker betonen"

Ein Metallkreuz mit einer goldenen Christusfigur mit einem dünnen Schleier von Frost
Die gesamte Bischofskonferenz aus Chile hat dem Papst ihren Rücktritt angeboten. © dpa picture alliance/ Felix Kästle
Hans Zollner im Gespräch mit Anne Françoise Weber · 20.05.2018
Den chilenischen Bischöfen wird vorgeworfen, Missbrauch jahrzehntelang vertuscht zu haben. Nun haben sie ihren Rücktritt angeboten. Der vatikanische Kinderschutzexperte Hans Zollner hält dies für einen wichtigen Schritt - und fordert Reformen in der Priesterausbildung.
Ein Erdbeben hat vom Vatikan aus am Freitag die katholische Welt erschüttert: 31 Bischöfe aus Chile, die gesamte dortige Bischofskonferenz, haben dem Papst ihren Rücktritt angeboten. Eine neue Episode einer langen Geschichte um sexuellen Missbrauch und Vertuschung, an der auch der Papst nicht ganz unbeteiligt war. Noch bei seinem Besuch in Chile im Januar hatte er Beschuldigungen des Mitwissens gegen Bischof Juan Barros heftig zurück gewiesen.
Hans Zollner, Jesuit und Psychologe, leitet das Kinderschutzzentrum an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom und ist Mitglied der päpstlichen Kinderschutzkommission. Er begrüßt die Einbestellung der chilenischen Bischöfe nach Rom. Der Papst wollte von der gesamten Bischofskonferenz hören, "wie das ganze System funktioniert hat, so dass Missbrauch über Jahre möglich war und auch die Vertuschung des Missbrauchs über Jahrzehnte möglich war".

"Das Priesterseminar genügt nicht mehr den Ansprüchen"

Vermutlich werde der Papst nicht jeden Rücktritt annehmen - aber er werde schauen, wer dazu beigetragen habe, dass die Wahrheit nicht ans Licht kam. Man müsse an die Wurzeln eines Systems gehen, das über Jahrzehnte nicht funktioniert habe. Grundsätzlich hält Zollner eine Reform der Priesterausbildung für unabdingbar: "Die Form des Seminars, so wie es über die letzten fast 500 Jahre war, genügt nicht mehr den Ansprüchen und Anforderungen."
Hans Zollner, Mitglied der päpstlichen Kinderschutzkommission und Vizerektor der Gregoriana Universität
Hans Zollner, Mitglied der päpstlichen Kinderschutzkommission und Vizerektor der Gregoriana Universität© dpa picture alliance/ Lena Klimkeit
Er plädiert dafür, dass "der Bereich der menschlichen Formung, zu dem die psycho-affektive Reife gehört, der Umgang mit Sexualität und Emotionen, mit Beziehungen, viel stärker betont wird." Die offiziellen Dokumente der Kirche hätten dies bereits betont, aber es passiere wenig in den Ortskirchen, weil es hier an Wissen und Personal mangele, so Zollner.
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