Max Prosa: "Mit anderen Augen"

"Es gibt schlimmere Vergleiche als mit Bob Dylan"

10:57 Minuten
Max Prosa spielt Gitarre auf einer Bühne.
Längere Bögen schlagen: Max Prosa bei einem Konzert in Erfurt. © Imago/xM.xKremerx/xFuturexImage
Max Prosa im Gespräch mit Mathias Mauersberger · 26.07.2019
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Der Berliner Songwriter Max Prosa hat sein neues Album per Crowdfunding finanziert. Im Interview verrät er, warum er sich von seiner Plattenfirma getrennt hat und welchen Einfluss Spiritualität und Familie auf ihn haben.
Mathias Mauersberger: Max Prosa heißt eigentlich Max Podeschwig, wuchs in Berlin auf, wurde zumindest früher gerne mal mit Bob Dylan verglichen, vielleicht wegen seines leicht vernuschelten Gesangs, vielleicht wegen der Lockenfrisur, vielleicht auch wegen der Mundharmonika, die er zumindest früher gerne zur akustischen Gitarre spielte.
Auf seinem neuen Album ist jetzt aber einiges anders bei Max Prosa. Ihr neues Album heißt "Mit anderen Augen", und es scheint tatsächlich ja einiges passiert zu sein in Ihrem Leben, in Ihrer Karriere. Sie haben sich von Ihrer Plattenfirma getrennt oder die Plattenfirma von Ihnen – was da genau gelaufen ist, können Sie uns ja erzählen –, aber inwiefern war das für Sie jetzt wichtig? War das ein künstlerischer Befreiungsschlag?
Max Prosa: Ja, auf jeden Fall. Ich konnte dieses Album durch ein Crowdfunding realisieren, und das war ein direkter Weg von mir zu den Leuten, die es hören. Ich habe ein bisschen Mut gebraucht, um das auch so umzusetzen, weil es war so ein Weg, der mir vorher nicht klar war, und dann bin ich aber jetzt so froh darum, denn es ist wirklich ein sehr direkter Weg. Die Leute konnten teilhaben. Ich konnte das genau so machen, wie ich wollte. Es gab niemanden, mit dem ich Rücksprache halten musste, ob das jetzt in irgendwelche Formate passt oder so.
Mauersberger: Crowdfunding, das bedeutet, dass die Fans an Sie spenden konnten und die Produktion bezahlt haben.
Prosa: Genau, sie haben praktisch im Vorhinein das Vertrauen mit geschenkt, dass das ein gutes Album wird. Dann gab es verschiedene Dinge, die man da mitbestellen konnte, entweder man hat das Album dann zugeschickt bekommen, jetzt, wenn es dann fertig ist, oder Album und Bonus-CD oder was weiß ich, ganz viele verschiedene Optionen. Aber das Wichtige war, dass es im Vorhinein passiert ist, damit ich dieses Album machen kann.

Überrascht von der positiven Reaktion

Mauersberger: Wie viel Geld haben Sie da ungefähr eingenommen, darf man darüber sprechen?
Prosa: 23.000 Euro waren es.
Mauersberger: Hat Sie das überrascht, dass die Reaktionen so gut waren?
Prosa: Dass das alles so funktioniert hat, hat mich schon positiv überrascht. Irgendwie ist es auch für die Leute so schön, dann bei diesem Prozess dabei zu sein, dass die Leute nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden, sondern dass sie dabei sein können und das mitfühlen können, was gerade passiert.
Mauersberger: Und Sie waren bislang bei einer großen Plattenfirma, einer der größten Plattenfirmen in Deutschland, vielleicht sogar auch weltweit. Was hat Sie da genau gestört, wieso wollten Sie da weg?
Prosa: Ich habe drei Alben mit denen gemacht, dann war der Vertrag zu Ende, und hätte ich jetzt wieder eins machen wollen, dann hätte ich denen schreiben müssen und irgendwas hinstellen müssen, wovon die gedacht hätten, das lässt sich gut verkaufen oder das passt in die und die Formate. Allein dieser ganze Prozess, der war mir schon nicht recht, weil ich eine Idee von dem Album hatte, und die wollte ich so umsetzen, und ich wollte das nicht mit jemandem besprechen.

"Am Klavier kommt man auf andere Ideen"

Mauersberger: Sie haben jetzt einiges verändert auf dem Album, unter anderem haben Sie auch die Songs zum Teil nicht mehr auf der Gitarre geschrieben, sondern am Klavier. Wie hat sich das denn auf die Songs ausgewirkt?
Prosa: Das sind so Gewohnheiten. Komponieren, das ist ja auch letztendlich eine Gewohnheit, welche Wege gehen die Finger auf der Gitarre, und durch ein anderes Instrument werden die so ein bisschen aufgebrochen, und es entstehen andere Harmoniken zum Teil durch Zufall. Dann geht man da einen Schritt weiter, und diese Tasten, das ist ganz anders aufgebaut, und dadurch …
Mauersberger: Und man kommt auf andere Ideen.
Prosa: Man kommt auf andere Ideen, man geht auf anderen Pfaden, und für mich war es praktisch so einfach interessant zu schauen, was passiert dort, und dann ist es diesmal das Klavier gewesen.
Mauersberger: In Ihrem Song "Die Suche" ist von der "Suche nach einem höheren Glück" die Rede. In einem anderen geht es um Babylon, eine alte biblische Stadt. Sind Sie ein religiöser Mensch oder spielt Spiritualität für Sie eine Rolle?
Prosa: Ja, das auf jeden Fall, Spiritualität, und diese Suche nach dem höheren Glück, auch nach der Tiefe, nach einem Glück, was bleibt. Irgendwie ist unsere Welt so bestimmt von Emotionen und Smileys und Herzen und allem möglichen, aber das höhere Glück, das darunterliegt, danach suche ich, und das finde ich in Liedern oder beschreibt das, was ich mache. Ich fange mit diesem Song so gerne an, wenn ich ein Konzert beginne und das spiele, dann, denke ich, wissen die Leute, was ich mache, worum es mir geht.

Durch Kinderaugen auf die Welt schauen

Mauersberger: Und Sie haben jetzt eben die Smileys angesprochen, die Emoticons, die man ja in den sozialen Medien oft findet. Hadern Sie ein wenig mit dieser modernen Welt?
Prosa: Ja, also für mich unterscheidet sich Emotion und Gefühl, weil Emotion ist immer sowas sehr Kurzlebiges, und Gefühle, diese Narrative, diese längeren Dinge oder eine Stimmung, aus der etwas kommt. Danach suche ich, und das finde ich so selten in der Zeit jetzt. Ich will mit diesem Album auch einen Teil dazu beitragen, dass das passiert, dass diese längeren Bögen wieder geschlagen werden, dass das Narrative wieder in unsere Welt Einzug nimmt.
Mauersberger: Sie haben vorhin erzählt, dass Sie in Berlin-Neukölln wohnen, einem Viertel von Berlin, das ja sehr multikulturell geprägt ist, Sie haben selbst Familie. Wie kriegen Sie diese beiden Bereiche unter einen Hut, das Dasein als Musiker, der viel auf Tour geht, der viel unterwegs ist, und dann auf der anderen Seite die Beziehung und Kinder?
Prosa: Ich habe das einfach nie so infrage gestellt. Ich meine, das Leben, das verändert uns, immer mal sind wir andere an verschiedenen Punkten durch verschiedene Faktoren, und ich sehe das nicht als Konkurrenz. Viel davon, von der Familie und von Kindern inspiriert mich. Das Album heißt "Mit anderen Augen", mit anderen Augen auf die Welt gucken. Das schaffen Kinder wahnsinnig gut, besser vielleicht als viele andere oder sind überhaupt die anderen Augen, die man haben kann im Leben.
Mauersberger: Was sagen Ihre Kinder zu Ihrer Musik?
Prosa: Die sagen, dass Papa singt, und das allein schon ist so ein besonderer Blick da drauf in dieser Konstellation, in dieser Art von Beziehung, in der wir stehen.

"Reisender zwischen den Welten"

Mauersberger: 2012 ist Ihr Debutalbum erschienen. Da wurden Sie öfters als die deutsche Antwort auf Bob Dylan bezeichnet. Es gibt tatsächlich, finde ich, eine stimmliche und auch vielleicht eine optische Ähnlichkeit. Trotzdem, hat Sie das genervt, so schnell in eine Schublade gepackt zu werden oder war das für Sie eine Ehre?
Prosa: Es hat mich irgendwann genervt damals, weil es dann wirklich einfach immer vorkam und in jedem Interview, in jeder Frage. Kurze Zeit später bin ich drauf gekommen, dass es eigentlich der beste Vergleich ist, den ich mir wünschen könnte, weil gerade Bob Dylan ja durch seine Geschichten so viel in die Welt gebracht hat, so viel, was ich mir wünschen würde, auf andere Art, auf meine Art in die Welt zu bringen, was ich auch machen. Das ist deswegen eigentlich der beste Vergleich, den es gibt. Als ich das dann begriffen habe, war ich dann nicht mehr böse und bin jetzt nicht mehr böse.
Mauersberger: Es gibt ja auch schlimmere Vergleiche als jetzt mit dem großen Bob Dylan verglichen zu werden.
Prosa: Ja, eben. Ich meine, da kann man sich echt nicht beschweren.
Mauersberger: Im englischsprachigen Raum würde man Sie ja wahrscheinlich einen Songwriter nennen, in Frankreich gibt es die Tradition des Chansonniers. In Deutschland sagt man dann Liedermacher, das hat aber direkt so einen Beigeschmack von Alt-68ern vielleicht. Als was sehen Sie sich selber?
Prosa: Ich sehe mich so ein bisschen als so einen Reisenden zwischen den Welten, weil tatsächlich kann ich auch mit der Akustikgitarre ein Konzert bestreiten, und das mache ich auch viel. Im letzten Jahr habe ich dieses Gedichtbuch rausgebracht, da war ich alleine auf Tour mit einer Lesung, und dann habe ich diese ganzen Konzerte so im Liedermacherstil gespielt, Akustikgitarre und Klavier und Stimme. Gleichzeitig habe ich aber auch diese Begeisterung für Arrangements und für Bands, und das kommt jetzt auf dem Album zum Tragen.
Ich schätze mich sehr glücklich, dass ich auch diese verschiedenen Welten kenne. Da gibt es nicht so viele, die das alles durchwandern können, die Liedermacherfestivals auch neben den anderen Festivals, den, sagen wir mal, Popfestivals, die früher waren, und Weltmusik. Es gibt so viele Möglichkeiten für mich, diese Musik zu zeigen.
Mauersberger: Was ist Ihnen am liebsten, alleine mit Gitarre oder mit großer Band und am Klavier?
Prosa: Immer das, was man nicht hat. Jetzt war gerade alleine mit Gitarre, jetzt wäre es mir oder ist es mir am liebsten, mit Band auf der Bühne zu stehen.

Max Prosa: "Mit neuen Augen"
Prosa Records (Tonpool) 2019
Website: www.maxprosa.de

Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandfunk Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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