Maxim Biller im Gespräch

"Mich interessiert die Lüge einfach"

09:47 Minuten
Porträt von Maxim Biller.
In seinem neuen Buch "Sieben Versuche zu lieben" sammelt Maxim Biller seine Familiengeschichten. © Getty Images / Thomas Lohnes
Maxim Biller im Gespräch mit Gesa Ufer · 07.05.2020
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Der Schriftsteller Maxim Biller hat sich wieder dem Thema gewidmet, mit dem er für den deutschen Buchpreis nominiert wurde, der Familie. "Sieben Versuche zu lieben" klingt zart, kann aber auch hart zuschlagen.
Der Schriftsteller Maxim Biller kam 1970 als Zehnjähriger nach der Niederschlagung des Prager Frühlings mit seiner russisch-jüdischen Familie in die Bundesrepublik Deutschland. Später wurde er mit seinen Kolumnen für die Zeitschrift "Tempo", die den programmatischen Titel "100 Zeilen Hass" trugen, einer breiteren Öffentlichkeit bekannt.
Es folgten zahlreiche Romane, Erzählungen, zuletzt die berührende Familiengeschichte "Sechs Koffer", die 2018 für den Deutschen Buchpreis nominiert war. Jetzt erscheint der Band "Sieben Versuche zu lieben", der Familiengeschichten aus den Jahren 1990 bis 2007 vereint. Ein Thema, das ihn nicht loszulassen scheint.

Familie lässt niemanden los

Maxim Biller ist der Ansicht, dass dieses Thema niemanden loslässt. Es sei einfach nur die Frage, wie viel man als Schriftsteller über die eigenen Gedanken zur Familie preisgeben will. Doch wenn man ein bisschen Glück habe, werde durch das Schreiben über dieses Verhältnis alles ein bisschen klarer.
Dabei sei es völlig egal, ob es eine tamilische, eine jüdische, oder eine deutsche Familie ist, sagt Biller: "Die werden immer irgendwie anders sein. Und das ist das Aufregende, das mich beim Schreiben beschäftigt. Immer die Fragen: Wer hat es getan? Wo ist das Geheimnis? Und das versucht man beim Schreiben herauszufinden. Und da ist natürlich Familie, zynisch gesagt ein dankbares Thema. Aber wenn man das wirklich ganz menschlich sagt, dann ist es wirklich etwas, was einen bis zu seinem Lebensende begleitet."

Innere Versöhnung mit den Eltern

Der Blick auf seine eigene Familie habe sich über die Zeit auch geändert. In den letzten Jahren seien beide Eltern gestorben und nun sei er selbst seinem Vater, mit dem er große Konflikte gehabt habe, nicht mehr böse. Stattdessen könne er einfach das Gute sehen und auch erkennen, welche Kämpfe seine Eltern in ihren Leben geführt hätten.
Wovon sein nächstes Werk erzählen werde, kann Biller noch nicht sagen:
"Kein Schriftsteller, der ernsthaft ist, kann sagen, was er morgen schreiben wird. Der ist halt nur froh, dass er die alten Sachen wenigstens irgendwie halbwegs hinbekommen hat. Es gibt ja parallel noch viele andere Stränge in meinem Schreiben. Mich interessiert zum Beispiel sehr stark der Schriftsteller als Figur, als Charakter. Der taucht auch immer wieder auf, man hätte also genauso einen Sammelband mit Schriftsteller-Geschichten machen können. Mich interessiert die Lüge einfach. Die Lüge, das Geheimnis, das nicht mit Familie verbunden ist. Im Moment interessiert mich Familie nicht. Und das, was ich im Moment mache, hat damit nichts zu tun."

Maxim Biller: "Sieben Versuche zu lieben"
Verlag Kiepenheuer und Witsch
368 Seiten, 22 Euro.

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