Mutmaßlicher Terrorakt in Schweden

"Damit rechnen muss man überall"

Der schwedische Ministerpräsident Stefan Löfven legt Blumen am Anschlagsort in Stockholm nieder (7.4.17)
In der Stockholmer Innenstadt ist am Freitag ein Lastwagen in einer Einkaufsstraße zuerst in eine Menschenmenge und danach in ein Kaufhaus gerast. Es gab vier Tote und viele Verletzte. Ministerpräsident Löfven legt Blumen am Anschlagsort nieder. © AFP / Jonathan Nackstrand
Bernd Henningsen im Gespräch mit Ute Welty · 08.04.2017
Der Terror hat nach Paris, Berlin, London und St. Petersburg nun offenbar auch Stockholm getroffen. Der Skandinavistik-Professor Bernd Henningsen warnt davor, die Terrorproblematik mit der Flüchtlingsfrage zu vermischen.
Nach dem mutmaßlichen Terroranschlag in Schweden warnt der Skandinavistik-Professor Bernd Henningsen davor, in der Debatte um einen islamistischen Hintergrund die Terrrorproblematik mit der Flüchtlingspolitik zu vermischen.
"Wir wissen es seid Längerem, es ist überall auf der Welt zu erwarten," erklärte Henningsen im Deutschlandradio Kultur nach dem Angriff mit einem Lastwagen in der Innenstadt von Stockholm vom Freitag. Der Gründungsdirektor des Nordeuropa-Instituts der Berliner Humboldt-Universität sagte:
"Die terroristische Zeitenwende begann mit 9/11 in New York und das hatte mit Flüchtlingen und der Flüchtlingssituation nichts zu tun. Es ist der Islamische Staat, es ist der fundamentalistische Islam, von dem diese Bedrohung ausgeht. Und die Flüchtlinge sind ja in gleicher Weise Opfer dieser Politik und ziehen in andere Weltregionen. Aber wir haben ja eine Vielzahl von Attentaten, die ja keinen Flüchtlingshintergrund haben, sondern den fundamentalistischen Hintergrund." Als Beispiel nannte Henningsen die Attentate auf touristische Ziele in Tunesien oder Indonesien, aber auch das Attentat in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen auf die jüdische Gemeinde im Februar 2015.

Diskussion um Dschihadismus

Noch sei zudem völlig unklar, welche Motive der Angreifer von Stockholm hatte. Es gelte also auch abzuwarten, riet Henningsen weiter. Zwar gebe es eine dschihadistische Szene auch in Schweden. Die Dimensionen seien in Skandinavien aber wesentlich kleiner als in anderen Ländern:
"Es gibt abgeschlossene Gemeinden, abgeschlossene Zirkel in Stockholm oder Malmö, in denen es nicht sehr schön zugeht; aber es ist eine relativ vergleichbare Situation, aber auf einem niederen, umfangmäßigen Niveau als bei uns."
Auch der gestiegene Rechtsextremismus in Schweden lasse sich nicht als Reaktion auf Dschihadismus erklären, erklärte Henningsen weiter. Sichtbar sei zwar, dass eine allgemeine Angst in der Bevölkerung vor dem Fremden auch in Schweden zweifellos zugenommen habe: "Sie ist aber noch längst nicht so stark, wie in Norwegen oder in Dänemark", sagte der Professor für Skandinavistik, Kulturwissenschaft sowie Kultur und Politik Nordeuropas und der Ostseeregion am Nordeuropa-Institut der Berliner Humboldt-Universität.
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