Medien

Konzepte für die Krise

Ein Firmenschild des ADAC ist zu sehen.
Oft merken die Betroffenen nicht, dass die Krise schon da ist. So ging es auch dem ADAC, meint Krisenforscher Frank Roselieb. © dpa / Ralf Hirschberger
Von Andre Zantow · 19.03.2014
In Krisenzeiten stellen Journalisten besonders viele und unbequeme Fragen. Unternehmer, Politiker und Wissenschaftler diskutieren in Berlin darüber, wie man am besten darauf reagiert.
Es ist der Supergau für den Kreis Soest. Am 11. September 2013 muss einer der größten Arbeitgeber der Region - die Brauerei Warsteiner - zugeben, dass im Abwasser Legionellen sind. Das Image der Marke ist in Gefahr. Die Medien trommeln. In einem RTL-Bericht heißt es:
"Ohne die Brauerei wäre Warstein irgendein Ort im Sauerland. Und jetzt könnte ausgerechnet das Aushängeschild Verursacher der gefährlichen Legionärskrankheit sein, mit 165 Kranken und zwei Toten. Es ist für die Stadt als Bierstadt absolut schädigend, weil wir was im Wasser haben."
Der Kreis Soest bildet einen Krisenstab. Die Leitung übernimmt Dirk Lönnecke, Kreisdirektor in Soest.
"Wir haben alleine 65 Pressemitteilungen herausgegeben. Pro Tag zwei im Schnitt. Wir haben mehrere Pressekonferenzen gehabt. Wir hatten Ad-hoc-Konferenzen vor Ort. Also der Medienhype war immens!"
Der Umgang mit den vielen Medienanfragen ist nicht immer einfach.
"Wir haben erwartet, dass die Medien die Mitverantwortung für ein solches Großereignis wahrnehmen und vielleicht uns helfen bei der Information der Bevölkerung. Das muss ich heute leider feststellen, dass war nicht so."
Zu wenig Wissen, zu viel Boulevard
Dirk Lönnecke beklagt den schlechten Sachstand einiger Journalisten und eine zunehmende Boulevardisierung. Eine Erkenntnis, von der er heute auf dem Krisenkommunikationsgipfel in Berlin berichtet. Organisiert hat das Branchen-Treffen das Institut für Krisenforschung – mit Namen "Krisennavigator" - ein Spin-off der Uni Kiel.
Roselieb: "Fälle die bei uns gelandet sind, sind die Ehec-Krise oder auch die Flugzeugkollision am Bodensee oder auch das ICE-Unglück von Eschede."
Frank Roselieb ist der geschäftsführende Direktor des Krisennavigators. Er berät und forscht seit Jahren zur Kommunikation in der Krise. Einer der häufigsten Fehler sei die Salami-Taktik. Dabei geben die Betroffene oft nur soviel zu, wie schon bekannt ist. Ein anderer Fehler ist die Abschottung: Die Betroffenen merken erst gar nicht, dass sie mitten in einer Krise sind.
"Das ist das sogenannte Groupthink-Phänomen. Die Verbohrtheit der Gruppe, dass man gar nicht erkennt, dass man kritisiert wird, die Kritik nicht wahrnimmt, weil man sich gern mit Ja-Sagern umgibt und nicht mit kritischen Geistern, die hier und da den Weg aus der Krise weisen könnten."
Beim ADAC zum Beispiel habe es offensichtlich keinen kritischen Kopf gegeben, der erkannt habe, dass das Mitglieder-Magazin trotz Millionen-Auflage kaum Beachtung findet. Diese Ehrlichkeit gegenüber den Werbekunden hätte den Manipulations-Druck sicher gemindert.
Wichtig ist Transparenz
Ehrlichkeit in der Kommunikation ist auch Enno Isermann wichtig. Dabei hat der Pressesprecher der Hamburger Kulturbehörde lange mit einer Frage gekämpft:
"Wann werden Sie denn fertig?"
Die Rede ist von der Elbphilharmonie. Die sollte ursprünglich 2010 eröffnen und 77 Millionen Euro kosten. Nun ist es das Zehnfache und 2017 soll es soweit sein. Wie es dazu kam, muss Enno Isermann ständig erklären. Lange mit Bauchschmerzen, bis die Landesregierung vor gut einem Jahr alle Kosten offen legte und sämtliche Verträge ins Internet stellte.
"Der Job ist angenehmer geworden, das kann man wohl sagen. Weil natürlich diese Fragen, die wir in der Vergangenheit häufig hatten, kann man nicht mehr so richtig machen, weil die Sachen stehen einfach im Internet und da gibt es nicht mehr viel rauszufinden."
Auf mehr Transparenz setzt auch die Deutsche Bahn im Zusammenhang mit sozialen Medien. Seit gut zwei Jahren kommunizieren 25 Bahnmitarbeiter direkt mit den Kunden im Internet um Verständnis zu wecken für Probleme, soJens Appelt, Leiter der Multimedia-Kommunikation:
"Das hilft das System Bahn zu verstehen. Und das kriegt nicht nur der einzelne Kunde selbst mit, sondern auch andere. Und so schaffen wir es ein bisschen darzustellen wie komplex das System Bahn ist und wie es teilweise zu Verspätungen kommen kann und wie wir damit umgehen und den Kunden helfen."