Musik

Sounds aus Berlin und Tel Aviv

Ein Dj legt bei der Berlin Summer Rave Techno-Musik auf.
Berlin ist bekannt für seine Elektro-Szene - wie Tel Aviv. Die Kulturtage bringen nun beide Welten zusammen. © picture alliance / dpa / Emily Wabitsch
Von Alice Lanzke · 12.09.2014
Seit 1987 gibt es die Jüdischen Kulturtage in Berlin. Sie zeigen die Vielfalt in der jüdischen Musik, in Film, Kunst und Literatur. Dieses Jahr gibt es etwas ganz Neues - besonders fürs junge Publikum.
Samstag Nacht im Hinterhof eines Clubs in Berlin-Mitte: Lichterketten überspannen die provisorische Tanzfläche, an deren Rand das DJ-Pult aufgebaut ist. Bunte Scheinwerfer zeichnen abstrakte Blumen auf den steinernen Boden. In den kargen Bäumen hängen Papierlaternen, Kerzen verbreiten einen warmen Schein. Es herrscht eine entspannte Atmosphäre im "Rocco & Sanny", das an diesem Abend wie eine urbane Oase des Feierns wirkt. Doch die Party, die hier heute unter dem Motto "Tel Aviv meets Berlin" stattfindet, hat einen besonderen Hintergrund: Sie ist Teil der diesjährigen Jüdischen Kulturtage, wie Mitorganisator Vernen Liebermann erklärt:
"Ja, das war eine Idee der Veranstalter, dieses Jahr mal was ganz anderes zu machen und die vielen jungen Menschen in Berlin abzuholen mit solch einer Party. Es gibt viele junge Israelis, viele junge jüdische Leute und viele interessierte junge Leute, die einfach auch Judentum auf diese Art und Weise erfahren möchten."
Eine hervorragende Ergänzung
Seit 1987 zeigt die Veranstaltung das vielfältige Spektrum jüdischer Kultur mit Musik, Film, Kunst und Literatur. Dieses Mal soll es vor allem darum gehen, für Toleranz gegenüber dem Judentum zu werben und Möglichkeiten der Begegnung zu schaffen. Insofern sei die Clubnacht eine hervorragende Ergänzung, wie Christine Vitt von den Jüdischen Kulturtagen betont:
"Das passt großartig zusammen, weil sich die Jüdischen Kulturtage auch immer weiter öffnen und vor allen Dingen auch Berliner und Berlinerinnen aus allen Altersgruppen ansprechen wollen und wir fangen ja schon mit Kindern an in den Kinderworkshops. Und es sind ja auch jetzt schon im zweiten Jahr kulinarische Events dazugekommen und deswegen ist es eigentlich eine logische Konsequenz, dass man jetzt eben auch richtige Partys veranstaltet, um eben auch die israelische Lebensfreude nach Berlin zu bringen und sich eben in alle Richtungen zu öffnen.
"Israelische Lebensfreude" macht sich tatsächlich breit, als die entsprechenden Hits aus den Boxen dröhnen.
Die ersten Frauen wiegen sich auf schwindelerregenden Absätzen im Takt, werfen die Arme in die Luft und die Haare über die Schultern. Für Vernen Liebermann ist die ausgelassene Stimmung keine Überraschung:
"Jeder, der schon einmal auf einer jüdischen Veranstaltung war, weiß, wie es dort feiermäßig zur Sache geht. Und diese Atmosphäre, dieser Funken soll heute auf alle Gäste überspringen. Zusätzlich haben wir natürlich zwei DJs, einen aus Berlin, einen aus Israel, beide jüdisch, die dann auch hier und da mal israelische Sounds auflegen werden."
Gegenseitige Sympathie zwischen beiden Städten
Während DJ Shicco quasi zu den Lokalmatadoren der Berliner Clubszene gehört, ist DJ Rap A Toi extra aus Tel Aviv eingeflogen – eine musikalische Begegnung am Mischpult. Zusammen verkörpern die beiden das Motto der Party "Tel Aviv meets Berlin". Viel ist in den vergangenen Monaten über die Achse zwischen den beiden Städten geschrieben worden: Gerade bei der jungen Bevölkerung Tel Avivs ist Berlin derzeit unheimlich angesagt – und umgekehrt. Für Partyveranstalter Liebermann kommt die gegenseitige Sympathie nicht von ungefähr:
"Da gibt es total Parallelen zwischen Tel Aviv und Berlin. Die Menschen in beiden Städten sind sehr frei, sind sehr autonom, lieben es zu feiern, lieben es, die Nacht zum Tage zu machen und diese alle Punkte zusammengenommen würde ich schon auf beide Städte übertragen."
Gefeiert wird im "Rocco & Sanny" mittlerweile in geschlossenen Räumen: Regen hat der Open-Air-Veranstaltung einen Strich durch die Rechnung gemacht. Der ausgelassen tanzenden Menge scheint das egal. Zu elektronischen Klängen ertönt ein Stimmengewirr in Deutsch, Russisch und vereinzelt auch Hebräisch. Einige der Partybesucher wissen dabei einzig durch den entsprechenden Stempel am Einlass, dass sie sich auf einer Veranstaltung der Jüdischen Kulturtage befinden. Gerade für die jüdischen Gäste ist der Begegnungsgedanke des Abends allerdings wichtig, wie sie angesichts der antisemitischen Auswürfe der vergangenen Monate betonen. Und auch Vernen Liebermann sagt:
"Diese Party soll eine ganz klar verbindende Veranstaltung sein, bei der sich Juden und Nicht-Juden, Israelis und Deutsche treffen und gerade nach den letzten Wochen, wo es glaube ich für alle oder für viele Juden in Deutschland sehr schwer war, da ist das etwas, was auch ein bisschen entgegen wirken soll. Wir möchten mit den Leuten einfach nur gemeinsam feiern und eine ganz ganz lockere Atomsphäre schaffen und erzeugen, wo die Leute einfach nach Hause gehen und sagen: 'Hey, dieser Programmpunkt der Jüdischen Kulturtage war zwar etwas ganz anderes, aber ich hatte den Spaß meines Lebens.'"
Die Clubnacht war tatsächlich ein etwas anderer Programmpunkt der diesjährigen Jüdischen Kulturtage – der beibehalten werden sollte. Nicht zuletzt, wenn man hört, wie es den Besuchern gefallen hat.

Die Jüdischen Kulturtag finden noch bis zum 14. September in Berlin statt. Informationen und das Programm gibt es hier: http://www.juedische-kulturtage.org/

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