Musik von Feldman und Monteverdi

Avantgarde aller Zeiten

Ein Besucher sitzt auf einer Bank in der Mark Rothko Chapel in Houston Texas.
Die Mark Rothko Chapel in Houston © picture alliance / Arcaid / Richard Bryant
Vorgestellt von Carolin Naujocks · 24.12.2020
Der Chor der Slowenischen Philharmonie bringt zwei Klangwelten zusammen: die Klangbilder Morton Feldmans mit ihren minimalistisch sich verändernden Klangflächen und Musik von Claudio Monteverdi, des größten Erneuerers seiner Zeit.
Im Zentrum von Morton Feldmans Komponieren stehen Prozesse der Wahrnehmung, der subjektiven Artikulation. "Das Thema meiner Musik", so Feldman, "ist mein Interesse an der Oberfläche. In diesem Sinne sind meine Kompositionen gar keine 'Kompositionen'. Man könnte sie mit einer Zeit-Leinwand vergleichen. Ich bemale diese Leinwand mit Musikfarbe."
Wichtige Inspirationsquelle waren ihm zeitlebens zeitgenössische amerikanische Maler: Philip Guston, Jackson Pollock, Mark Rothko oder Willem De Kooning, was eine ganze Reihe von Werktiteln bezeugen.

Kultische Atmosphäre

1971 schrieb Feldman "Rothko Chapel" für Sopran, Alt, gemischten Chor und Instrumente. "Die Rothko-Kapelle", so Feldman, "ist ein Raum von kultischer Atmosphäre, von dem amerikanischen Maler Mark Rothko geschaffen als Ort der Einkehr, an dem Menschen jeglichen Glaubens, auch Glaubenslose, in Stille meditieren können - für sich alleine, oder auch in gemeinsamer Betrachtung."
Rothkos Gemälde füllen die Kapelle großflächig aus, und Feldman wünschte die gleiche Wirkung für die Musik. Seine Auswahl des Instrumentariums wurde in hohem Maße durch die Bilder, aber auch den Raum selbst bestimmt. Die Musik sollte den Raum vollständig durchdringen und nicht aus Distanz gehört werden.

Monteverdis Neuerung

Um die 400 Jahre ist es her, dass der Italiener Claudio Monteverdi die Musik von Grund auf veränderte. Obwohl er die meiste Zeit seines Lebens als Kirchenkapellmeister Dienst tat, hatte er sich als Opernkomponist einen Namen gemacht.
Der aufkommende Absolutismus verlangte nach Neuem: Es sollte ausdrucksvoll, bewegt und gefühlsbetont sein. Musikalisch ging es auf die Individualität der menschlichen Stimme und mit ihr auf das menschliche Schicksal, indem das auf dem Text beruhende dramatisch expressive Moment stärker herausgestellt wird.

Die Rede soll Herrin des Tonsatzes und nicht ihre Dienerin sein

Obwohl für liturgische Musik der konventionelle Stil als angemessen galt, versuchte Monteverdi, moderne Kompositionstechniken auch für den geistlichen Rahmen nutzbar zu machen. Damit schuf er eine Musik, in der sich Andacht und Leidenschaft treffen.

Slowenische Philharmonie Ljubljana
Aufzeichnung vom 5.2.2020

Morton Feldman
"Rothko Chapel" (1971)
für Stimmen, Viola, Celesta und Perkussion

Claudio Monteverdi
"Laetatus sum" SV 198
"Laudate Dominum, omnes gentes I" SV 272
"Beatus vir" SV 268

Chor der Slowenischen Philharmonie
Baroque instrumental ensemble
Leitung: Marko Ozbič

Mehr zum Thema