Myanmar im Aufbruch

Von Udo Schmidt · 06.08.2012
Die Reformen in Myanmar wecken Hoffnungen bei vielen Menschen im Land. Die Künstler etwa wünschen sich mehr Aufmerksamkeit, mehr kreativen Austausch und natürlich mehr zahlungskräftige Interessenten, die von nun an ins Land kommen. Der Kunstmarkt Myanmars ist in Bewegung, die Zeit der Zensur vorbei.
Ko Shwe Htaay Maung steht vor seinem Lieblingsbild. Es ist der Blickfang in der kleinen Galerie der 'Myanmar Traditional and Artisans Organisation' gleich neben dem großen und bekannten Touristenmarkt in Rangun. Ko Shwe Htaay Maungs Lieblingsbild zeigt eine Wand, an der Steckdosen hängen, Kabel führen wirr zu Glühbirnen, von denen manche leuchten, manche nicht. Ein typisches Treppenhaus in Myanmar, so scheint es, ein realistisches Gemälde also.

Der Künstler meint es anders:

"Mir geht es darum, die Lebensnerven zu beschreiben, dass das Leben nur funktioniert, wenn man viele Verbindungen zu anderen hat, zu anderen Menschen."

3000 US-Dollar möchte Ko Shwe Htaay Maung für sein Lieblingsbild haben, viel Geld auch im Vergleich mit seinen anderen Gemälden, für die in der Galerie zwischen 300 und 500 Dollar aufgerufen werden. Aber dies hier, so der Künstler mit Brille und schütterem Haar, sei schließlich etwas Besonderes:

"In diesem Bild steckt meine ganze Lebenserfahrung."

Die Preise aber richten sich vor allem nach dem Markt, und der ändert sich derzeit drastisch im Myanmar der demokratischen Reformen. Ko Shwe Htaay Maung ist ein guter Indikator, schließlich ist er bekannt, meint Galerist Bo Weih:

"Er ist wirklich sehr beliebt hier in Myanmar, viele deutsche Käufer kommen in unsere Galerie."

Ko Shwe Htaay Maung malt in verschiedenen Stilen, er will sich nicht festlegen lassen, sagt er, alles hänge von seiner Stimmung ab. Verschiedene Stile durfte er schon immer nutzen, aber die Inhalte seiner Bilder musste er sich genehmigen lassen. Jedes Gemälde ging zur Zensurbehörde – das zumindest war vorgeschrieben. Das ändere sich jetzt, sagt der Künstler und freut sich.
Hinzu kommt, meint Nyein Chan Su, der die Square Gallery gegründet hat und selber Maler ist:

"Die Künstler können jetzt neue Erfahrungen machen, es gibt mehr Austausch, es gibt natürlich auch mehr Gelegenheiten für Ausstellungen."

Myanmar gilt als ein großes Reservoir bisher unentdeckter Talente, gerade wegen der Verbindung von traditionellen burmesischen und modernen Stilelementen. Kenner sind gespannt, Sammler freuen sich, vor allem aber sind es die neuen Touristen mit praller Brieftasche, die etwa Ko Shwe Thaay Maung im Auge hat:

"Käufer kommen inzwischen aus den USA, aus Frankreich, Großbritannien und immer mehr auch aus Japan."

Sie sollen ihm helfen, im neuen Myanmar, wenn es denn wirklich ein demokratisches Land werden sollte, unabhängig zu sein und das heißt, von seiner Kunst leben zu können. Myanmar, ein Land wie seine Künstler – irgendwo auf der Mitte des Weges.

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