Museum der Woche

Von Georg Gruber |
Bauernhöfe, Mühlen, Almgebäude oder Werkstätten - im <papaya:link href="http://www.glentleiten.de/index.html" text="Freilichtmuseum Glentleiten" title="Freilichtmuseum Glentleiten" target="_blank" /> stehen rund 60 unterschiedliche Gebäude. Sie stammen aus den verschiedenen Regionen Oberbayerns und vermitteln dem Besucher ein Bild von der Vergangenheit Oberbayerns.
Karpfen, mächtige Karpfen schwimmen in einem Stauweiher, die Karpfen sind so alt wie das Freilichtmuseum an der Glentleiten selbst: mehr als 30 Jahre. 1973 war der erste Spatenstich, bis dahin waren hier nur Wiesen und Weiden.
Auch der Weiher und der Bachlauf sind künstlich angelegt. Vom Weiher führt ein schmaler Pfad bergab durch dichten, schattigen Wald, eine Stimmung wie im Märchen. Es klappern Mühlen am rauschenden Bach, so als hätten sie es hier schon immer getan.

"Wir sind jetzt am Anfang des Mühlentales, das ist sicherlich einer der Höhepunkte des Freilichtmuseums, hier erstrecken sich entlang des Mühlkanals verschiedene Einrichtungen der vorindustriellen Technik."

Erklärt Monika Kania-Schütz, die Leiterin des Freilichtmuseums. Eine Getreidemühle, eine Sägemühle, eine Schmiede, eine Tuffsteinsäge und:

"hier ganz zu Beginn ist die Wetzsteinmacherei aus Unterammergau, das ist ein Ensemble aus mehreren originalen Gebäuden."

Aus dem 19. Jahrhundert. Schlichte einfach Holzbauweise.

Bis in die 50er Jahre brauchte jeder Bauer Wetzsteine zum Schärfen der Sensen. Heute, durch den technischen Fortschritt, ist Wetzsteinmacher ein fast schon ausgestorbener Beruf. Georg Simon, 49, hat das Handwerk von seinem Onkel gelernt, einem der letzten echten Wetzsteinmacher, und nun zeigt er jeden Samstag im Museum, wie die Wetzsteine früher, mit Wasserkraft, hergestellt wurden.
Bandeisen, gut zwei Meter lang, fahren vor und zurück, so wie große Sägeblätter. Georg Simon schüttet etwas Sand auf eine rohe Steinplatte:

"Der Sand ist des was schneidet, die Bandeisen sind eigentlich nur der Transport, die Bandeisen können nix schneiden, mit dem Sand schleifts des dann praktisch durch. Des is jetzt a Schienenschneider, die Schienen san die Stoaplatten, die ma vom Berg raus bricht, und die wern da in vier cm breite Streifen geschnitten und dann werden sie weiter behauen zu Wetzsteinen."

"Unser Auftrag ist es, die ländliche Kultur Oberbayerns zu erforschen, zu dokumentieren und zu vermitteln."

Insgesamt sind rund 60 unterschiedliche Gebäude auf dem Gelände zu sehen, aus allen Regionen Oberbayerns. Mühlen, Almhütten, eine Kegelbahn, ein Kramerladen, Werkstätten, Bauernhäuser die sich so selbstverständlich in die hügelige Landschaft schmiegen, als wären sie hier schon vor Jahrhunderten errichtet worden.
Rund 150.000 Besucher zieht das Museum jährlich an:

"Wenn man sich’s überlegt, die Häuser waren mal irgendwo gestanden, und die bauen's wieder auf, das ist schon faszinierend."
"Dass man sich informieren kann, wie die Leute gelebt haben, wie eine Töpferei funktioniert hat, wir waren in der Drexlerei gewesen, weil das kennt man ja nur noch aus Geschichtsbüchern oder Erzählungen."

Entstanden ist das Museum in einer Zeit, als – nicht nur in Bayern – historische Bausubstanz wenig wert war, wenn sie dem Fortschritt im Wege stand.

Der Rundweg ist an einem Tag kaum zu schaffen, rauf und runter geht es. Und alles ist bis ins letzte Detail geplant, vom Zaun am Wegrand bis zum Obstbaum neben dem Haus. Monika Kania-Schütz ist Chefin über ein kleines Imperium, mit rund 60 Mitarbeitern, darunter Volkskundler, Museumspädagogen, Zimmerer, Landschaftsgärtner:

"Dann kommen wir immer wieder an Flächen vorbei, die bewirtschaftet sind wie Gärten, das sind Gärten, an denen wir historische Sorten anbauen, wie Küchenzwiebel, die bayerische Rübe oder die Dotschen …"

Im "Weberhäusl", dem Gebäude, das die Leiterin am meisten schätzt, kann man eindrucksvoll erahnen, wie es sich lebte auf dem Lande, bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. 1962 wurde zwar eine Trinkwasserversorgung gelegt, in der Nähe des Stalls. Aber Badezimmer gab es nicht, natürlich auch keinen Fernseher, Toaster oder ähnliche Errungenschaften der Moderne. Die letzte Bewohnerin des Anwesens, Kati Schauer, starb 1981.

"Diese Dame hat 1981 noch immer kein elektrisches Licht gehabt, sie hat beleuchtet mit Petroleum und Karbidlampen und sie hat auch sonst keine wesentlichen Veränderungen vorgenommen, was den Lebenskomfort angeht. Sie hat den Haushalt so weiter geführt, wie er auf sie gekommen ist 1960, als ihr Vater gestorben ist."

Die Decken sind niedrig, durch die kleinen Fenster fällt nur wenig Licht. In der guten Stube: Kachelofen, Eckbank, darüber der Herrgottswinkel mit Kruzefix. Die Betten in der Schlafkammer frisch bezogen. Auf dem Weg zum Stall, in dem gerade mal eine Kuh Platz gehabt hat, finden sich kurze erklärende Texte und Fotos. Doch eigentlich, so das Konzept, sollen die Häuser für sich sprechen. So wie beim Weberhäusl, wo man denkt, gleich kommt sie ums Eck, die Kati Schauer und setzt sich an den Tisch.