Merkel kritisiert Twitter für Trump-Sperre

Die "Doppelmoral" der Kanzlerin

06:21 Minuten
Eine Hand hält ein Smartphone mit blauem Twitterlogo auf dem Display in der Dunkelheit.
Das Vorgehen von Twitter gegen Donald Trump sorgt für rege Diskussionen über Meinungsfreiheit. © unsplash/Akshar Dave
Christian Solmecke im Gespräch mit Stephan Karkowsky  · 12.01.2021
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Twitter habe US-Präsident Donald Trump eher zu spät als zu früh gesperrt, sagt IT-Fachanwalt Christian Solmecke. Die Kritik von Bundeskanzlerin Angela Merkel an der Sperre verstehe er nicht, sagt er - und verweist auf deutsche Gesetze.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich kritisch dazu geäußert, dass Twitter dem US-Präsidenten Donald Trump den Zugang gesperrt hat. Die Betreiber sozialer Netzwerke trügen zwar Verantwortung dafür, dass die politische Kommunikation nicht mit Hass und Anstiftung zu Gewalt vergiftet werde, sagte ihr Regierungssprecher Steffen Seibert. Denn die Meinungsfreiheit sei als Grundrecht von elementarer Bedeutung und könne nur durch den Gesetzgeber, nicht aber von Unternehmen eingeschränkt werden.

Er teile die Meinung der Bundeskanzlerin nicht, sagt der Kölner IT-Fachanwalt Christian Solmecke. "Meines Erachtens war Twitter nicht früh dran, mit dem Sperren von Trumps Account, sondern sehr spät dran mit dem Sperren." Wer Volksverhetzung betreibe und Beleidigungen verbreite, habe jedes Recht auf freie Meinungsäußerung verwirkt. "Wer Lügen verbreitet, der verbreitet sowieso nicht seine Meinung, sondern der verbreitet vor allem unwahre Tatsachenbehauptungen."
Unter den grundgesetzlichen Begriff der Meinungsfreiheit seien die meisten Äußerungen von Trump ohnehin schon lange nicht mehr gefallen." Deswegen war dieser Schritt mehr als überfällig."

Pflicht zur Sperre auch nach deutschen Gesetzen

Solmecke erinnert daran, dass es in Deutschland das Netzwerkdurchsetzungsgesetz gebe. "Nach deutschem Vorbild kommt das jetzt auch in diesem Jahr in ganz Europa." Danach seien Facebook und andere Plattformen sogar verpflichtet, bei Straftaten entweder Posts zu löschen oder ganze Konten zu sperren.
Da die Bundesregierung das Gesetz beschlossen habe, wundere er sich umso mehr über die Merkel-Äußerungen. "Es ist sogar die Pflicht gewesen von Twitter nach deutschen Gesetzen, Trumps Account zu schließen." Er sehe in der Kritik an der Twitter-Sperrung eine gewisse "Doppelmoral".
(gem)
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