Musik im Seglerhaus

17.04.2013
"Nischt wie raus nach Wannsee" – diesem Motto folgen die Solisten des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin, wenn im ehrwürdigen Seglerhaus am Wannsee Kammermusik gemacht wird. Eine Tradition wird wiederbelebt – passend dazu das Programm, das nach dem Cembalo und seiner Wiederentdeckung in der Moderne fragt.
Vor gut einem Jahrhundert wurde der "Rittersaal" des "Verein Seglerhaus am Wannsee 1867" errichtet. In diesem wilhelminischen Prachtbau erholten sich die Familien Siemens und Langenscheidt vom Geldverdienen und genossen Konzerte – wenn sie nicht gerade gemeinsam mit dem offiziellen Historienmaler Anton von Werner in See stachen.

Diese Zeiten sind vorbei. Das Haus steht heute auch Nichtmillionären offen, erweist sich aber nach wie vor als exklusiver Konzertort. Der dunkel vertäfelte Saal gibt einem Kamin, einer großen Pokalvitrine, vielen Silberleuchtern und rund hundert Hörern Platz. Er klingt nicht nur sehr gut, sondern er wahrt auch den intimen Rahmen, in dem Kammermusik erst wirklich zu Kammermusik wird.

Ausgangspunkt dieses Programms ist das Cembalo: In barocken Werken hören wir es als Konzert-Soloinstrument und Continuostimme, in der Moderne als kammermusikalisches Begleitinstrument und gänzlich solistisch. Bachs berühmte h-Moll-Suite – ein verkapptes Flötenkonzert – entstand wahrscheinlich für die noblen Konzerte des Fürsten Leopold von Anhalt-Köthen.

Ob Bach auch Wilhelmine von Bayreuth kannte? Immerhin traf er den Bruder der Markgräfin, besser bekannt als Friedrich der Große. Wie dieser war auch Wilhelmine künstlerisch hochbegabt und eigensinnig, so dass die Begegnung mit ihrem Cembalokonzert nicht nur von historischem Interesse ist.

Josef Matthias Hauer, Arnold Schönbergs Konkurrent um die Deutungshoheit der Zwölftonmusik, verehrte die objektive Größe der Musik Bachs und versuchte, Musik als Spiegel des Geistes und des Kosmos zu schreiben – hier zu erleben in zwei Miniaturen mit Cembalobegleitung. György Ligeti schließlich warf Ende der 1970er Jahre einen ironischen, "postmodernen" Blick auf das Cembalo: Musikalische Formen des Barock in der Ära von Pop und Rock.

Seglerhaus am Wannsee, Berlin
Aufzeichnung vom 10.03.2013


Wilhelmine von Bayreuth
Konzert für Cembalo, Streicher und Basso continuo g-Moll

György Ligeti
"Passacaglia ungherese" für Cembalo solo

"Hungarian Rock", Chaconne für Cembalo solo

Josef Matthias Hauer
Zwölftonspiel für Flöte und Cembalo
Zwölftonspiel für Violine und Cembalo

Johann Sebastian Bach
Suite Nr. 2 h-Moll für Flöte, Streicher und Basso continuo BWV 1067

Ulf-Dieter Schaaff, Flöte
Philipp Beckert, Violine
Franziska Drechsel, Violine
Andreas Willwohl, Viola
Hans-Jakob Eschenburg, Violoncello
Hermann Stützer, Kontrabass
Frank Volke, Cembalo

Moderation: Olaf Wilhelmer