Medien in Gefahr

Dem Lokaljournalismus aus der Krise helfen

10:40 Minuten
Eine Frau sitzt auf einer Bank und liest die "Siegener Zeitung".
Das Geschäftsmodell von Zeitungen hat sich radikal verändert - nicht erst seit der Coronakrise. © imago images / Rene Traut
Leyla Dogruel im Gespräch mit Vera Linß · 09.05.2020
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Lokalen und regionalen Medien geht es schon länger nicht gut. Nun kämpfen sie zudem mit den finanziellen Folgen der Coronakrise. Dabei sind ihre Inhalte in Zeiten der Pandemie sehr gefragt. Doch es gebe Wege, die journalistische Vielfalt zu erhalten.
Medienhäuser verzeichnen in Coronazeiten eine erhöhte Nachfrage nach Inhalten und gewinnen Digitalabonnenten hinzu. Gleichzeitig haben sie aber zum Teil erhebliche Rückgänge im Anzeigengeschäft zu verkraften, weil es Stornierungen gibt. Damit kämpfen nun natürlich auch regionale und lokale Medienanbieter.
Das Abwandern der Werbe- und Rubrikenmärkte zum Beispiel auf Social Media sei auch jenseits der Coronakrise das zentrale Problem des Journalismus, sagt die Medienwissenschaftlerin Leyla Dogruel. Diesen Einbruch der Werbemärkte habe man schon vor zehn Jahren in der Medienkrise deutlich beobachten können, als der Umfang von Zeitungen enorm abnahm.

Radikal verändertes Geschäftsmodell

Das Geschäftsmodell von Zeitungen war lange Zeit ein Drittel Aboeinnahmen und zwei Drittel Werbung. "Das hat sich radikal verändert", sagt Leyla Dogruel. Können Lokalmedien ohne Förderung überhaupt noch überleben? Man könnte Leserinnen und Leser fragen, ob sie für Journalismus verstärkt auch bezahlen wollen, schlägt Dogruel vor. Doch Lokale TV- oder Hörfunkanbieter, die eine reine Werbefinanzierung haben, hätten diese Möglichkeit nicht.
Daher gibt es von den verschiedenen Bundesländern auch schon Pläne oder sogar Beschlüsse, lokale Medien zu unterstützen. Brandenburg plant seit Längerem eine Förderung von journalistischen Angeboten, vor allem für Lokalmedien. Die Sächsische Landesmedienanstalt übernimmt zunächst bis Ende Juni die Verbreitungskosten aller sächsischen Lokal-TV-Anbieter. Der Bund hat im vergangenen Jahr beschlossen, die Zustellung von Zeitungen zu fördern.

Den Journalismus direkt fördern

"Diese Zustellförderung ist ja eine Form von indirekter Medienförderung", erklärt Leyla Dogruel. Dies gilt auch für einen reduzierten Mehrwertsteuersatz, der Medien attraktiver machen soll. Die Medienwissenschaftlerin plädiert dafür, Journalismus direkt zu fördern, anstatt über eine allgemeine Wirtschaftsförderung nach dem Gießkannen-Prinzip.
Aus wissenschaftlicher Perspektive sei dieser zielgerichtete Weg viel erfolgversprechender, sagt sie: "Das Geld kann dann viel direkter auch in wirklichen Journalismus fließen und nicht über den Umweg der Betriebs- oder Vertriebsförderung."
Es sollte nicht darum gehen, gedrucktes Papier zu unterstützen, das unter die Menschen gebracht wird, sondern die Institution Journalismus an sich. Daher sei es sinnvoll, Förderungen an Qualitätskriterien zu knüpfen, fordert Dogruel: Beispielsweise indem man versucht, Zeitungen und Journalisten in unterversorgten Regionen zu halten, um einen Monopolmarkt zu verhindern und eine vielfältige Berichterstattung zu ermöglichen.

Journalistische Innovationen anschieben

Die Landesmedienanstalten könnten in diesem Rahmen die Rolle übernehmen, zu überprüfen, ob die gewünschten Effekte auch eintreten. "Oder man müsste darüber nachdenken, tatsächlich nochmal neutrale Kontrollinstanzen einzurichten", sagt Dogruel.
Eine öffentliche oder staatliche Medienförderung könnte auch ein Motor für journalistische Innovationen sein, hofft die Medienwissenschaftlerin. Sie denke dabei daran, die Mittel für wirkliche Projektförderung, Coaching von Teams oder die stärkere Nutzung technischer Möglichkeiten einzusetzen, erläutert Dogruel.
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