Medien und Meinungen

Protektionismus statt Innovation?

03:55 Minuten
18.04.2015
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In dieser Woche gab es einige große medienpolitische Themen. Am meisten wurde über die Pläne der Bundesregierung zur Vorratsdatenspeicherung diskutiert - darum geht es im Anschluss in unserer Besprechung.
In dieser Woche gab es einige große medienpolitische Themen. Am meisten wurde über die Pläne der Bundesregierung zur Vorratsdatenspeicherung diskutiert - darum geht es im Anschluss in unserer Besprechung. Vorher stellt uns Tim Wiese das vor, was noch passiert ist.
Die EU nimmt sich Google vor, dem Konzern droht eine Milliardenstrafe. Hier in Europa beträgt der Marktanteil von Google bei der Internetsuche in den meisten Ländern mehr als 90 Prozent. Aus Sicht der EU-Kommission nutzt das Unternehmen diesen Umstand unfair aus.
EU-Wettbewerbsverfahren gegen Google
Eigene Dienste würden in der Trefferliste bei der Websuche bevorzugt. Ganz konkret geht es um Google-Shopping, das grundsätzlich an besonders sichtbarer Stelle bei den Suchergebnissen präsentiert würde, und das unabhängig von der Relevanz.
Google hat jetzt zehn Wochen Zeit auf den Vorwurf zu reagieren und ihn zu entkräften. Gelingt dem Unternehmen das nicht, droht ihm eine Strafe von bis zu 6.6 Milliarden Euro.
»Sehr enttäuschend« sei die Verfahrenseröffnung, so heißt es in einem internen Memo von Google, was aber nicht mehr so ganz intern im Netz die Runde macht. Außerdem versucht man sich mit Schaubildern zu verteidigen, die belegen sollen, dass andere Shoppingdienste viel erfolgreicher sind.
In Schutz genommen wird das Unternehmen vom bekennende Google-Fan und Medienexperten Jeff Jarvis. Er sieht in dem Verfahren ein Beleg für Protektionismus, wie er in einem Interview mit dem österreichischen Magazin Profil erklärt hat.
"Wo sind denn die europäischen Konkurrenten für Google, Facebook, Twitter und Amazon? Ich würde mir solche Wettbewerber aus Europa wünschen, die dann für mehr Innovation sorgen. Aber ich fürchte, dass die negative Kultur in Europa und der Protektionismus nicht zu dieser Innovation führen werden."
Wie im Schatten eines Giganten wie Google innovative Pflänzchen gedeihen sollen, sagt Jarvis allerdings nicht.
Geheime Dokumente zur Netzüberwachung
Für Aufsehen hat in dieser Woche auch eine Enthüllung der Plattform netzpolitik.org gesorgt. Dort sind vertrauliche Dokumente veröffentlicht worden, die zeigen, wie der Verfassungsschutz seine Internetüberwachung ausbaut.
Konkret geht es um eine neue Einheit zur Internetüberwachung, die vom Bundesamt für Verfassungsschutz eingerichtet wird. netzpolitik.org wurde das Konzept und der Personalplan dafür zugespielt. André Meister hat die Dokumente ausgewertet und im Interview mit Breitband die Pläne zusammengefasst.
"Damit soll vor allem, so wie ich das verstehe, die technischen Fähigkeiten ausgebaut werden innerhalb des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Die Spione sehen sich mit immer größeren Datenmengen konfrontiert, die sie nicht mehr händisch auswerten können. Sie setzen jetzt immer mehr Computertools dafür ein, die Daten auswerten. Aus Metadaten, Personenbeziehungsgeflechte, Bewegungsprofile und Rasterungen erstellen, wann, wer mit wem in Kontakt ist."
Damit ist die Frage verbunden, ob zukünftig auch die Daten unschuldiger Personen erfasst und ausgewertet werden. Eigentlich dürfen die Verfassungsschützer nur im konkreten Verdachtsfall Einzelpersonen überwachen. Laut Bundesamt findet das auch nur statt. André Meister formuliert Bedenken.
«Parlamentarier haben nach unserer Berichterstattung Zweifel daran angemeldet. Hans-Christian Ströbele, das dienstälteste Mitglied im parlamentarischen Kontrollgremium für die Aufsicht der Geheimdienste, sagt: ,Das kann nicht nur Einzelfall bezogen sein'. Und zudem werden da jetzt mehrere Einzelüberwachungen auch zusammengeführt und gerastert, was auch nicht mehr strikt zum Einzelfall zuzuordnen ist.»
Das ganze Interview mit André Meister gibt es hier:
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Gestohlene Sony-Dokumente ab sofort bei Wikileaks
Und zum Schluss geht es um weitere vertrauliche Dokumente, die jetzt auf Wikileaks veröffentlicht werden. Und zwar sind das die, die Sony Pictures vor fünf Monaten bei einem Hackerangriff abhanden gekommen sind: 172 000 eMails und 30 000 Dokumente. Sie sollen laut Wikileaks Verbindungen in die höchsten Kreise der amerikanischen Politik und zur Waffenindustrie aufzeigen.
Von einem seltenen Einblick in die inneren Abläufe eines verschlossenen, multinationalen Unternehmens ist die Rede. Sony protestiert gegen die Veröffentlichung. Wikileaks mache sich zum Handlanger von Kriminellen. Und die vermuten die USA in Nordkorea. Von dort soll der Hackerangriff auf Sony Pictures gesteuert worden sein.
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Foto: Robert Scoble - Google Logo in Building43 - Flickr CC-BY