Mega-Bau-Projekte in Ägypten

Grüße vom Suez-Kanal

Containerschiff auf dem Sueskanal in Ägypten
Containerschiff auf dem Suez-Kanal © imago/Xinhua
Von Cornelia Wegerhoff · 22.03.2015
Es soll "Ägyptens Geschenk an die Welt" sein – der Ausbau des Suez-Kanal. Das Bauvorhaben gehört zu 35 Mega-Projekten, die Ägypten in ein neues Zeitalter führen sollen. Zumindest die Archäologen profitieren schon mal von den Zukunftsgedanken.
Der Sand muss weg. Schon 180 Millionen Kubikmeter haben sie abtransportiert, mit langen Kolonnen an Lastwagen und Baggern. Am Suezkanal ist derzeit die größte Baustelle Ägyptens. Eine zweite Fahrrinne wird ausgehoben. Statt 50 Ozeanriesen täglich, so wie bisher, sollen bald hundert hier entlang schippern. Zwischen dem Roten und dem Mittelmeer, der Abkürzung zwischen Europa und Asien.
Der Sand muss weg. Das gilt auch für die Archäologen. Sie graben mit Schaufel und Hacke. Arbeiter in langen Gewändern tragen den Sand noch mit Eimern aus Leder weg. Jede Ladung wird sorgsam gesiebt. Die Scherben, die sie gerade aus dem Schutt ziehen, könnten aus der Antike stammen. Zur Pharaonenzeit war die heutige Ostseite des Suezkanals ein wichtiger Armee-Stützpunkt.
"Wir haben zwei wichtige Festungsanlagen entdeckt. Eine 800 mal 400 Meter groß, die andere 600 mal 300 Meter groß. Genau über diese Anlagen wird auch auf einer antiken Inschrift im Karnak-Tempel in Luxor berichtet. Dieses Osttor Ägyptens war strategisch wichtig für Kämpfe."
Großeinsatz im Hinterland
Mohamed Abdel Maqsoud arbeitet für das ägyptische Ministerium für Altertümer. Er ist der Direktor des archäologischen Suez-Kanal-Projektes. Im Hinterland des Seeweges, dort, wo für die neue, zweite Fahrrinne bald auch Infrastruktur errichtet werden muss – Zufahrtsstraßen mit Tunneln, Tankplätze und Versorgungshäfen für die Großschiffe, dürfen zuerst die Wissenschaftler graben. Es wird ein Großeinsatz.
"Wir bereiten derzeit 200 Inspektoren, Archäologen, darauf vor, am Suez-Kanal-Projekt zu arbeiten. Das bedarf eines guten Trainings, denn wir setzen auch geophysikalische Techniken ein, um die Wüste nach Fundorten abzusuchen. 17.30 Ich werde auch Helikopter einsetzen, um Fotos vom Gelände zu machen. Ich habe das Militär gebeten, uns zu helfen. Das mögliche Grabungsgebiet ist riesig."
Dabei profitieren die Archäologen bereits von Kollegen aus früheren Tagen.
"Als der Suez-Kanal gebaut wurde, gab es auch schon ein Archäologen-Team, das damals von einem Franzosen geleitet wurde. Ihre Ergebnisse sind für uns natürlich sehr wichtig."
Die Franzosen begeisterten sich bereits während der Ägypten-Expedition von Napoleon für die Schätze aus der Pharaonenzeit. Für Ferdinand de Lesseps, der den Suezkanal zwischen 1859 und 1869 erbaute, war es deshalb selbstverständlich, sich von Altertumsforschern beraten zu lassen.
"De Lesseps hat sich dementsprechend entschieden, mit dem Kanalbauprojekt nicht zu weit nach Osten zu gehen. Denn dort gibt es sehr viele archäologische Plätze, die man nicht berühren wollte. Und auch der neue Kanal ist von archäologischen Fundorten im Durchschnitt immer etwa 10 Kilometer entfernt."
Archäologische Forschungen auf der Sinai-Halbinsel
Zur Zeit erforschen die Archäologen den antiken Ort Tall Habwa. Hier auf der Sinai-Halbinsel begannen die Eroberungszüge der alten Ägypter. In ihrer Blütezeit rückten sie bis nach Syrien vor. Ein Grabungsteam entdeckte vor einem Monat Gebäudereste eines königlichen Rasthauses. Sogar Gefäße mit Namensstempeln wurden ausgegraben. Die Inschriften zeugen davon, dass dort Pharao Tutmosis II. persönlich übernachtet hat, vielleicht beim Inspizieren seiner Truppen. Das Osttor Ägyptens war aber auch das Einfalltor für Feinde. Vor allem die Kämpfer der Hyksos sorgten für Angst und Schrecken. Um 1800 vor Christus überfielen sie das bis dato so mächtige Pharaonenreich und besetzten das Land am Nil. Eine schmachvolle Ära in der sonst so ruhmreichen Geschichte des alten Ägypten. Doch die Fundstücke aus dem Hinterland des Suezkanals berichten von vielen Epochen:
"Wir haben bisher Schichten aus dem Mittleren Reich entdeckt, aus dem Königsreich, der Hyksos-Zeit und dem späten Reich. Das sind vier historische Ebenen an einem Ort. Auf dem Sinai finden wir sonst meist nur Objekte aus viel späteren Zeiten, aus der römischen, der islamischen Epoche. Pharaonisches ist selten. Das ist der wichtigste Fundort."
Wenn Mohamed Abdel Maqsoud demnächst dann selbst ganze Heerscharen an Wissenschaftlern im Einsatz hat, können die Ausgrabungen am Suezkanal ausgeweitet werden.
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