Möbel-Multi in der Innenstadt

Bei Ikea in Altona boomt die Kantine

Passanten laufen am 30.06.2014 unweit des Ikea-Einrichtungshauses in Hamburg-Altona durch die Fußgängerzone.
Passanten laufen unweit des Ikea-Einrichtungshauses in Hamburg-Altona durch die Fußgängerzone. © picture-alliance / dpa / Daniel Reinhardt
Von Axel Schröder · 25.04.2015
Die Ikea-Filiale in Hamburg-Altona liegt mitten in der Fußgängerzone. Zur Eröffnung vor einem Jahr hagelte es Proteste. Steigende Mieten und Autokolonnen wurden prophezeit. Doch dann das: Die Kunden kommen nicht für Billy, sondern für Köttbullar und Hotdogs.
Lichtdurchflutet präsentiert sich der Restaurant-Bereich im ersten Innenstadt-Ikea der Welt, in der Großen Bergstraße in Hamburg-Altona. Morgens um elf sitzen die Besucher in breiten Sesseln oder auf Barhockern an Stehtischen. Lesen Zeitung, trinken Kaffee oder gönnen sich schon ein frühes Mittagessen. 350 Sitzplätze stehen zur Verfügung, erklärt Dorothea Giese-James, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit des schwedischen Möbel- oder sollte man sagen - Gastronomie-Spezialisten:
Giese James: "Das Besondere hier an unserem Kunden-Restaurant ist, das wir ein sehr offenes Prinzip haben. Wo die Menschen quasi im Free-Flow an die verschiedenen Stationen gehen können und sich ihre Sachen, die sie essen möchten, einfach aussuchen. Ob Frühstück, ob Mittag- oder Abendbrot. Und das wird auch sehr gut angenommen. Weil sie die Möglichkeit haben, verschiedene Dinge zu kombinieren und weil sie einfach nicht lange in der Schlange stehen müssen."
"Es hat eine gute Stimmung hierher gebracht"
Im Angebot geschmorte Hähnchenkeule, daneben wird Rumpsteak für 5,50 Euro angeboten. Natürlich gibt es Köttbullar – die schwedischen Fleischklöße mit brauner Soße, wahlweise mit Salzkartoffeln oder Pommes Frites.
Giese-James: "Man kann schon sagen, dass hier bei uns die Gastronomie stärker angenommen wird als in den herkömmlichen Möbelgeschäften. Hier ist so, dass man auch mal spontan unten von der Straße in unser Street-Café geht oder einfach am Einrichtungshaus vorbeigeht und sagt: Ach, jetzt trinke ich doch mal eine Tasse Kaffee. Oder: Wollen wir nicht doch noch Mittagessen? Das merken wir hier!"
In einer Ecke des Restaurants sitzen junge Frauen an einem großen runden Tisch. Daneben zwei Kinderwägen, die Kaffeebecher dampfen, Croissants und Kuchen auf den Tellern. Einmal im Monat treffen sie sich hier, erzählt eine der Frauen. Nicht zum Möbelkauf, sondern zum Kaffeeklatsch:
Eine junge Frau: "Ja! Ich war eigentlich sehr dagegen. Aber jetzt nicht mehr. Jetzt bin ich froh, dass Ikea hier ist. Es hat eine gute Stimmung hierher gebracht, in die Große Bergstraße. Es ist voll. Früher war das hier gruselig. Nach 18 Uhr hatte man wirklich Angst, hier durchzugehen, weil das dunkel war und es war niemand da. Und es ist einfach schön."
Noch schöner wäre es, würden die Frauen auch Möbel im Möbelhaus kaufen. Ikea-PR-Chefin Dorothea Giese-James lächelt im unternehmenstypisch gelben Pullover.
Die befürchteten Autokolonnen in und aus dem Ikea-Parkhaus heraus sind bislang ausgeblieben, bestätigt die Kundin. Die meisten Einkäufer kommen mit der Bahn, dem Fahrrad oder zu Fuß. Wer nur zum Essen kommt, braucht schließlich keinen Transporter.
Die Mieten steigen in Altona, aber wirklich wegen Ikea?
Der futuristische Kaufhaus-Neubau hat neue Kundschaft in die seit Mitte der Neunzigerjahre fast ausgestorbene Einkaufsmeile gebracht. Nur dass die Mieten steigen, bestreitet Dorothea Giese-James nicht:
Giese-James: "Es ist so, dass allgemein die Mieten in Hamburg gestiegen sind. Ich glaube mit oder ohne uns wäre das auch in diesem Stadtteil irgendwann angekommen."
Angekommen sind die Mietsteigerungen bei Sabine Grähn. Die ältere Dame steht ihrem kleinen Bilderrahmen-Laden vis-à-vis der Ikea-Filiale.
Grähn: "Ja. Natürlich... die Preise. Nicht nur durch IKEA. Sondern allgemein. Dass das Einkaufszentrum restauriert oder neu bebaut wird, steigen die Mieten allgemein. Und in meinem Fall habe ich keine Verlängerung bekommen. Oder könnte auch die Mieterhöhung nicht bezahlen. So ist das."
So ging es auch schon zwei anderen kleinen Geschäften ganz in der Nähe, erzählt Sabine Grähn. Sie hat einen neuen Laden gefunden, ein bisschen weiter draußen, aber immerhin.
Kein Problem mit dem Ikea-Bau gleich gegenüber hat Bünjamin Öcztürk. Er steht im Döner-Imbiss neben seinem Gemüseladen und greift die Kundschaft ab, die nicht wegen Köttbullar zu Ikea geht.
Öcztürk: "Die rein gehen sehen uns, die raus gehen, sehen uns. Das ist natürlich ein super Vorteil für uns! Ich sehe das rein geschäftlich. Es ist eine sehr gute Sache für uns. Die Mieten steigen. Natürlich wird auch meine Miete steigen. Aber wenn ich mehr Umsatz habe, zahle ich auch ein bisschen mehr Miete. Das ist normal. Aber wenn ich hier wohnen würde, würde ich natürlich anders denken! Das ist klar!"
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