Museumsfilialen in Málaga

Alles andere als eine Reste-Rampe

Dependance des Staatlichen Russischen Kunstmuseums St. Petersburg im spanischen Málaga
Dependance des Staatlichen Russischen Kunstmuseums St. Petersburg im spanischen Málaga © dpa / picture alliance / Jorge Zapata
Von Gregor Ziolkowski · 25.03.2015
Zwei Gründe mehr, bei Málaga an mehr als Sonne und Strand zu denken: Das Staatliche Russische Kunstmuseum und das französische Centre Pompidou eröffnen innerhalb weniger Tage Filialen in der spanischen Stadt. Die Russen machen am Wochenende den Anfang und präsentieren überaus klangvolle Namen.
Wenn innerhalb weniger Tage gleich zwei bedeutende Kunstmuseen in einer Stadt eröffnet werden, darf man dahinter eine gezielte Strategie vermuten. Erst recht in Zeiten der Krise, die in Spanien zwar gern gesundgebetet wird, aber gerade in der Kultur weiter enorme Löcher reißt. José María Luna, Direktor der Agentur für Kulturmanagement im andalusischen Málaga, bestätigt diese Vermutung.
"Es ist eine Initiative , die aus dem Strategieplan zur Stadtentwicklung hervorgeht. Hier gibt es zwei Schwerpunkte: die kulturelle Landschaft der Stadt auf der einen Seite, auf der anderen Seite Projekte im Bereich der neuen Technologien. In der Kultur reicht die Reihe vom Zentrum für Zeitgenössische Kunst über das Museum Carmen Thyssen und das Picasso-Museum, die in den letzten Jahren eröffnet wurden, bis zum Abschluss dieses Zyklus' mit der Eröffnung des Centre Pompidou Málaga und der Sammlung des Russischen Kunstmuseumsaus Sankt Petersburg."
Die Russen haben jetzt den Anfang gemacht, am Wochenende präsentieren die Franzosen ihren Auftritt. Wladimir Gussew, Direktor des Russischen Museums, eines Giganten dieser Welt mit rund einer halben Million registrierter Objekte, präsentiert die hier gezeigte Auswahl von rund 150 Arbeiten mit Understatement.
Verbindungslinien zwischen russischer und europäischer Kultur
"Wir wollen die russische Kunst zeigen. Man kennt sie zu wenig in der Welt. Das hat mit allerlei politischen oder ideologischen Gründen zu tun. Dieses Projekt hat zunächst eine Laufzeit von zehn Jahren ,und zum Auftakt wollten wir keine Sensation offerieren. Wir wollten einfach in Ruhe von der russischen Geschichte erzählen ,wie sie in unserer Sammlung vertreten ist - im Übrigen die größte Sammlung russischer Kunst in der Welt."
Etwas abseits vom Zentrum der Stadt gelegen ,ist die Sammlung an einem hinreißenden Ort untergekommen: der ehemaligen Königlichen Tabakfabrik Málaga, die Mitte der 20er-Jahre des vorigen Jahrhunderts errichtet wurde. Der Komplex von mehreren Gebäuden ist in den vergangenen Jahren auf das Feinste rekonstruiert worden, ein Automobil-Museum lockt dort bereits seit einiger Zeit Besucher an. Gleich nebenan nun also die russische Kunst, die sich auf mehr als 7000 Quadratmetern ausbreiten darf.
Mit einiger Strenge sortiert, werden rund 150 Arbeiten – überwiegend Gemälde – gezeigt, Werke vom 15. bis zum 20.Jahrhundert: Ikonen, Porträts, Landschaften, historische Avantgarde – selbst der Sozialistische Realismus hat seine Abteilung. Die Schau will nicht nur russische Kunst vorzeigen, es geht auch um so etwas wie Interkulturalität, um das Suchen von Verbindungslinien zwischen russischer und europäischer Kultur. Co-Direktorin Jewgenia Petrowa belegt es an Werken aus dem frühen 18. Jahrhundert:
"Man sagt ja immer, Peter der Große habe Russland in Richtung Europa ausgerichtet. Und genau dies ist auch in der Kunst geschehen. Man begann, in den Städten Palais und Villen in großer Zahl zu bauen. Die musste man ausschmücken, dekorieren. Die Oberschicht wollte sich selbst auf Abbildungen sehen. Ganze Städte wurden neu errichtet, auch die riefen nach bildlicher Darstellung. Was wir hier ausstellen, ist eigentlich dieserMoment in der russischen Kunst: der Beginn der Porträt- und der Landschaftsmalerei."
Hochrangiges im Centre Pompidou Málaga
Der in Málaga präsentierte Sammlungsausschnitt ist alles andere als eine Reste-Rampe. Quer durch die Jahrhunderte finden sich überaus klangvolle Namen: Iwan Aiwasowski, Ilja Repin, Wassili Perow, Olga Rosanowa, Wassili Kandinsky, Marc Chagall oder Kasimir Malewitsch. Eine eingebettete Sonderausstellung beleuchtet die Rolle des als Impresario in Paris berühmt gewordenen Sergej Djagilew in der Kunstwelt. Bühnenausstattungen – auch von Picasso –, Kostüme, Filmaufnahmen seiner Compagnie Ballets Russesvermitteln einen starken Eindruck von der Tiefe dieser Sammlung.
Das Centre Pompidou Málaga, von dem man vor allem den gläsernen Kubus am Hafen wahrnimmt, dessen Hauptfläche freilich in einem Untergeschoss zu finden ist, wird dieser Tendenz mit Sicherheit folgen. Präsentiert wird Hochrangiges aus dem 20. und dem 21.Jahrhundert, die Liste der vertretenen Künstler ist beachtlich: ob Max Ernst oder René Magritte, Frida Kahlo oder Francis Bacon. Es gibt von nun an zwei gute Gründe mehr, beim Wort "Málaga" nicht an Sonne, Meer und Strände zu denken. Jedenfalls nicht nur.
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