Musikfest Berlin

24.09.2013
Der eine wurde im Alter immer sanfter, der andere im Alter immer wilder, beide schufen dabei großartige Kammermusik: Béla Bartók und Leoš Janáček, gespielt vom Quatuor Diotima – ein Muss, nicht nur für Streichquartettfreunde.
In den 1920er Jahren befand sich Béla Bartók auf dem Höhepunkt seiner Kräfte – und Leoš Janáček am Ende seines Lebens. Dennoch stehen die beiden Streichquartette, die in Janáčeks Spätwerk entstanden, den parallel geschriebenen "wilden" Quartetten Nr. 3 und 4 von Bartók in nichts nach. Im Gegenteil: Geradezu entgrenzt wirkt die Musik des 1854 geborenen Janáček, der damit immerhin 27 Jahre älter war als Bartók.

Während Bartók bei aller Expressivität vor allem an abstrakten musikalischen Modellen interessiert war, suchte Janáček nach fesselnden Geschichten, nach menschlichen Leidenschaften – er war und blieb eben Opernkomponist, der in den letzten Jahren seines Lebens zudem von heftiger Leidenschaft für eine wesentlich jüngere Frau erfüllt war.

Schon die poetischen Titel von Janáčeks beiden Streichquartetten sprechen für sich: Mit "Kreutzersonate" ist keine Hommage an Beethoven gemeint, sondern an die (darauf freilich anspielende) Novelle Leo Tolstois über ein Frauenschicksal.

Und die "Intimen Briefe" des dergestalt überschriebenen 2. Streichquartetts richtete Janáček an seine mehr oder minder "ferne Geliebte". Das Quatuor Diotima spielt das Werk in der seltenen zu hörenden Fassung mit barocker Viola d’amore – Garth Knox, ehemals im Arditti Quartet, hilft hier seinen französischen Kollegen aus.

Mit diesem Konzertabend voller Emotionen endet die Serie von insgesamt acht Übertragungen, die Deutschlandradio Kultur als Medienpartner des Musikfestes Berlin 2013 initiiert hat.



Musikfest Berlin
Kammermusiksaal der Berliner Philharmonie
Aufzeichnung vom 10.09.2013


Béla Bartók
Streichquartett Nr. 3 Sz 85

Leoš Janáček
Streichquartett Nr. 2 ("Intime Briefe")
Fassung mit Viola d’amore

ca. 20:50 Uhr Konzertpause mit Nachrichten

Leoš Janáček
Streichquartett Nr. 1 ("Kreutzersonate")

Béla Bartók
Streichquartett Nr. 4 Sz 91


Quatuor Diotima:
YunPeng Zhao, Violine
Guillaume Latour, Violine
Franck Chevalier, Viola
Pierre Morlet, Violoncello
als Gast: Garth Knox, Viola d’amore