Medien und Meinungen

EU will Google zerschlagen, unsichere Social Media-Studien und die Pfade des Internet Traffic

04:37 Minuten
29.11.2014
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Unsere Medienreporterin Vera Linß hat die Meldungen der Woche durchforstet. Diesmal bringt sie die kontroversen EU-Pläne zur Google-Zerschlagung ins Studio, außerdem Neues zu Social Media-Studien und den Pfaden des Internet Traffic.
Unsere Medienreporterin Vera Linß hat die Meldungen der Woche durchforstet. Diesmal bringt sie die kontroversen EU-Pläne zur Google-Zerschlagung ins Studio, außerdem Neues zu Social Media-Studien und den Pfaden des Internet Traffic.
Die erste Meldung klingt ein bisschen unwirklich oder aber wie Science Fiction aus einer fernen Zeit: Google soll zerschlagen werden. Worum geht es dabei? Das wünschen sich die Abgeordneten des EU-Parlaments. Genau genommen fordern sie die Europäische Kommission in einer Entschließung vom Donnerstag dazu auf, darüber nachzudenken, ob man die Suche nicht von anderen »kommerziellen Dienstleistungen« trenne könne, dass quasi das Anbieten von Infrastruktur und von Inhalten nicht mehr in einer Hand liegt.
Google wird ja vorgeworfen, eigene Dienste wie Google Maps bei der Suche zu bevorzugen. Die Entflechtung könnte die dominierende Marktstellung von Google etwas einschränken. Das Ganze ist allerdings erstmal nur ein symbolischer Akt, hat also keine konkreten Konsequenzen.
Es könnte aber den politischen Druck erhöhen und hat ja auch schon jede Menge Reaktionen hervorgerufen, zum Beispiel beim New Yorker Journalistikdozenten Jeff Jarvis. Er spricht davon, dass sich das EU-Parlament von der Google-Phobie der deutschen Zeitungsverleger hat anstecken lassen, und sorgt sich deshalb um die Technologie in Deutschland und in Europa - wie um das Internet, dessen Freiheit er eingeschränkt sieht.
Auch Mitglieder des US-Kongresses haben sich kritisch geäußert in offenen Briefen an ihre europäischen Parlamentskollegen. Sie sprechen von einer Diskriminierung ausländischer Firmen. Allerdings ist dieser Protest offenbar nicht ganz uneigennützig: drei von vier Unterzeichnern der Briefe haben einst Wahlkampfspenden von Google erhalten, und das soll sich offenbar für Google auszahlen.
Doch es gibt auch Stimmen, die entwarnen: Das Blog netzwertig.com schreibt, Google habe genug Baustellen, als dass man eine Übermacht fürchten müsse. Es gebe wichtige Märkte, in denen der Suchkonzern nicht Fuß fassen konnte oder an Einfluss verliert. Beispiel: mobile Internetnutzung, native Advertising oder der Bereich der Smartphone-Messenger, wo Google gar nichts zu melden hat. Die Liste ist sehr lang und sie legt ein bisschen nahe, das Google bald schon seine Dominanz verlieren könnte.
Die Dinge sind offenbar manchmal anders, als sie einem erscheinen. Das trifft auch auf die Annahme zu, man könne in Facebook und Twitter ablesen, wie User tatsächlich ticken. Ist es tatsächlich möglich aus diesen Daten ablesen, wie Nutzer denken und sich auch verhalten?
Die Daten in Sozialen Netzwerken gelten ja gemeinhin als eine Goldmine. Doch man sollte Vorsicht walten lassen, warnen Wissenschaftler in der amerikanischen Fachzeitschrift "Science", und zwar aus verschiedenen Gründen. Zum einen verschweigen viele Nutzer in sozialen Netzwerken, was sie wirklich denken. Außerdem werden die Daten nach Algorithmen sortiert und gefiltert, die sich immer mal wieder ändern.
Und vor allem: die Firmen, die zum Beispiel Facebook-Postings durchforsten, kennen diese Algorithmen gar nicht. Man kann also nicht wissen, in wieweit das Bild von meinem Unternehmen im Sozialen Netzwerk - sei es eine Schuhkette - der Realität wirklich entspricht. Ein weiteres Problem ist, dass die Nutzergruppen der einzelnen Netzwerke sehr fragmentiert sind. Es ist ein bisschen wie ein Blick in die Glaskugel, was die Tatsache, dass Firmen oder auch Geheimdienste diese Daten zur Vorhersage von Verhalten nutzen besonders bedenklich macht.
Eine Studie der kanadischen Firma Sandvine hat untersucht, wo genau sich die User eigentlich tatsächlich im Netz bewegen. Wie sieht der Internet Traffic genau aus? Auf Platz eins in Europa steht das Streamen von Audios und Videos. Platzhirsch ist hier youtube, gefolgt von diversen Pornographie-Anbietern. Das hoch gelobte Netflix verbraucht demnach gerade mal 3,4 % des europäischen Traffics. Auf Platz 2 steht das Surfen im Web, es folgen soziale Netzwerke und Kommunikations-Tools wie WhatsApp und Skype.
Nicht zu unterschätzen ist übrigens auch Filesharing, laut des "Global Internet Phenomena Reports" machen Tauschbörsen 11,6 Prozent des europäischen Downstream-Datenverkehrs aus
im Bereich des Upstreams, also wenn Inhalte hochgeladen werden, sind es sogar 36,5 Prozent.
Bild: Mechanical Sample von Wonderlane auf Flickr unter CC-BY