Moskauer Exempel

Von Mario Bandi · 23.10.2009
Michail Chodorkowski: Chemiker, Komsomolfunktionär, Jelzinvertrauter, Bankier, YUKOS-Boss. Dorn in Putins Auge. Milliardär durch Raub von Volkseigentum, sagt der Volksmund. Statt sich Auslandsimmobilien, Jachten und Fußballklubs zu kaufen, finanzierte Chodorkowski im großen Stil Nichtregierungsorganisationen und stiftete ein Gymnasium mit Internat für 180 Waisenkinder. Die Schule existiert noch.
Seit sechs Jahren sitzt er im Gefängnis - bald könnte er wegen guter Führung entlassen werden. Eine neue Anklage ließ nicht auf sich warten: wegen Entwendung von 350 Millionen Tonnen Erdöl. Weitere 20 Jahre Haft drohen.

Im Gerichtssaal beobachten oppositionelle Politiker, Presseleute aus aller Welt, die bekanntesten russischen Schriftsteller den Gang der Dinge. Auf den Straßen Moskaus stehen einfache Leute Mahnwache für Chodorkowski. Seine Anwälte werden nicht müde zu wiederholen, dass auch dieser neue Prozess eine Farce sei. 188 Akten voller Fehler und Diffamierungen, ein Exempel werde statuiert, weiter nichts.

Der Fall Chodorkowski ist eine harte Probe für den Rechtsstaat.

Produktion: Deutschlandfunk 2009

Manuskript zur Sendung als pdf oder im Textformat.