Multimedia-Oper "Time Time Time"

Dino-Sounds und Fließbandgeräusche

06:21 Minuten
Szene aus der Oper "TIME TIME TIME" von Jennifer Walshe.
Szene aus der Oper "TIME TIME TIME" von Jennifer Walshe. © Berliner Festspiele / © Pieter Kers| Beeld.nu
Von Leonie Reineke · 21.03.2019
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Beim Berliner Festival MaerzMusik kommt die Multimedia-Oper "Time Time Time" von Jennifer Walshe zur deutschen Erstaufführung. Leonie Reineke hat das avantgardistische Singspiel schon in Amsterdam gesehen.
Jennifer Walshe gefällt es, ihr Publikum zu überfordern. In ihren Stücken tritt die 1974 in Dublin geborene Komponistin selbst als Performerin auf. Meist mit viel Text in wenig Zeit.
"Das, was ich auf der Bühne mache, ist kein bisschen intensiver und dichter ist als das, was die Menschen täglich erleben. Ob im Internet oder auf der Straße: Wir sind ständig mit einer riesigen Fülle an Informationen konfrontiert – vieles davon in Textform. Das moderne Leben ist überwältigend, und genau das möchte ich in meiner Musik reflektieren."
So auch Walshes Multimedia-Musiktheaterstück "Time Time Time", das sie gemeinsam mit dem Philosophen Timothy Morton entwickelt hat. Inhaltlicher Dreh- und Angelpunkt ist das Phänomen Zeit. Aus verschiedensten Perspektiven wird es beleuchtet – weniger als ein linearer Erzählstrang, sondern vielmehr in Form von assoziativen Feldern.
"Ich habe im Vorfeld viel darüber nachgedacht, wie Zeit gemessen und empfunden wird. Dafür habe ich mich sowohl mit Paläontologen getroffen, die Millionen von Jahren in die Vergangenheit blicken, als auch mit Wissenschaftlern vom 'Nationalen Physikalischen Laboratorium', die über Zeit bis zur siebzehnten Nachkommastelle sprechen. Diese beiden Enden des Spektrums, was Zeit bedeuten kann, haben buchstäblich mein Gehirn verändert."

Alle möglichen Aspekte von Zeit

Von instrumentaler Imitation von Dinosaurier-Geräuschen über Videos von Fließbandarbeit bis hin zur iPhone-Stoppuhr sind alle möglichen Aspekte von Zeit und Zeitorganisation im Stück vertreten.
Ähnlich breit ist auch das Spektrum an musikalischen Stilen. Denn Walshe tritt gemeinsam mit anderen Musikern auf, die alle ihre eigenen Ausdrucksmittel mitbringen: darunter etwa der Elektronikkünstler M.C. Schmidt, das Minimal-Duo Streifenjunko oder auch die Multi-Instrumentalistin Áine O’Dwyer.
"Natürlich habe ich mir Gedanken über die Musikinstrumente gemacht, die ich hören möchte. Aber noch wichtiger war mir die Frage: Welche Menschen möchte ich dabei haben? Es ging mir um starke Künstlerpersönlichkeiten. Alle der beteiligten Improvisationsmusiker haben ihre eigenen Energielevel, und auch ihre eigenen Zeitskalen, mit denen sie operieren."
Die irische Künstlerin Jennifer Walshe posiert neben einem Wandteppich.
Die irische Künstlerin Jennifer Walshe.© picture alliance / dpa / Patrick Seeger
"Time Time Time" mutet wie eine Art avantgardistisches Singspiel an. Popmusikalische Elemente tauchen hier weder als ironische Brechung auf, noch als missglückte Anbiederung an ein der Kunstmusikszene fremdes Genre.

"Pluralismus von Stilen ist etwas vollkommen Natürliches"

Im Gegenteil: Ganz selbstverständlich bringt Jennifer Walshe verschiedene Spielarten dessen zusammen, was Gegenwartsmusik sein kann. Alle Elemente scheinen am richtigen Platz zu sein – ob Klang, Requisit oder Videofragment. Und darin liegt die Stärke des Stückes.
"Ich versuche mit der Tatsache zu arbeiten, dass ich 'in der Welt' bin; und zwar im Hier und Jetzt. Ich denke, wenn Improvisation und Komposition wahrhaftig "frei" sind, dann müssen auch alle Musiken, die uns umgeben, in die Arbeit einfließen dürfen – egal wie unterschiedlich sie sind. Natürlich gibt es Menschen, die sich nur auf eine ganz bestimmte Gattung konzentrieren. Und das respektiere ich voll und ganz. Für mich aber ist ein Pluralismus von Stilen etwas vollkommen Natürliches."

Die Oper "Time Time Time" von Jennifer Walshe kommt am Sonntag, 24. März um 20 Uhr zur deutschen Erstaufführung im Rahmen des Festivals "MaerzMusik" in Berlin.

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