Muslimische Lotsen für Flüchtlinge

Das falsche Personal für die richtige Aufgabe?

Aufgenommen am 13.04.2014 in Köln
Seyran Ates: "Wir müssen wirklich sehr wach sein" © picture alliance / dpa / Horst Galuschka
Seyran Ates im Gespräch mit Marianne Allweiss und Andre Hatting · 07.09.2015
Muslimische Integrationslotsen für Flüchtlinge? Diese Idee des Zentralrats der Muslime sieht die Autorin und Anwältin Seyran Ates skeptisch. Wenn für so eine Aufgabe die Falschen ausgewählt würden, vergrößerten sich Probleme, "die wir ohnehin schon haben".
Einleben in Deutschland unter Anleitung sogenannter "muslimischer Integrationslotsen" - diesen Vorschlag des Zentralrats der Muslime lehnt die Autorin und Anwältin Seyran Ates ab. Integration sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und darum auch nicht so einfach an Lotsen zu delegieren, doch müssten natürlich auch Muslime an dieser Integration beteiligt sein, sagte sie im Deutschlandradio Kultur. "Wir müssen hinschauen, wem wir Aufgaben übertragen, sonst vergrößern wir das Problem, das wir jetzt schon haben."
"Wenn ich mir anschaue, dass wir in den letzten Jahrzehnten große Probleme mit der muslimischen Gemeinschaft hatten, insbesondere in Fragen der Geschlechtergerechtigkeit und im Umgang mit Homosexualität, wenn wir mit den Muslimen, die hier schon waren, solche Probleme hatten, und denen jetzt die Aufgabe geben, neu hinzukommende Muslime in dieser Richtung aufzuklären, dann wird da kein Schuh draus", sagte Ates.
Integration klappt nur durch Zusammenleben
Angesichts der Ankunft der nun sehr zahlreichen Flüchtlinge in Deutschland hatte der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, in der "Welt" erklärt: "Wir sollten Integrationslotsen und Scouts heranbilden, die die arabische Sprache beherrschen und denselben Glauben wie die Flüchtlinge haben."
Zu den Flüchtlingen sagten Artes, es kämen viele Menschen, die in Geschlechterapartheid aufgewachsen seien. Sie kämen nun in eine weitgehend aufgeklärte Gesellschaft, in der Mann und Frau auf Augenhöhe zusammenlebten und -arbeiteten. Eine Gewöhnung daran werde nicht durch "irgendwelche Kurse" stattfinden: Das gehe "nur durch das Zusammenleben", und auch nicht "von heute auf morgen". Dieser Prozess werde Jahre dauern.
Ates erklärte, sie habe gelesen und gehört, dass auch schon Salafisten in die Flüchtlingsheime gegangen seien. Hier sehe sie eine Gefahr, betonte die Anwältin. Sie äußerte auch den Verdacht, dass unter den Flüchtlingen Mitglieder des "Islamischen Staats" sein könnten. "Wir müssen wirklich sehr wach sein", betonte sie. Sie wolle nicht sagen, dass die Flüchtlinge alles Menschen seien, "die potentiell unser Land gefährden". "Aber ich habe schon Sorge", betonte sie.
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