Musikfest Berlin 2018

Letzte Worte zweier Giganten

Der Dirigent Valery Gergiev
Valery Gergiev, Chefdirigent der Münchner Philharmoniker und Leiter des Mariinsky-Theaters St. Petersburg © picture alliance / dpa / RIA Novosti / Alexei Danichev
Moderation: Mascha Drost · 07.09.2018
Bernd Alois Zimmermann und Anton Bruckner eint der tiefe Glaube, dargestellt in ebenso sperriger wie kraftvoller Musik. Valery Gergiev und die Münchner Philharmoniker bringen die letzten Werke der beiden Komponisten zusammen.
Rituale, Zeremonien, Aktionen und Sinfonien – darum geht es beim aktuellen Musikfest Berlin, dem internationalen Orchesterfestival der Berliner Festspiele. Vom Konzert im Allgemeinen bis hin zu vielen Werken, die derlei Bezeichnungen im Titel führen: Das Rituelle, Sakral-Zeremonielle ist omnipräsent überall, wo Töne erklingen. Ohne das vielbeschworene "Konzertritual" würde keine Sinfonie aufgeführt werden können, aber auch jedes Popkonzert ist eine Zeremonie, die ihren eigenen Gesetzen gehorcht.

Sinfonische Glaubensbekenntnisse

Vor zwei Jahren haben die Münchner Philharmoniker und ihr Chefdirigent Valery Gergiev das Musikfest Berlin mit einem ungewöhnlichen Programm besucht: Einem kurzen, hämmernd-intensiven sinfonischen Glaubensbekenntnis von Galina Ustwolskaja folgte die monumentale Vierte Sinfonie von Dmitrij Schostakowitsch. Stilistisch anders, aber konzeptionell durchaus vergleichbar ist das aktuelle Programm: Hier treffen mit der "Ekklesiastischen Aktion" von Bernd Alois Zimmermann und Anton Bruckners Neunter Sinfonie die jeweils letzten Werke zweier Giganten zusammen, die Glauben und Zweifeln in eindringlichster Musik darzustellen wussten.

Musik im Angesicht des Todes

"Ich wandte mich und sah an alles Unrecht, das geschah unter der Sonne": Unter diesem Titel vertonte Zimmermann Texte aus dem alttestamentarischen Prediger-Buch sowie aus Fjodor Dostojewskis Roman "Die Brüder Karamasow". Kurz nach Vollendung der Partitur 1970 wählte Zimmermann den Freitod. Obwohl Anton Bruckner an seiner Neunten Sinfonie über sieben Jahre hinweg arbeitete, entstand sie im Angesicht des Todes, da der Komponist spürte, dass seine Kräfte nicht mehr zur Vollendung des gewaltigen Werkes reichen würden. Doch der dreisätzige Torso, den er hinterließ und der heute im Konzert erklingt, ist wenigstens im übertragenen Sinne ein "vollendetes Werk", auch wenn es längst eine von Musikwissenschaftlern rekonstruierte Aufführungsfassung des fragmentarisch überlieferten Finalsatzes gibt.
Musikfest Berlin
Live aus der Philharmonie Berlin
Bernd Alois Zimmermann
"Ich wandte mich und sah an alles Unrecht, das geschah unter der Sonne", Ekklesiastische Aktion für zwei Sprecher, Bass-Solo und Orchester
ca. 20.45 Uhr Konzertpause, darin: Mascha Drost im Gespräch mit dem Dostojewski-Biografen Andreas Guski; Olaf Wilhelmer im Gespräch mit dem Bruckner-Experten Benjamin-Gunnar Cohrs
Anton Bruckner
Sinfonie Nr. 9 d-Moll

Michael Rotschopf, 1. Sprecher
Josef Bierbichler, 2. Sprecher
Georg Nigl, Bass
Münchner Philharmoniker
Leitung: Valery Gergiev

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