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Sarah Michaela Orlovsky
"Jede Emotion ist absolut, das finde ich so toll an Kindern"

"Es ist Luxus, einen Beruf zu haben, wo man sich in die Köpfe von Kindern hineindenken kann", sagt die österreichische Kinderbuch-Autorin Sarah Michaela Orlovsky im DLF-Gespräch. Sie probiere Geschichten zu schreiben, so wie sie Kinder wohl selbst schreiben würden, wenn sie schon schreiben könnten.

Sarah Michaela Orlovsky im Gespräch mit Ute Wegmann | 13.06.2015
    Ein Buch fächerartig aufgeschlagen
    Ein Buch fächerartig aufgeschlagen (imago/Mint Images)
    Ute Wegmann: Wir sagen Junge, sie sagt Bub. Wir sagen Schleife, sie sagt Masche. Wir sagen Abitur, sie sagt Matura. Nach ihrer ersten Lesereise durch Deutschland stellte sie fest: "Was uns trennt, ist die gemeinsame Sprache!"
    Sarah Michaela Orlovsky ist 1984 in Oberösterreich geboren, in den letzten beiden Jahren mit vielen Preisen und Stipendien bedacht. Diesem Satz, den Sie gesagt hat, muss ich jedoch ein entschiedenes Nein entgegenrufen, denn selten bin ich Kinderbuchfiguren so nah gekommen wie in dem Roman "Tomaten mögen keinen Regen" und auch in den kurzen Geschichten zu "Valentin", dem Urlaubsheld oder dem sechjährigen Mädchen Jana, mit der wir Alltägliches erleben.
    Frau Orlovsky, in Ihrer Biografie findet man wenig zu Studienfächern oder Abschlüssen, stattdessen heißt es: Sie haben Ihr Notizbuch gefüllt. Und zwar in Zambia, Armenien, Äthiopien, der Slowakei und Rwanda. Andere junge Menschen fahren nach Australien oder Neuseeland. Was hat Sie in diese Länder geführt?
    Sarah Michaela Orlovsky: Ich hab gar nicht geplant, wegzugehen. Aber ein Freund von mir, der immer sehr introviert war, hat in Lateinamerika in einem Straßenkinderprojekt mitgearbeitet. Als er zurückkam, hat er zuerst alle umarmt, in die Wangen gekniffen und strahlend erzählt, was er gemacht hat, dass ich gedacht habe: Das muss so eine tolle Erfahrung gewesen sein, wenn ihn das so verändert hat, das möchte ich probieren. So bin ich nach Zambia, hab dort ein Jahr lang in einem Waisenheim gearbeitet, mit einer NGO, als Volontärin.
    Malaria hab ich nicht bekommen, aber das Reisefieber hat mich gepackt. Es ist aber nicht das Reisen, sondern das Eintauchen in eine neue Gesellschaft, in eine neue Umgebung, mit Menschen, die einem vertraut werden. Und so sind es immer Sozialprojekte geblieben.
    Wegmann: Und immer mit Kindern?
    Orlovsky: Ja, das zieht sich durch mein Leben. Ich hab die Ausbildung als Kindergärtnerin und Horterzieherin gemacht, ich hab Germanistik studiert und nach den Pflichtveranstaltungen mich sofort auf Kinder- und Jugendliteratur spezialisiert. Ich hab die Deutsch-als-Fremdsprache-Trainerin gemacht und dort nur Kinderkurse versucht zu bekommen. Also irgendwie bleibt es bei Kindern und Jugendlichen.
    Wegmann: Was findet man denn in Ihrem Notizblock in erster Linie?
    Orlovsky: Da findet man ganz viele Ausschnitte aus Gratiszeitungen, die man in der U-Bahn kriegt, die sind nicht qualitativ hochwertig und ich schäm mich auch immer ein bisschen, wenn jemand sieht, dass ich die nehme. Aber da stehen Geschichten drin, die kann man sich selber nicht ausdenken, weil sie so kurios sind. Und da schneid ich mir dann die lustigsten aus, kleb sie ins Notizbuch und dann werden Bücher draus.
    Wegmann: Sie arbeiten aber auch in einem Jugendzentrum. Oder haben Sie das aufgegeben?
    Orlovsky: Ich bin in Karenz bis mein Sohn ein Jahr alt ist, dann steig ich wieder ein.
    Wegmann: Und die Literatur ist sozusagen Ihr zweites Standbein?
    Orlovsky: Ja, genau. 75 Prozent arbeite ich im Jugendzentrum, und theoretisch würde ich 25 Prozent schreiben, wie es genau ist, hab ich nicht ausgerechnet,aber finanziell ist es nur so möglich.
    Wegmann: "Wenn du ins Gras gebissen hast, dann hoffe, dass dein Sarg dir passt."
    Palindrom-Gedichte, veröffentlicht in der Lyrik-Anthologie von Hans-Joachim Gelberg: Wo kommen die Worte her? Dort las ich Ihren Namen zum ersten Mal im Jahr 2011. "Herr Mozart weint ins Telefon: 'Ich bin in Not, mir fehlt ein Ton.'"
    Das Spiel mit der Sprache finden wir auf der einen Seite, aber es gibt dort auch ein anderes Gedicht: Wir hören jetzt: "Narek und ich".
    LESUNG
    Wegmann: Narek hört und sieht nichts. Narek ist behindert. Narek fühlt dennoch Nähe und Zuneigung. Narek freut sich über die Zuwendung. Brauchen Sie die Begegnung mit einer realen Situationen, einen Impuls aus der Wirklichkeit, um zu einer literarischen Form zu finden?
    Orlovsky: Eher andersherum: Ich brauch das Schreiben, um mit der Wirklichkeit zurecht zukommen, um das was ich sehe, zu reflektieren. Ich hab früher minutiös Tagebuch geschrieben. Und hab dann gelernt, meine Emotionen in literarische Texte umzuwandeln, was mehr Spaß macht, weil es weniger minutös sein muss. Und jetzt schreib ich kein Tagebuch mehr, ich hab wohl nur ein gewisses Pensum an schriftstellerischem Potential pro Tag, die nutze ich jetzt für Geschichten.
    Wegmann: Das Gedicht, woher kommt das?
    Orlovsky: Ich war in Armenien und hab dort in einem Heim für Kinder mit schweren Behinderungen gearbeitet und diese Babies sind so schwer krank, und oder behindert, dass sie oft das zweite Lebensjahr nicht erleben. Zuerst dachte ich, ich komm damit gar nicht zurecht, aber es sind kleine Engel, sagen die Schwestern, die das Waisenheim leiten, und sie haben recht. Sie haben etwas Engelhaftes. Und Narek gibt es . Ob es ihn noch gibt, weiß ich nicht, ich hab nicht nachgefragt. Ich möchte ihn so in Erinnerung behalten.
    Er konnte nicht sehen und nicht hören, aber er hat so stark auf Berührungen und Kitzelspiele reagiert, dass er so lachen konnte. Und ich wusste nicht, dass blinde Augen auch strahlen können. Das war sehr schön.
    Hans-Joachim Gelberg wollte ein Gedicht von mir. Die, die ich ihm geschickt hatte, haben ihm nicht alle gefallen. Und dann hat er die automatische Antwort bekommen, dass ich in Armenien bin. Und dann schrieb er. Sowas fehlt ihm noch.Er hättw gern was über Armenien und Genozid und über die behinderten Kinder, mit denen ich arbeite. Genau, dachte ich und das im Gedicht. Aber beim Füttern war das Gedicht auf einmal da, und es ist auch für mich ein besonderes Gedicht.
    Wegmann: Um Behinderung in unterschiedlichen Ausprägungen geht es auch in dem Buch "Tomaten mögen keinen Regen". Ein außerordentlicher Roman, erzählt aus der Perspektive, der Innensicht eines stummen Jungen, Hovanes, der mit vier anderen Kindern unterschiedlichen Alters, die ebenfalls behindert sind – Rollstuhl, Trisomie 21 - und zwei Schwestern in einem katholischen Waisenhaus lebt. Der Haupterzählstrang ist auf zwei Ebenen angelegt: In kurzen Passagen erleben wir den Jungen, der sich schuldig fühlt für etwas Schlimmes, das geschehen ist, ein Unfall, von dem wir erst viel später erfahren, wie er sich zugetragen hat. Diese Spannung liegt über der Erzählung, die zu dem Ereignis hinführt und irgendwann beide Ebenen zusammenlaufen. Darüber hinaus gibt es eine Parallelhandlung, eine junge Reporterin, die über Behinderte schreiben möchte, sie dokumentiert den Blick von außen auf die Waisenhauswelt. Jedes dieser Kinder lebt in einem eigenen Kosmos. "Wir sind, wie wir sind" – für mich der Schlüsselsatz. War das Hauptanliegen für diese Geschichte?
    Orlovsky: Definitiv. Ich hab mit diesen Kindern und Jugendlichen mit speziellen Bedürfnissen drei Monate lang gearbeitet. Und mein Mann und ich waren für das Freizeitprogramm zuständig. Da haben sich plötzlich so viele Fragen aufgetan: Was ist denn normal? Die sind jeden Tag ihres Lebens aufgewacht mit der Normalität, besonders zu sein.
    Normal ist meistens die Mehrheit, aber die waren 18, wir waren 2. Die waren viel normaler, das alles hat sich für mich auf den Kopf gestellt. Und dann dachte ich: Wie denken die? Und hab das Gedankenexperiment gewagt, mich in den Kopf des jungen Mannes hineinzudenken, der auf eine besondere Weise kommuniziert.
    Wegmann: Es gelingt Ihnen so geschickt, uns in die Welt des 14-jährigen Hovanes zu führen, seinen Alltag zu zeigen, die Dinge, die er liebt wie das Gärtnern, die Dinge, die er hasst, zum Beispiel Sirups immer lautes Auftreten und seine Tölpelhaftigkeit, aber auch die Bevormundung durch die Schwestern und dass Gott nie antwortet. Beim ersten Lesen ist mir erst ganz spät aufgefallen, dass er nicht spricht, so nah haben Sie uns literarisch an diese Figur herangeführt. Hatten Sie für die Figur, die sie brillant mit ihren Ängsten, Nöten, aber auch Wünschen zeigen, ein Vorbild?
    Orlovsky: Ja, da war ein junger Mann, der anders kommunizierte als wir anderen. Er hat sogar übersetzt zwischen Leuten, die keine gemeinsame Sprache hatten, denn seine selbst erarbeitete Zeichensprache war übernational. Das hat mich beeindruckt. Und dann dachte ich: Okay, wenn er seine Gedanken aufschreiben könnte, dann wären das vielleicht die gleichen Gedanken wie in meinem Kopf. Vielleicht würden wir gar nicht merken, wenn wir in seinem Hirn säßen, dass seine Umwelt ihn als behindert sieht, weil wir uns in seinen Gedanken wiederfinden würden. Und das wollte ich ausprobieren.
    Wegmann: Glauben Sie, dass Sie das Buch so hätten schreiben können, ohne die Erfahrungen?
    Orlovsky: Ich glaube, dass man gar nichts ohne einen Anklang aus der Wirklichkeit schreiben kann, dass man nichts schreiben kann, was man nicht zumindest ähnlich schon mal empfunden hat, nicht erlebt, aber empfunden von der Grundemotion. Bei mir bleiben Dinge hängen, die ich sehe. Manchmal sagen Leute: Das hast du dir ausgedacht. Aber das Gesehene hat die Idee hervorgerufen. So ist es eigentlich immer.
    Wegmann: Wir hören einen Auszug aus: "Tomaten mögen keinen Regen." Es liest Sarah Michaela Orlovsky.
    LESUNG
    Wegmann: Neben der Selbstwahrnehmung als "normal" geht es um das Gefühl, geliebt zu werden. Für jemanden wichtig zu sein. Der Roman ist geprägt von einzigartiger Menschlichkeit und zeigt, dass allein die Liebe und das Miteinander, das Wichtigsein für die Gemeinschaft, den Menschen mit dem Leben versöhnen können. Inwiefern spielt Religion dabei eine Rolle? Wir befinden uns im katholischen. Waisenhaus, es gibt die Schwestern, Hovanes Hadern mit Gott. Spielt Religion eine Rolle?
    Orlovsky: Das wurde ich auch gefragt, als ich den Evangelischen Buchpreis bekommen habe. Ja, Religion spielt eine Rolle, aus zwei Gründen. Erstens sind viele Instituionen in sogenannten Entwicklungsländern von religiösen Organisationen getragen. Deshalb hat es für mich Sinn gemacht, diese fünf Jugendlichen mit den Schwestern leben zu lassen. Und Hovanes ist 14, er ist in einer Zeit des Wandels, er will herausfinden, was ihn ausmacht als Persönlichkeit. So geht es allen mit 14. Was macht mich denn aus? Meine Stärken, meine Schwächen, meine Sexualität und das ist auch meine Spiritualität. Und in jedem Jugendroman kommt mehr oder weniger Sex vor, aber leider und das ist schade, selten die Suche nach der Spiritualität. Und diese Suche hört nie auf, aber sie spielt vor allem auch in der Pubertät eine wichtige Rolle.
    Wegmann: Ein weiteres wichtiges Thema: Eine Aufgabe zu haben. Hovanes kümmert sich um die Tomaten und um die Kaninchen.
    Orlovsky: Für Hovanes ist es wichtig, weil es sein Rahmen ist. In der Welt draußen mit all den Eindrücken wäre er verloren. Er ist schon von Sirups Hyperaktivität genervt, also braucht er seine Tomaten und seine Aufgaben, die geben ihm eine Tagesstruktur, Halt und einen Bereich, in dem er Spezialist sein kann, wo er seine Kompetenzen ausleben kann. Man könnte Alltag so gestalten, dass man hauptsächlich die Kompetenzen von Menschen anspricht, die ja ganz vielfältig sind, und dann wären wir vielleicht alle miteinander ein Stück glücklicher.
    Wegmann: "Valentin, der Urlaubsheld" – ein völlig anderes Buch, eine Kindergeschichte in 11 Kapiteln, stark bebildert mit Illustrationen von Michael Roher, über den Zusammenprall von Vorfreude und Erwartungen, der Wirklichkeit und dem kindlichen Selbstverständnis. Valentin erwartet sehnsüchtig die Ferien. Mit den Eltern nach Griechenland. Das Größte. Aus seiner Perspektive erleben wir Höhen und Tiefen eines Sommerurlaubs mit den Eltern: die fade und die aufregende Seite, die sich jedoch den Eltern gänzlich verschließt. Dazu gehören ein freilaufender Hund, Verbotenes tun, einen künstlerisch begabten Griechenjungen kennenlernen und mit ihm eine fremde Lebenswirklichkeit mit einem Ziegen züchtenden und Wildkräuter sammelnden Vater.
    Sie zeigen uns, wie oft und wie stark Eltern und Kinder mit ihren Wünschen und Vorstellungen nebeneinander herleben, und dass es zwangsläufig zu Diskrepanzen und tiefen Enttäuschungen kommen muss. Und hier haben wir eine Parallele zu Ihrem Roman, denn das innere Leid entsteht dort, wo man das eigene Bedürfnis nicht kommunizieren kann. Hovanes kann nicht sprechen. Valentin ist zu jung, ihm fehlen die Worte, die Möglichkeiten.
    Sind Ihre Bücher immer auch Geschichten über Sprachlosigkeit?
    Orlovsky: Die Frage hab ich mir noch nie gestellt. Danke für Ihre Beobachtung. Ich glaub, das werde ich jetzt immer sagen, wenn ich gefragt werde, warum ich für Kinder schreibe und nicht für Erwachsene. Bis jetzt hab ich immer gesagt: Geschichten für Erwachsene interessieren mich nicht, vielleicht muss ich selbst erst Erwachsener werden, um Zugang dazu zu finden. Spannend finde ich, dass Kinder sehr gerne lesen, selbst aber die Geschichten nicht schreiben könnten, dass sie Erwachsene brauchen, die so tun, als könnten sie sich genau erinnern, wie das so war als Kind.
    Ich kann ja auch nie ein Kind nach dem Aufbau eines Buches fragen, das kann ich wieder nur mit Erwachsenen besprechen. Die Reaktion von Kindern kann ich nur beim Vorlesen abrufen. Eigentlich ist es ein Luxus einen Beruf zu haben, wo man sich in die Köpfe von Kindern hineindenken kann, wo man probieren kann, ihre Geschichten zu schreiben, die sie vielleicht selbst schreiben würden, wenn sie schreiben könnten. Und ich hoffe, dass ich Ihnen gerecht werden kann. Das ist mein größtes Ziel. Und dann sind sie nicht mehr sprachlos, dann haben sie Geschichten, die etwas von ihrer Lebenswelt in Sprache verpackt haben.
    Wegmann: Auf der Illustrationsebene gelingt das Michael Roher, der Meister des charmant witzigen Details. Er hat Valentin und seinen Eltern mit seinen Schwarz-weiß-Illustrationen ein Gesicht gegeben. Jedes Kapitel endet mit einer Art einseitigem Comicstrip. Jedes Bild bringt Heiterkeit in die Situationen. Aber Heiterkeit durchzieht ohnehin Ihre Geschichten. Nie aufdringlich. Nie zu laut. In richtigem Maß spürt man Ihren optimistischen, augenzwinkernden Blick auf die Welt. Humor, hat John Irving gesagt, kann man nicht erlernen. Können Sie ermessen, woher Ihr Humor kommt?
    Orlovsky: Vielleicht aus der Familie. Wenn mein bester Freund mich besucht hat, als ich 15 war, durfte er nicht ins Haus, bevor er nicht meinem Vater einen Witz erzählt hatte, den er noch nicht kannte. Es dürfte in der Familiengeschichte liegen. Vielleicht ist es auch der Wiener Schmäh. Der Österreicher hat etwas Schwarzhumoriges. Und es ist meine persönliche Sicht auf die Welt. Das ist mein Bedürfnis, mit dem ich auf die Welt gekommen bin.
    Wegmann: Das neue Buch heißt "Geschichten von Jana", mit Bildern von Nina Kappacher. "Wie tot ist man, wenn man stirbt"/"Flohmarkt"/"Schulanfang"/"Alt werden"/Rülpsen ist ein Kreisverkehr" – fünf- bis siebenseitige Alltagsgeschichten, erzählt aus der Perspektive der sechsjährigen Jana. Zum Beispiel in "Flohmarkt" soll Jana Spielsachen aussortieren, mit denen sie nicht mehr spielt, aber sie gehören doch zu ihrem Leben, denkt sie. Auch hier stehen Sie immer auf der Seite des Kindes, das sich oft der wohlwollenden, aber dennoch bestimmenden und zuweilen verletzenden Autorität der Erwachsenen nicht entziehen kann. Ein Thema, das sich durch ihr Werk zieht: Die Macht der Erwachsenen auf die Kinder.
    Orlovsky: Als Kind hat man ja nur begrenzt Möglichkeiten, sich auszudrücken, und wenn man sich ausdrücken kann, kann man sich immer noch nicht durchsetzen. Es ist eine Geschichte der Frustration, bis man jugendlich wird und ordentlich auf die Pauke haut. Das bringt immer noch nichts. Ich finde es schön, Kinder ernst zu nehmen. Leid ist, glaube ich, subjektiv. Und Kinderleid ist noch subjektiver. Jedes Leid, jede Emotion ist absolut und das finde ich so toll an Kindern. Und das soll Platz in Geschichten haben, daran hab ich Freude.
    Wegmann: Aber es ist auch eine Freundschaftsgeschichte.
    Orlovsky: Auf jeden Fall.
    Wegmann: Und die kurzen Geschichten sind miteinander verbunden.
    Orlovsky: Natürlich braucht man einen besten Freund, das ist für Jana Sebastian. Gemeinsam gehen wir mit ihnen durch dieses Buch.
    Wegmann: Herzlichen Dank Sarah Michaela Orlovsky.
    Besprochene Bücher:
    Tomaten mögen keinen Regen, 176 Seiten, Dom-Verlag ab 12
    Valentin, der Urlaubsheld, Bilder von Michael Roher, 124 Seiten, Picus Verlag
    Geschichten von Jana, Bilder von Nadine Kappacher, 92 Seiten, Tyrolia Verlag
    Narek und ich, aus: Wo kommen die Worte her? , hrsg. von Hans-Joachim Gelberg, 262 Seiten, Verlag Beltz & Gelberg