Musik in "Trainspotting I & II"

Danny Boyle huldigt der Popkultur

V.l.n.r.: Regisseur Danny Boyle, Anjela Nedyalkova, Johnny Lee Miller und Ewen Bremner vor der Premiere von "Trainspotting 2".
V.l.n.r.: Regisseur Danny Boyle, Anjela Nedyalkova, Johnny Lee Miller und Ewen Bremner vor der Premiere von "Trainspotting 2". © picture alliance/Ekaterina Chesnokova/Sputnik/dpa
Von Amy Zayed · 16.02.2017
Mehr als 20 Jahre ist es her, als der Film "Trainspotting“ von Danny Boyle in die Kinos kam. Der Film wurde zum Blockbuster, der Soundtrack inklusive des Underworld-Songs "Born Slippy" zum Hit. Und auch die Fortsetzung kann sich hören lassen.
"Der Film sollte keine romantische Hommage an den ersten Teil werden. Es gibt nämlich nichts Romantisches an Männern Mitte 40, die krampfhaft versuchen, sich an ihre Jugend zu klammern! Männer sind hoffnungslose Fälle, wenn es ums Altern geht. Sie leugnen es einfach. Frauen machen das sehr viel würdevoller. Also haben wir uns genau dieses Element des 'Klammerns' herausgepickt, daraus bezieht der Film einen Teil seines Humors, wenn etwa besagter Mann in der Disco voller 18-Jähriger tanzt, und man das Gefühl hat: 'Bitte hör auf, Dich wie ein Teenager zu benehmen! Das ist total peinlich!'"
Der Film spielt mit den Erinnerungen, verfremdet sie, und regt damit zum Nachdenken an. Auch wenn man sich manchmal fragt, ob für den zweiten Teil des Kultfilmes nicht allzuviel in alten Fotos und Soundtracks von früher gekramt wurde. Warum zum Beispiel tanzt der besagte Mann Mitte 40 in einer Disco voller 18-Jähriger im Jahr 2016 zu 80er-Jahre-Hits wie Queens "Radio Gaga" oder "Run DMCs "It’s like that" und nicht zu Lady Gaga und Nicki Minaj? Und warum tauchen da plötzlich The Clash und Debbie Harry auf?
"Es hätte nicht funktioniert, im neuen Film den ersten Teil einfach nachzuahmen. Der zweite Teil ist noch immer kraftvoll, aber seine Energie ist eine andere, weil wir alle älter geworden sind und nicht die gleiche Unschuld wie früher haben. In ihrer Jugend haben unsere Figuren niemals über 'Zeit' nachgedacht, aber im zweiten Teil merken sie, dass sich die 'Zeit' einen Dreck für sie interessiert. Um das zu verstehen, muss man erstmal älter werden.
Das ist auch paradox auch an der Erwartungshaltung des Publikums: alles soll genau so wie früher sein, aber doch anders. Das soll sich auch in der Musik widerspiegeln: Wir verwenden zum Teil die gleichen Songs wie 'Born Slippy' oder 'Lust for Life', um Erinnerungen und Gefühle zu wecken, aber nur als Remix. Also auch hier: das gleiche, nur ganz anders."

Erinnerungen durch die Musik

Tatsächlich spielt Regisseur Danny Boyle in dem Film gekonnt mit der Musik, um Erinnerungen wieder zu erwecken. Die wohl gelungenste Brücke zwischen jetzt und damals gelingt ihm in dem Monolog des Ex-Junkies Mark Renton – gespielt von Ewan McGregor - über den Begriff "Choose life" . Die Formulierung stammt aus dem Jargon der Drogenrehabilitation, über die sich die vier Jungs im ersten Film lustig machen.
Und doch steht "Choose life" trotz der Drogenexzesse auch schon im ersten Teil für Lebensfreude. In Rentons neuem Monolog wandelt sich der damalige Spott in Verbitterung.
Unter Ewan McGregors Monolog hört man immer wieder die ersten so bekannten vier Akkorde aus "Born Slippy", und man wird das Gefühl nicht los, irgendwo in der hinterletzten Ecke des Raumes sitzen die Geister der vier jungen Junkies von damals und warten nur darauf, dass der Song losgeht, um rauszupreschen, und "Ja!" zum Leben herauszuschreien, zu tanzen und ihre alten Witze zu reißen. Der Sprechgesang muss nur einsetzen - aber er setzt nicht ein. Sie bleiben in ihrer Ecke und schauen weiter ihren älteren "Ichs" beim Leben zu.
Doch der Film versucht nicht nur, Erinnerungen an Trainspotting 1 wiederzuerwecken, sondern er spielt auch mit der Popkultur und ihrer Entwicklung.

"Kaum etwas wirkt so emotional wie Musik"

"Musik ist einzigartig, denn kaum etwas wirkt so emotional. In Filmen wird Musik häufig nur unbewusst wahrgenommen. Bei uns ist es aber anders. Wir wollen nichts verstecken. Unser Publikum soll die Musik sehr bewusst hören und mit den eigenen Erinnerungen verbinden. Das ist Blondie, Leute! Ja, Blondie, hier ist sie, schaut her!
Ich liebe das an der Musik, denn sie ist die Kultur, die uns wirklich geprägt hat. Popkultur prägt das Leben der Menschen seit den 50er-Jahren – mehr noch als Gemälde, Malerei oder klassisches Ballett. Popkultur ist unsere Kultur, das sind wir, wir sind mit ihr aufgewachsen! Ich will, dass sich Leute mit dieser Popkultur identifizieren und sich daran erinnern."
Aber nicht nur die alten Künstler sind auf dem Soundtrack vertreten. Auch Newcomer wie "Young Fathers" oder "Rubber Bandits" finden sich hier.
"Die Musik von der Band 'Underworld' war der Herzschlag des ersten Teils. Für den zweiten Teil suchte ich Musiker, deren Songs dem Film ebenfalls einen Herzschlag geben, nur eben moderner und zeitgemäß. Und dann habe ich die 'Young Fathers' aus Edinburgh für mich entdeckt. Ein tolle Band! Sie machen eine Mischung aus Hip Hop und Soul. Ich wollte sie unbedingt für den Soundtrack haben. Vor allem, weil sie aus dem gleichen Milieu kommen, aus dem unsere Charaktere stammen.
Die 'Young Fathers' kamen dann ins Studio und haben sich das Set angesehen - und sie waren überhaupt nicht beeindruckt. Zumindest haben sie sich nichts anmerken lassen. Also hab ich mir gedacht: Die haben gar keinen Bock auf mich oder meinen Film. Aber dann haben sie mir doch einen Track geschickt, und gefragt, ob ich was damit anfangen kann. Am Ende hab ich fünf Tracks von ihnen in den Soundtrack genommen."
So, wie der erste "Trainspotting"-Film funktioniert auch "T2 Trainspotting" nicht ohne die Musik. Auch der zweite Teil setzt sich mit einem Zeitgeist zwischen Euphorie und totaler Verrohung auseinander, wenn auch nicht so bahnbrechend wie vor 20 Jahren.
Aber es ist eine gelungene Ode an eine Zeit, die etwas Besonderes in der Popkultur ausgelöst hat, und der Film stellt die Frage: Was ist aus all der Leidenschaft, den Träumen und Wünschen der damaligen Generation geworden? "T2 Trainspotting" versucht sich in Antworten, nicht nur sehens-, sondern auch hörenswerten!
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