Matias Faldbakken: "The Hills"

Leicht, selbstverständlich und durchdacht

Buchcover: Matias Faldbakken The Hills
So nostalgisch wie intelligent: "The Hills" von Matias Faldbakken © Imago / Christian Thiel / Verlagsgruppe Random House GmbH
Von Peter Urban-Halle · 24.09.2018
Zehn Jahre nach seinem letzten Roman "Unfun" zeigt sich der Norweger Matias Faldbakken von einer ganz neuen Seite: Ein altgedienter Kellner schildert eine Welt und ihre Regeln, die vom Untergang bedroht sind. Nostalgisch, ironisch, unterhaltsam.
Zehn Jahre mussten die Fans von Faldbakkens rüder "Misanthropen-Trilogie" ("The Cocka Hola Company", "Macht und Rebel", "Unfun") auf ein neues Buch warten, es war wie vor einigen Jahren bei Peter Høeg, nur dass Matias Faldbakken nicht verschwunden war, sondern als bildender Künstler immer im Licht der Öffentlichkeit stand.
Jetzt ist er da, der heiß erwartete Roman, der Titel klingt nach amerikanischer Fernsehserie. Doch die Fans werden womöglich enttäuscht sein. Denn plötzlich verzichtet der Autor auf vulgäres Vokabular und schockierende Handlung. Er wird die Freunde des Schocks schockieren: Denn Faldbakken feiert den guten Ton.

Stolz und Unauffälligkeit

Der ganze Roman spielt praktisch an einem Ort, im traditionsreichen, aber wohl fiktiven Osloer Restaurant "The Hills". Erzählt wird aus der Sicht des Kellners, einer Figur, die Faldbakken famos bis in alle Verästelungen ihres Wesens und Charakters beschreibt. Den altgedienten Kellner zeichnen zwei Eigenschaften aus, die im Grunde unvereinbar sind: Stolz und Unauffälligkeit. Zwar ist er meistens informiert, aber diskret, er versucht ein Pokerface aufzusetzen, weiß aber, dass er ein sogenanntes "Nervengesicht" hat, weil er ein "Hochsensibler" ist.
Deshalb "nervt" ihn alles, was laut, grell und bunt ist. Er sehnt sich nach der Zeit zurück, in der von den Gästen kein Handygedudel, sondern nur Zeitungsgeblätter zu hören war. Die Nostalgie des Kellners ist mal anheimelnd, mal elitär – dass seine Zeit zu Ende ist, bemerkt er teils verbittert, teils resigniert: "Sich seitenraschelnd durch eine Vollformatzeitung zu arbeiten, ist eine Aktivität, die aus ästhetischer Sicht (...) aus einer andern Zeit stammt. Völlig passé, vorbei."

Unterhaltsame Reflexionen über Phänomene unseres Alltags

Man kann den Roman auch als eine Sammlung durchdachter, aber gleichzeitig ungemein unterhaltsamer Reflexionen über Phänomene unseres Alltags lesen. Und gleichzeitig liefert Faldbakken eine Reihe verschiedenster Menschentypen, darunter einerseits den sarkastischen Edgar, einen guten Bekannten, der zu allem eine Meinung hat, und andererseits eine sensationell attraktive "Kindfrau", die alle scheinbar festen Regeln durcheinanderwirbelt.
Der Roman hat fünf Teile, so viele, wie ich ihm Sterne geben würde – so leicht, selbstverständlich und gleichzeitig durchdacht und intelligent ist er geschrieben. Die Lektüre: eine helle Freude!

Matias Faldbakken: The Hills
Aus dem Norwegischen von Maximilian Stadler
Heyne Encore, München 2018
238 Seiten, 22 Euro

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