Miss Germany 2020

"So ein Preis ist nicht mehr zeitgemäß"

06:57 Minuten
Miss Schleswig-Holstein Leonie Charlotte von Hase wird im Europa-Park von der letztjährigen Miss Germany Nadine Berneis zur "Miss Germany 2020" gekürt
Die alte Miss Germany kürt die neue: Leonie Charlotte von Hase. © picture alliance/dpa/Patrick Seeger
Sonja Eismann im Gespräch mit Gesa Ufer · 17.02.2020
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Die neue „Miss Germany“ ist mit 35 Jahren nicht nur die älteste, die je gekürt wurde, sie hat auch ein Kind. Manche kritisieren das, andere feiern, dass äußere Werte scheinbar in den Hintergrund rücken. Ein Sieg für den Feminismus?
Als 1927 zum ersten Mal eine Miss Germany gewählt wurde, mussten die Bewerberinnen jung, schön und vor allem unverheiratet sein. Die Regeln haben sich geändert: Heute liegt die Altersgrenze bei 39 Jahren und die Frauen dürfen Kinder haben. Nicht mehr die Kleidergröße soll entscheiden, sondern die "Botschaft" der Kandidatin.
"Empowering authentic women" lautete das Motto der Wahl am Samstag. Jetzt wurde mit Leonie Charlotte von Hase erstmals eine Miss Germany gewählt, die Mutter ist. Sie ist mit 35 Jahren auch die älteste. Sonja Eismann, Mitbegründerin und -herausgeberin des Missy Magazines, hält sich mit Enthusiasmus zurück.
"Es ist interessant, dass das jetzt möglich ist", sagt sie. "Aber es wirft auch sehr viele Fragen auf: Wofür gibt es diesen Wettbewerb überhaupt noch, wenn die Persönlichkeit im Vordergrund stehen soll und nicht mehr das Optische?"

Mit Feminismus lässt sich Geld verdienen

"Das ist so ein komischer Zwischenstatus", sagt Eismann. "Man will glamourös sein und es geht um Aussehen. Aber man will eben auch feministisch sein, denn Feminismus hat auch sich als Verkaufsschlager etabliert." Zeitdiagnostisch sei das interessant, aber die Reaktionen im Netz zeigten, dass es seine Grenzen habe. Denn da beschweren sich Menschen darüber, dass Schönheitskriterien keine so große Rolle mehr spielten. "Ich glaube, da gibt es schon noch einiges zu tun."
Eismann fragt sich, warum sich heute mehr Frauen bei Wahlen bewerben als früher. "Einerseits sind wir feministischer geworden. Andererseits wird Frauen nach wie vor das Gefühl gegeben, dass sie erst durch ihre Erscheinung und ihr Auftreten etwas wert sind. Sie sollen sich vor allem auch in sozialen Medien als interessante, begehrenswerte Persönlichkeiten in Szene setzen." So etwas würde der Wettbewerb bedienen, der mit diesem modernen Anstrich, attraktiver würde.
Allerdings bleibt Eismann skeptisch: "So ein Preis ist eigentlich nicht mehr zeitgemäß, wenn wir es mit dem Feminismus wirklich ernst meinen. Aber wir sind da noch nicht angekommen." Es werde ihn weiter geben, weil Feminismus auch kapitalistisch verwertbar sei. Mit der Marke "Miss Germany" lasse sich Geld verdienen.
(leg)
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