Medien und Meinungen

Bestandsdaten, Echtzeit-Putsch, 3D-Pistolen

04:10 Minuten
06.07.2013
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Tim Wiese bringt die Nachrichten der Woche ins Studio: Ein neues Gesetz erlaubt deutschen Behörden, ganz einfach rumzuschnüffeln und aus Ägypten hören wir vom Putsch in Echtzeit.
Tim Wiese bringt die Nachrichten der Woche ins Studio: Ein neues Gesetz erlaubt deutschen Behörden, ganz einfach rumzuschnüffeln und aus Ägypten hören wir vom Putsch in Echtzeit. Außerdem mehr dazu, was eine Pizza im Raumschiff und eine Knarre in der Knesset gemeinsam haben.
Bestandsdatenauskunft tritt in Kraft
Am Montag ist ein neues Gesetz zur sogenannten Bestandsdatenauskunft in Kraft getreten. Dagegen gibt es Protest, denn Bestandsdaten sind die Daten, die bei Mobilfunk - und Internetanbietern gespeichert sind. Neben Name, Geburtsdatum und Adresse sind das PINs fürs Handy, Passwörter für Mailaccounts und IP-Adressen.
Das neue Gesetz erlaubt Ermittlungsbehörden und Geheimdiensten den Zugriff auf diese Daten. Und zwar über elektronische Schnittstellen, die die Anbieter extra einrichten müssen. Das heißt: Ermittler könnten sich mit den Passwörtern dann mal eben flott in fremde Mailaccounts einloggen und auch alle andere Dienste durchschnüffeln, die man so nutzt.
Datenschützer warnen deswegen vor einer ausufernden Überwachung. Das befürchten auch Patrick Breyer und Katharina Nocun von der Piratenpartei. Deshalb haben sie Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht gegen das Gesetz eingelegt. Für Nocun ist das neue Gesetz schon deshalb verfassungswidrig, weil es die Freiheit der Menschen einschränke.
Wer unter Verdacht steht, wer überwacht wird, der ist nicht frei. Und in diesem Gesetz ist eben vorgesehen, dass ohne begründeten Verdacht zugegriffen werden kann, dass Internetnutzer schon bei Ordnungswidrigkeiten oder dem Verdacht auf eine Ordnungswidrigkeit von der Polizei identifiziert werden dürfen oder dass Passwörter herausgegeben werden dürfen, was aus unserer Sicht nicht verhältnismäßig ist.

Früher durfte das nämlich nur bei schweren Straftaten passieren, heute würde theoretisch schon reichen, dass man seinen Hund nicht angeleint hat. Der Beschwerde gegen das Gesetz kann man sich übrigens anschließen - über das Netz.
Das komplette Interview mit Piraten-Geschäftsführerin Katharina Nocun:
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Putsch in Echtzeit
Ein großes Ereignis im Netz war der Putsch in Ägypten. Den konnte man in Echtzeit mitverfolgen.
Das hatte schon eine neue Qualität im Vergleich zum Mubarak-Sturz vor zwei Jahren, wo die sozialen Netzwerke schon eine wichtige Rolle gespielt haben. Doch dieses Mal hatte man das Gefühl, in jeder Sekunde teilzuhaben, auch wenn man kein Arabisch spricht. Unter dem Hashtag #Egypt kamen ständig neue Fotos und Links zu Livestreams mit den aktuellen Entwicklungen: Straßensperren der Armee, die Festnahme Mursis, jubelnde Menschen auf dem Tahrir-Platz. Es ist jetzt wohl endgültig Normalität, dass man historische Ereignisse in Echtzeit erleben kann. Der Journalist und Blogger Thomas Wiegold nennt einen Grund dafür:
Es sind in der Zwischenzeit mehr Journalistenkollegen auf Twitter präsent, nutzen das viel selbstverständlicher, betrachten das sozusagen als Ergänzung des normalen Angebots. Insofern hat sich da einfach die Vielzahl erhöht und damit auch die Zahl der zur Verfügung stehenden Informationsquellen.

Wiegold hat übrigens selber an einem Hangout mit einem ägyptischen Blogger aus Kairo teilgenommen. Eins muss man natürlich immer wieder sagen zu den Vorort-Berichten: Genau wie in den klassischen Medien sind das alles subjektive Momentaufnahmen und man sollte immer schauen, wer sich äußert.
Was für eine Wirkung solche Berichte haben, weiß aber augenscheinlich auch das ägyptische Militär. Soldaten haben rigoros den Livestream von Al Jazeera aus Kairo unterbrochen und den Moderator und seine Gäste gleich mal verhaftet. Auch davon gibt es Aufnahmen im Netz. Bei anderen Sendern wurde ebenfalls der Stecker gezogen.



Pizza und Pistole in 3D
Was verbindet eine Pizza im All und eine Feuerwaffe in der Knesset? Beide stammen aus dem 3D-Drucker. Zum einen ist es Journalisten in dieser Woche gelungen, eine Pistole in das schwer bewachte israelische Parlament zu schmuggeln. Die Waffe ist voll funktionstüchtig und die erste, die sich aus Plastikteilen von einem 3D-Drucker zusammensetzen lässt.
Genau wie die Pizza, die die Nasa in Raumschiffen für ihre Astronauten drucken will. Daran wird zumindest gerade geforscht. Allerdings wird die Pizza nicht aus Plastik sein, sondern aus Nahrungspulver.



Bild: Schlüssel von seanmcmenemy auf flickr, cc-by