Monteverdi: "L’incoronazione di Poppea"

Wenn Amor zur Krönung schreitet

Ein Mann, Camilo Mejía Cortés, und zwei Frauen, Kate Lindsey und Slávka Zámečníková, stehen als Gruppe gedrängt beieinander, wobei der Mann eine Krone trägt.
Solotänzer Camilo Mejía Cortés mit Kate Lindsey und Slávka Zámečníková als Nero und Poppea in Monteverdis "L'incoronazione di Poppea" an der Wiener Staatsoper im Mai 2021. © Wiener Staatsoper / Michael Pöhn
Moderation: Volker Michael · 05.06.2021
Die Liebe und nichts als die Liebe triumphiert. Doch Opfer gibt es viele am Wegesrand, bis Poppea glücklich liebend römische Kaiserin wird. Monteverdis Oper "Die Krönung der Poppea" wurde nun in Wien mit Spitzenbesetzung gespielt.
Sie ist die letzte und die meist gespielte Oper Claudio Monteverdis, auch weil sie die besterhaltene ist, was ihre Noten angeht: "L’incoronazione di Poppea" (Die Krönung der Poppea). Dieses frühbarocke Meisterwerk gab es in einer aktuellen Produktion der Wiener Staatsoper am 22. Mai 2021.
Eine junge Frau, Kate Lindsey, kniet in goldenen Hosen und blauem Shirt jubelnd zwischen zwei Bühnentoten, deren Hände sie hält.
Kate Lindsey als Nero in Monteverdis "L'incoronazione di Poppea" an der Wiener Staatsoper im Mai 2021© Wiener Staatsoper / Michael Pöhn
Es war ein bewegender Moment. Sieben Monate war das Publikum in Wien ausgesperrt. Und nun eine rauschende Premiere mit einem Musiktheaterwerk von einem Komponisten, der die Gattung Oper wesentlich begründet hat.

Neue Besetzung im Operngraben

Und das mit einigen Neuerungen, die für das Wiener Traditionshaus revolutionär anmuten. Denn es saßen erstmals nicht die Musikerinnen und Musiker der Wiener Philharmoniker im Graben, sondern die Mitglieder des Concentus Musicus Wien.
Das ist das Originalklangensemble, das Nikolaus Harnoncourt mit seiner Frau Alice und Kollegen vor fast 70 Jahren gegründet hatten. Sein Debüt als Dirigent gab der Andalusier Pablo Heras-Casado. Auch einige der Sängerinnen und Sänger standen erstmals auf der Bühne des Hauses.

Probenbestimmungen

Wenige Tage vorher hatte die österreichische Bundesregierung die Theater wieder für Publikum geöffnet. So konnte diese Premiere wie geplant stattfinden. Die Proben waren ohnehin gelaufen, das Singen hatte in Österreich den Profis niemand verboten.
Sir William White steht als Seneca in einem grauen Mantel, der markante Falten zeigt, vor einer Tänzerin und blickt finster ins Publikum.
Sir Williard White als Seneca in Monteverdis "L'incoronazione di Poppea" an der Wiener Staatsoper im Mai 2021© Wiener Staatsoper / Michael Pöhn
Dieser Kaiser Nero, der in dieser Oper eine wichtige Rolls spielt, galt immer schon als böse Gestalt. Den römischen Kaiser Nero kennen wir als selbstsüchtigen Herrscher, der die Christen grausam verfolgt und angeblich seine Stadt in Flammen aufgehen lässt.
Schon kurz nach seinem Tod wurde er von Historikern und Dichtern überwiegend negativ dargestellt. Ein populärer Roman bestätigte noch einmal mehr dieses Bild: "Quo Vadis" von Henryk Sienkiewicz, mehrfach verfilmt danach.

Kaiser Nero als Liebender

Doch in der Oper von Claudio Monteverdi spielen seine politischen und persönlichen Handlungen, seine Schandtaten keine so große Rolle. Denn es geht fast ausschließlich um die Triebkraft Liebe und um Unterhaltung. Denn die große rauschende Oper Monteverdis war für ein öffentliches Opernhaus gedacht, nicht für einen erlauchten Kreis von Adligen oder Geistlichen.
Es gibt viele Charaktere in der Oper, lustige, bizarre, geradlinige und bewundernswerte. Nero ist hier nur eine von mehreren Hauptgestalten. Es ist eher der Subtext, dass Nero ein Mensch ist, der über Leichen geht, um seine Poppea heiraten zu können. Die "Krönung der Poppea" hat Monteverdi wenige Monate vor seinem Tod für das Teatro Santi Giovanni e Paolo in Venedig komponiert.

Gewinnt Gott Amor über Tugend und Glück?

Die Heirat des Kaisers Nero mit seiner geliebten Poppea steht am Ende des Stücks. Bis dahin wird viel gesungen, viel gelitten und geschwärmt, aber auch diskutiert und philosophiert, denn der berühmte Philosoph, Stoiker Seneca, spielt in der Oper mit. Er wird hier als wichtiger Lehrer und Ratgeber Neros gezeigt.
Eine philosophische Frage stellt Monteverdi gleich zu Beginn. In einem Prolog erörtern drei Gottheiten, welche von ihnen den Lauf des menschlichen Lebens am stärksten beeinflussen: die Tugend (la virtù), das Glück (la fortuna) oder die Liebe (l’amore). Kein Wunder ist, dass Amor den anderen beiden beweisen möchte, dass sein Business das wichtigste ist. Dass er recht haben wird, ahnen wir schon zu Beginn. Aber wir können es nicht wissen.
Die Aufnahme aus der Wiener Staatsoper können wir Ihnen sieben Tage lang zum Nachhören anbieten.
Wiener Staatsoper
Aufzeichnung vom 22. Mai 2021
Claudio Monteverdi
"L'incoronazione di Poppea" (Die Krönung der Poppea)
Oper in drei Akten und einem Prolog
Libretto: G.F. Busenello

Nero – Kate Lindsey, Mezzosopran
Poppea – Slávka Zámečníková, Sopran
Ottone – Xavier Sabata, Countertenor
Ottavia – Christina Bock, Sopran
Seneca – Sir Willard White, Bass
La Virtù/Drusilla – Vera-Lotte Boecker, Sopran
Arnalta – Thomas Ebenstein, Tenor
Nutrice – Daniel Jenz, Countertenor
Amore/Valletto – Isabel Signoret, Sopran
Fortuna/Damigella/Amorino I – Johanna Wallroth, Sopran
Pallade/Venere – Aurora Marthens, Sopran
Lucano/Soldato I/Famigliare I – Josh Lovell, Tenor
Liberto /Soldato II/Console – Hiroshi Amako, Tenor
Littore/Tribuno/Famigliare II – Erik Van Heyningen,Tenor
Amorino II – Katarina Porubanova, Sopran
Concentus Musicus Wien
Leitung: Pablo Heras-Casado

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