Medien und Meinungen

Die Post-ACTA-Ära, Abmahnwahn und Social-Media-Hirne

04:02 Minuten
14.04.2012
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Die G8-Länder bereiten sich offenbar schon auf eine Zeit nach dem umstrittenen ACTA-Abkommen vor, hieß es in dieser Woche.
Die G8-Länder bereiten sich offenbar schon auf eine Zeit nach dem umstrittenen ACTA-Abkommen vor, hieß es in dieser Woche.
Grundlage dieser Mutmaßungen ist ein internes Arbeits-Papier, das der Organisation European Digital Rights zugespielt wurde. Darin geht es um das Urheberrechts-Abkommen ACTA, das bereits seit Monaten unter scharfem Beschuss der Netzgemeinde steht. Allerdings konzentrieren sich die Autoren in diesem Paper ausschließlich auf Offline-Piraterie, gefälschte Medizinprodukte zum Beispiel, und wie man dagegen vorgehen kann. Der gesamte Bereich der Online-Piraterie wird großzügig ausgeklammert. Vermutlich in der Hoffnung, mit dieser abgespeckten ACTA-Neuauflage dann auch den weltweiten Protest gegen das Handelsabkommen zum Schweigen zu kriegen. Offenbar, so der Direktor von European Digital Rights Joe McNamee gegenüber Breitband, rechnen die G8-Länder längst nicht mehr damit, dass ACTA wie geplant im Juni vom EU-Parlament ratifiziert werden wird.
Joe McNamee: «Acta isn't dead, that much is clear. But it is an indication that these countries are aware of the fact, that it is in danger of being killed and they are looking for a plan b. They are looking for another option to get the same policies.»
Sollte also das ACTA-Abkommen in seiner bisherigen Version von den EU-Parlamentariern abgelehnt werden, dann hätten die G8-Staaten bereits eine neue, schlankere Version in der Tasche. Eine Version, die darauf verzichtet eine einzige Lösung für sehr vielschichtige Probleme zu finden, Produktfälschungen in der Medizin und Urheberrechte im Internet zum Beispiel, und damit wahrscheinlich konsensfähig wäre. Es sei aber nur eine Frage der Zeit, sagt Joe McNamee, bis der Wirkungsbereich dieses Plan Bs auch auf das Internet ausgedehnt werden würde.

European Digital Rights:
http://edri.org/

Geleaktes Paper:
http://www.edri.org/files/G8.pdf

Abmahn-Wahn auf Facebook
Die erste Abmahnung gegen User, auf deren Pinnwand von Dritten urheberrechtlich geschützte Inhalte gestellt wurden, ist draußen. Im Zweifel müsste nun jeder Facebook-Nutzer bei Fotos oder Videos, die auf der eigenen Pinnwand gepostet werden, immer überprüfen, ob der Absender auch der Rechteinhaber ist. Ein wenig realistisches Unterfangen. Im Zweifel ist vor Abmahnungen nur sicher, wer sich ganz aus dem sozialen Netzwerk verabschiedet.
Leonhard Dobusch schlägt auf netzpolitik.org zwei Maßnahmen vor, um digitales Alltagshandeln mit geltendem Recht zu versöhnen: ein flexibles Urheberrecht, das Ausnahmen zulässt - und vor allem ein wirksames Einschränken der Möglichkeit, mit Abmahnungen Geld zu verdienen.

Erste Abmahnung für fremde Inhalte auf der Facebook-Pinnwand:
http://www.heise.de/newsticker/meldung/Facebook-Pinnwand-Abmahnung-fuer-fremdes-Foto-1518541.html

Leonhard Dobusch fordert ein Ende des Abmahn-Wahns:
http://netzpolitik.org/2012/gefahr-von-abmahnung-fur-facebook-pinnwand-nimmt-zu/


Soziale Medien verändern haben Einfluss auf Hirnaktivität
Ein amerikanisches Unternehmen hat sich mal die Mühe gemacht, die Ergebnisse diverser Studien zur Nutzung von Social Media zusammen zu tragen: Ein direkter Einfluss auf unsere Multitasking-Fähigkeiten, auf das soziale Miteinander und die Fähigkeit, sich auf eine Tätigkeit zu fokussieren, sind messbar. So konnten wir vor zehn Jahren noch stolz auf eine Aufmerksamkeitsspanne von 12 Minuten zurück blicken - inzwischen soll sie bei schmalen fünf Sekunden liegen. Schuld daran sind ständige Unterbrechungen durch eingehende Tweets, SMS oder Facebook-Nachrichten. Der durchschnittliche Sachbearbeiter checkt seine e-Mails einer Studie zufolge etwa 30 bis 40 Mal die Stunde. Der britischen Wirtschaft soll durch diese verminderte Konzentrationsfähigkeit alleine im vergangenen Jahr ein Schaden von fast zwei Milliarden Euro entstanden sein.
Aber es ist nicht alles schlecht: Das Problemlösungsverhalten und die Fähigkeit, schnelle Entscheidungen zu treffen, sollen sich bei Internetnutzern deutlich verbessert haben. Und: Der Einsatz von sozialen Medien begünstigt offenbar die Ausschüttung von Oxytocin, einem Hormon, das Vertrauen und Empathie stimuliert.

Wie Social Media unsere Gehirne beeinflusst:
http://www.thomashutter.com/index.php/2012/04/social-media-die-nutzung-von-social-media-beeinflusst-unser-gehirn/


Grafik: www.wordle.net