Müntefering fällt SPD-Wahlkämpfern in den Rücken

Von Frank Capellan, Hauptstadtstudio · 14.08.2013
"Opposition ist Mist!" – Klartext à la Müntefering. Ja, der konnte das auch, nicht drum herumreden, ganz wie der Kanzlerkandidat. Peer Steinbrück allerdings macht er gerade die klitzekleine Chance kaputt, doch noch auf die Regierungsbank zu kommen.
Müntefering hat recht, keine Frage: Es gab zunächst keine Kampagne, kein Personal, keine Bühne, es gab nichts – niemand, der schon mal gecheckt hätte, ob Steinbrück seine üppigen Honorare auf die Füße fallen könnten. Schwupps, war er in der Defensive!

Sigmar Gabriel hat großen Anteil daran: Sein Plan, mit der Antwort auf die K-Frage erst zur Niedersachsenwahl im Januar dieses Jahres rauszurücken, ist nicht aufgegangen – auch weil er Frank-Walter Steinmeier genervt hat, ihm vorgehalten hat, zu sehr zu zaudern. Nur deshalb war der Fraktionschef sauer, nur deshalb hat er im September letzten Jahres vorzeitig ausgeplaudert, was längst fest stand: dass er nicht noch einmal gegen Merkel antreten wird. Auch das hat Müntefering im Sinn, zu recht, aber muss das 40 Tage vor der Wahl öffentlich ausgebreitet werden? Nein!

Vergossene Milch, "hätte, hätte Fahrradkette", wie Steinbrück sagen würde. Müntefering fällt den Tausenden von Wahlkämpfern in den Rücken, der Frust des alten Vorsitzenden über seinen Nachfolger muss ungeheuer sein. Tatsächlich erweckt Sigmar Gabriel den Eindruck, als habe er eine Kanzlerschaft Steinbrücks längst abgeschrieben. Wer glaubt, zwei Tage nach der Wahl einen Parteitag abhalten zu müssen, macht doch öffentlich, dass er über die Niederlage nachdenkt. Darüber, wie er die eigene Macht sichert oder ausweitet, darüber, ob und unter welchen Umständen die Partei in eine verhasste Koalition mit Angela Merkel geführt werden könnte. Die will die Partei nicht, der Wähler schon.

Kann sich die SPD wirklich verweigern, wenn Deutschland unregierbar ist, weil Schwarz-Gelb abgewählt und alle anderen Optionen weiter zurückgewiesen werden? Die Ampel, Schwarz-Grün, ein rot-rot-grünes Bündnis? Letzteres hat Sigmar Gabriel kategorisch ausgeschlossen, sich ohne Not in die Ypsilanti-Falle drängen lassen. Das haben er und einige andere in der SPD-Führung verbockt. Geblendet vom Fukushima-Hoch der Grünen vor zwei Jahren, das eine rot-grüne Regierung in den Bereich des Möglichen brachte. Diese Tür ist zu, Wortbruch droht. Eine Neuwahl aber – sollte sich die Partei einer Großen Koalition widersetzen - könnte die SPD erst recht um Kopf und Kragen bringen. Der Wähler wäre nicht amused! Am Ende wird Gabriel die Partei wohl wieder in die Große Koalition führen müssen. Am Ende hat Münte doch wieder Recht: Opposition ist Mist!
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