Musikfest Berlin

17.09.2012
Amerika – das ist anlässlich des 100. Geburtstages von John Cage ein thematischer Schwerpunkt beim Musikfest Berlin. Neben den gebürtigen Amerikanern Charles Ives, Aaron Copland und Ruth Crawford-Seeger war auch das Leben Hanns Eislers eng mit dem Kontinent verbunden.
In einem abwechslungsreichen Kammermusik-Programm setzt das Pellegrini-Quartett gemeinsam mit Andrea Kollé (Flöte), Heinrich Mätzener (Klarinette) und dem Pianisten Christoph Keller Hanns Eisler in einen spannenden Dialog mit seinen amerikanischen Kollegen.

Im Zentrum steht Eislers Streichquartett op. 75 aus dem Jahr 1938, das kurz nach Eislers Übersiedelung ins amerikanische Exil entstand. Das zweisätzige Quartett ist streng zwölftönig komponiert, wobei die Reihe als Thema in insgesamt 41 Variationen erscheint. Zwei weitere Werke Hanns Eislers umrahmen den Konzertabend.

"14 Arten, den Regen zu beschreiben" (1941) für Flöte, Klarinette, Streichtrio und Klavier ist die Musik zu dem experimentellen Stummfilm "Regen" des niederländischen Regisseurs Joris Ivens, der bereits zwölf Jahre vorher entstanden war und von Eisler neuvertont wurde. Eisler widmete die Komposition seinem ehemaligen Lehrer Arnold Schönberg und zitiert darum gleich zu Beginn musikalisch Schönbergs Initialen A-eS-C-H. Noch aus der Zeit vor Eislers Amerikaaufenthalt stammt die sogenannte "Reisesonate" op. 70 für Violine und Klavier.

Charles Ives’ "Three-Page Sonata" (1905) beginnt mit dem B-A-C-H-Motiv und hat in einem Umfeld von Ragtime- und Marschstrukturen mehrere zwölftönige Reihen. Die beiden Sätze "Large risoluto" Nr. 1 und Nr. 2, ein Jahr später entstanden, halten sich in einer düsteren Stimmung, wobei die atonalen Klanggebilde in Nr. 1 von musikalischer Dekonstruktion beherrscht sind und Nr. 2 stark mit der Wahrnehmung von Vorder- und Hintergrund spielt.

Aaron Copland zählt gemeinsam mit Ives und Bernstein zu den bedeutendsten Komponisten und Dirigenten Nordamerikas. Coplands Sextett für Klarinette, Streichquartett und Klavier aus dem Jahr 1937 ist die Kammermusikfassung seiner 2. Sinfonie (1932) und integriert amerikanische Folkloreelemente in Rhythmik und Melodik.

Im Gegensatz zu Copland gehörte die Komponistin Ruth Crawford-Seeger zu den amerikanischen "Ultramodernisten", die europäische Traditionen ablehnten und nach einer grundlegend neuen musikalischen Sprache suchten. Die Partitur ihres Streichquartetts von 1931 weist eine dialogische Konstruktion aus wachsenden und schrumpfenden Einwürfen auf.
berlinerfestspiele


Musikfest Berlin
Kammermusiksaal der Philharmonie
Aufzeichnung vom 07.09.2012

Hanns Eisler in Amerika

Hanns Eisler
Sonate für Violine und Klavier ("Reisesonate")

Charles Ives
"Three-Page Sonata" für Klavier
"Largo risoluto" Nr. 1 und Nr. 2 für Streichquartett und Klavier

Hanns Eisler
Streichquartett op. 75

Aaron Copland
Sextett für Klarinette, Streichquartett und Klavier

Ruth Crawford-Seeger
Streichquartett

Hanns Eisler
"14 Arten, den Regen zu beschreiben"
Variationen für Flöte, Klarinette, Streichtrio und Klavier op. 70

Andrea Kollé, Flöte
Heinrich Mätzener, Klarinette
Christoph Keller, Klavier
Pellegrini-Quartett:
Antonio Pellegrini, Violine
Thomas Hofer, Violine
Fabio Marano, Viola
Helmut Menzler, Violoncello