Musikfest Berlin

Mit Spannung zum c-Moll von Beethoven

Der Dirigent steht neben einem Aufsteller, auf dem der Schriftzug "rsb" zu lesen ist.
Vladimir Jurowski ist seit 2017 Chefdirigent und Künstlerischer Leiter des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin. © picture alliance / dpa / Jörg Carstensen
Moderation: Stefan Lang · 15.09.2020
Das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin spielte mit seinem Chefdirigenten Vladimir Jurowski beim Musikfest Berlin. Er steuerte mit Werken von Richard Strauss und Rebecca Sounders auf Beethovens schicksalhafte 5. Sinfonie in c-Moll hin.
Deutschlandfunk Kultur zeichnet auch in diesem Jahr zahlreiche Konzerte des Musikfestes Berlin für sie mit. Auch das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin spielte unter seinem Chefdirigenten Vladimir Jurowski, der erneut durch seine sehr durchdachte Programm-Dramaturgie hervorsticht.

Im kleinen Kern steckt eine ganze Vielfalt

Am Beginn steht Richard Strauss' Werk "Metamorphosen" für 23 Streicher aus dem Jahr 1945. Das Wort "Metamorphosen" bezieht sich dabei auf die Pflanzentheorie von Johann Wolfgang von Goethe, die Strauss interessiert studierte. Darin beschreibt Goethe, wie jedes Wesen, seiner Meinung nach, in seinem Inneren immer gleich sei, aber in seinen Erscheinungsformen unglaubliche Mannigfaltigkeit entfalten könne. Dieses Prinzip der Keimzelle, die gleich bleibt und sich doch unterschiedlich entwickelt, übernimmt Strauss für sein Werk, das er auch mit "Studie" betitelte.
Ein alter Mann zeigt große Freude über einen Blumenstrauss auf einer schwarz-weiß-Fotographie.
1945 feierte Richard Strauss seinen 81. Geburtstag.© imago images / ZUMA Press
Dabei blickte Strauss gleichzeitig fassungslos auf die Barbarisierung der Menschheit durch den Krieg und zitiert voller Wehmut, an die zerstörte Kultur der Zivilgesellschaft gemahnend, Beethovens Trauermarsch aus der "Eroica". Ein Werk, das auf Beethoven sozusagen zugeht.

Ungewöhnliches Trompeteninstrument

Rebecca Saunders' Trompetenkonzert "Alba" aus dem Jahre 2014 fällt den Corona-Vorschriften wegen der notwendigen Orchesterstärke zum Opfer, nicht aber ihr Name auf dem Programm. Auch nicht jener von Marco Blauww, dem Solisten. So hieß das neu ausgewählte Stück im Programm "White". Marco Blauww spielt es allein auf seiner Doppeltrichtertrompete, der die Komponistin schon viele Jahre kennt - sie arbeiten gern zusammen und erforschen gemeinsam die Spielmöglichkeiten des außergewöhnlichen Instrumentes.
Das Werk "White" bezieht sich auf das Trompetenkonzert "Alba", aus dessem Solotrompeten-Material das daraufhin entstandene Stück "White" spielt. Viele zerbrechliche und leise Klänge werden bis hin zum Rauschen entwickelt.

Hochmoderner Beethoven

"Beethoven entwickelte seine Sinfonie auch aus den vier Tönen des Beginns des Werkes.", sagt Vladimir Jurowski. Damit schlägt er in seinem Programm den Bogen zum ersten Werk des Abends. "Wenn man die Sinfonie analysiert, dann denkt man: das ist ja eine hochmoderne Komposition!", beschreibt der Dirigent das Werk. Bläsermusik Beethovens geht der 5. Sinfonie voraus: Trauermusiken, 1812 komponiert, die Andacht erzeugen und direkt in der Sinfonie münden.
Das Orchester spielt das Werk in verringerter Streicherstärke. Eine weitere Besonderheit in den Pulten: die Musiker spielen Naturhörner, -trompeten und -posaunen. Im Finale der Sinfonie arbeitete Jurowski ihre großartigen Passagen besonders heraus. Ihre unbändige, bisweilen trotzige Energie trifft das aktuelle Gefühl verblüffend genau: das gemeinsame Musizieren regelrecht zu feiern.
Aufzeichnung des Konzertes vom 11. September 2020 in der Philharmonie Berlin
Richard Strauss
"Metamorphosen" für 23 Solostreicher
Rebecca Saunders
"White" für Doppeltrichtertrompete solo
Ludwig van Beethoven
Drei Equale für vier Posaunen WoO 30
Sinfonie Nr. 5 c-Moll op. 67
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