Möglichkeiten zum Erwachsenwerden

19.05.2008
Die 18-jährige Fanny muss einiges verkraften: Nicht nur gesteht ihr Freund Johan ihr, dass er sie betrogen hat, ihre alkoholkranke Mutter säuft sich auch noch ins Koma und kommt ins Krankenhaus. Sprachlich nah an ihren jugendlichen Figuren erzählt Katarina von Bredow, wie Fanny ihre Situation meistert und aus der Krise gestärkt hervorgeht.
Man glaubt es kaum, aber "Zum Glück allein" ist eine Geschichte über die Liebe! Protagonistin ist die 18-jährige Ich-Erzählerin Fanny. Alle Freundinnen beneiden sie um ihre Beziehung zu Johan, den sie "Mr. Perfect" nennt, weil er ein total cooler Typ ist. Mit ihm möchte sie zusammenziehen und ihr ganzes Leben verbringen.

Doch peu à peu dringt ein ätzendes Misstrauen in Fannys Liebe ein, dann Eifersucht, schließlich Johans Geständnis, dass er sie betrogen hat. Für Fanny bricht die Welt zusammen, sie findet sich in ihren Gefühlen nicht mehr zurecht. Zwischen Enttäuschung und Hoffnung, Wut und Trauer muss sie ihren eigenen Weg finden.

Gleichzeitig eskaliert ein zweites Problem: Fannys Mutter trinkt seit der Trennung vom Vater zu viel, fällt eines Abends mit einer Alkoholvergiftung ins Koma und muss ins Krankenhaus. Fanny, die ihre Mutter zwar liebt, aber weg wollte von zu Hause, begreift, dass sie die Mutter nun nicht im Stich lassen kann. Das Verhältnis dreht sich um: Fanny muss die Verantwortung übernehmen. Und während die Mutter sich langsam erholt, rutscht die Tochter immer tiefer hinein in ihre Einsamkeit.

Katarina von Bredow packt ihre schwierigen Themen offensiv an. Anfangs einfühlsam, später immer drastischer schildert sie die Alkoholabhängigkeit der Mutter und Fannys zwischen Angst und Ekel schlingernden Gefühle. Da kann man sich als Leser/in unmittelbar mit ihr identifizieren, ohne die Mutter zu verachten.

Auch mit dem Thema Sex geht die Autorin offen um und schildert schonungslos Fannys erste, vor allem enttäuschende sexuellen Erlebnisse .Bis das junge Mädchen seine große Liebe findet und damit zum ersten Mal eine erfüllte Erotik erlebt.

"Zum Glück allein" ist ein spannender Jugendroman, er hält sich ganz nah an Fannys Gedanken, Gefühlen und Alltagsleben. Katarina von Bredow schaut den Jugendlichen aufs Maul, erzählt in lockerem Ton, wie sie unbekümmert flachsen und streiten. Als Fanny seelisch in Not gerät, wird ihre Sprache aber ganz drängend. Fannys Verwirrung nach Johans Geständnis, ihre Verunsicherung, ihr Zorn, ihre Verzweiflung und auch ihre Angst, den Freund oder die Mutter zu verlieren - dieses emotionale Chaos und später dann ihre sehnsüchtige Verliebtheit schildert der Roman sehr genau und in überzeugenden Bildern. Wirkte Fanny anfangs recht naiv, so spürt man nun, zu welch intensiven Gefühlen sie fähig ist.

Ganz stark ist diese Geschichte dort, wo sie zeigt, wie sehr die Liebe einen Menschen verändern kann. Nicht nur die Liebe zwischen jungen Mädchen und Jungen oder Mann und Frau - man denke an Fannys Mutter. Sondern auch die Liebe zwischen Mutter und Tochter oder die zur Lieblingsfreundin Alexandra. "Zum Glück allein" erzählt von den verschiedenen Möglichkeiten der Liebe als Möglichkeiten zum Erwachsenwerden. Als Chance, sich selbst zu entdecken. Fanny kommt bei sich selbst an, sie kann auch allein glücklich sein. Was nicht heißt, dass der Roman mit einem Happy End schließt. Die Autorin bleibt da ganz realistisch.

Rezensiert von Sylvia Schwab

Katarina von Bredow: Zum Glück allein
Aus dem Schwedischen von Maike Dörries
Verlag Beltz & Gelberg, 2008
278 Seiten, Klappenbroschur, 14,90 Euro, ab 14