Merkel-Besuch in Griechenland

Harmonisches Miteinander

Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras sitzt mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zusammen. Sie ist zu Besuch in Athen.
Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras sprach mit Bundeskanzlerin Angela Merkel über wichtige Fragen der Europapolitik. © Dimitrios Karvountzis/dpa
Ulrich Storck im Gespräch mit Liane von Billerbeck · 11.01.2019
Von den Spannungen durch die Schuldenkrise sei während des Merkel-Besuchs in Griechenland kaum mehr etwas zu spüren gewesen, sagt Ulrich Storck, Leiter des Athener Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung. Bei vielen aber bleibe die Kanzlerin unbeliebt.
Das Verhältnis zwischen Ministerpräsident Alexis Tsipras und Bundeskanzlerin Angela Merkel habe sich fundamental verändert, sagte der Leiter des Athener Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung, Ulrich Storck. Er beschrieb eine gelöste, fast freundschaftliche Stimmung zwischen den beiden Politikern. "Es wird ein sehr gutes Klima verbreitet, man lobt sich gegenseitig."
Merkel lobe Tsipras für seine mutigen Schritte bei den Reformen, aber auch außenpolitisch, vor allem im Namensstreit mit dem Nachbarland Mazedonien. Tsipras lobe Merkel für ihre Unterstützung seiner Politik, auch innerhalb der EU.

Gute Zusammenarbeit

Bei den beiden wichtigsten politischen Themen des Besuchs, dem Umgang mit der Migrationskrise und dem Namensstreit mit Mazedonien seien sich Tsipras und Merkel einig gewesen. "Das Signal ist auf jeden Fall, hier bestehen gute, belastbare Kooperationsbeziehungen", sagte Storck.
Proteste in Athen: Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras wehrt sich gegen das "Spar-Spritzen" von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und Bundeskanzlerin Angela Merkel (beide CDU)
Nur wenige Jahre her sind diese Proteste in Athen: Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras wehrt sich gegen das "Spar-Spritzen" von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und Bundeskanzlerin Angela Merkel (beide CDU)© dpa / picture-alliance / Orestis Panagiotou
Der Stiftungsvertreter erinnerte daran, dass Tsipras bei Merkels letztem Besuch im April 2014 die Proteste gegen sie und ihre Visite noch angeführt habe. "Damals war Merkel die Symbolfigur für diese aufoktroyierte Sparpolitik." Das habe sich sicherlich geändert. Die griechische Politik habe aufgehört, diese Anschuldigungen und diese Verantwortung nach außen abzuschieben. Auch viele Menschen in Griechenland hätten inzwischen erkannt, dass einiges von ihren eigenen Politikern und ihrer eigenen Politik verursacht wurde und eben nicht nur aus dem Ausland komme.

Skepsis in der Bevölkerung

Auf politischer Ebene sei ein neues Zeitalter angebrochen, sagte Storck. Griechenland sei im August 2018 aus dem Hilfsprogrammen ausgetreten und stehe wieder auf eigenen Beinen. Die Gläubigerinstitutionen beobachteten zwar weiter, aber das Land sei wieder unabhängig. Das werde von Tsipras als Neustart gewertet. "Ein neues Zeitalter" sei aber für die Bevölkerung noch nicht angebrochen. "Da spürt man eigentlich noch keine Verbesserung." Zwar sei die Arbeitslosigkeit etwas gesunken und die Wirtschaftskraft etwas gewachsen, aber bei der Bevölkerung sei davon wenig angekommen. "Dort ist man immer noch im Krisenmodus." Die Menschen glaubten ihren Politiker nicht mehr, wenn sie Hoffnung und Positivismus versprühten. Sie sähen, dass sie immer noch nicht mehr verdienten oder mehr Arbeitsplätze vorfänden. "Das ist natürlich die Realität."

Erstaunliche Wahlkampfhilfe

Es sei fraglich, ob Tsipras von dem Merkel-Besuch innenpolitisch im Wahlkampf profitieren könne. In der Bevölkerung sei die deutsche Bundeskanzlerin weiter unbeliebt. Laut einer Umfrage hätten nur 35 Prozent der Bevölkerung eine positive Meinung von Merkel. Der konservative Konkurrent, der Oppositionsführer Kyriakos Mitsotakis von der konservativen Nea Demokratia, die eigentlich der CDU näher stehen sollte, sei wenig erfreut über Merkels Unterstützung für Tsipras.
(gem)
Mehr zum Thema