Maskit auf der Fashion Week Tel Aviv

Rückkehr eines legendären Modelabels

Ein Model präsentiert am 25.3.2014 eine Kreation des Labels Maskit während einer Modenschau im Israel-Museum in Jerusalem.
Ein Model präsentiert eine Kreation des Labels Maskit während einer Modenschau im Israel-Museum in Jerusalem. © AFP / Menahem Kanaha
Von Evelyn Bartolmai · 30.10.2015
Bei Produkten aus Israel denkt man bisher kaum an Mode. Doch das kann sich bald ändern. Die junge Designerin Sharon Tal hat das Traditionslabel Maskit wiederbelebt. Für ihre Kollektion "Das Salz der Erde" bekam sie bei der Fashion Week Tel Aviv stürmischen Applaus.
Stürmischen Applaus gab es für die 20 Mannequins, die am Ende der Show noch einmal gemeinsam zum Finale auf den Laufsteg kamen. Und geklatscht wurde beileibe nicht nur für die faszinierenden Kleider, Hosen, Blusen und Mäntel, sondern vor allem dafür, das mit dem Titel "Das Salz der Erde" das älteste Modelabel des Landes angetreten ist, mit seiner neuesten Kollektion in der Liga der weltbesten Modehäuser mitzuspielen.
Gründung des Ur-Labels 1954
Selbstverständlich ist dies ganz und gar nicht, sagt Maskit-Geschäftsführer Nir Tal und erzählt die Geschichte, die 1954 eher zufällig begann. Ruth Dayan, damals Ehefrau von Moshe Dayan, wollte als Staatsangestellte Arbeitsplätze für Neueinwanderer in der Landwirtschaft schaffen, aber schlechtes Wetter vereitelte den Plan. Doch bei ihren Besuchen in verschiedenen Dörfern traf Ruth Dayan zahlreiche Frauen, die wundervolle Handarbeiten fertigten. Diese fanden reißenden Absatz in den Städten, und so wurde eben keine Kraut-und-Rüben-Zucht, sondern ein Modehaus mit dem Namen Maskit – auf Hebräisch soviel wie "Handarbeit" oder "Handwerk" - gegründet.
Das Unternehmen blühte und feierte sogar internationale Erfolge, überlebte nur leider nicht die Privatisierung und wurde 1994 geschlossen. 15 Jahre später kehrte die junge Designerin Sharon Tal nach Praktika bei Lanvin in Paris und Alexander McQueen in London nach Israel zurück und beschloss, ein eigenes Label zu gründen und dafür den alten Namen Maskit neu zu beleben.
Nir Tal: "Scharon kontaktierte und besuchte also Ruth Dayan, die trotz ihrer fast 99 Jahre noch jung geblieben ist, und aus einem einstündig geplanten Gespräch wurden acht Stunden. Danach ging es zweieinhalb Jahre weiter mit intensiven Recherchen in ganz Israel und in Europa und auch mit Gesprächen mit den Veteranen und früheren Kunden von Maskit. Und so reifte allmählich die Idee, dass es keine Kopie des alten Unternehmens, sondern etwas völlig Neues werden sollte. Zusammen mit Ruth und auch mit Stef Wertheimer, der inzwischen auch als Partner dazugekommen war, haben wir schließlich ein Team aus jungen und älteren Kollegen zusammengestellt, die die Vision haben, wieder eine führende internationale Marke zu werden, wie es Maskit in seinen besten Zeiten war."
Von lokalen Traditionen inspiriert
Noch immer hat Maskit den Anspruch, nicht nur höchste Qualität zu bieten, sondern sich auch von den lokalen Traditionen inspirieren zu lassen und aus den besten Quellen Israels zu schöpfen. Das ist die einmalige Landschaft, die auf kleinstem Raum Meer, Berge und Wüste bietet; das sind historische Stätten, die Weltkultur hervorgebracht haben, und das sind vor allem die Menschen, die bis heute jahrhundertealte Handwerkstechniken pflegen.
Zusammen mit dem Innovationsgeist des 21. Jahrhunderts ergibt das den richtigen Mix, sagt Sharon:
"Es weht in jeder Hinsicht ein neuer Wind, denn es sind ja mehr als 60 Jahre seit der Gründung von Maskit vergangen. Sowohl in Israel als auch in der ganzen Welt hat sich viel verändert, natürlich auch in der Mode. Auch die Leute sind andere, also da hat sich viel verändert, sodass heute wirklich alles neu ist. Und ich versuche natürlich, die Dinge frischer und jünger zu machen und die Traditionen auf neue Weise zu bewahren."
Längst stehen wir vor den langen Kleiderstangen im Studio in der Tel Aviver Auerbachstraße und fachsimpeln über Stoffe, Schnitte und Farben. Doch die Frage nach ihrem Lieblingsstück beantwortet Sharon ohne das geringste Zögern:
"Der Wüstenmantel hier, dieses Stück ist praktisch die Ikone von Maskit. Er ist aus Kaschmir, Wolle und Leder und alles per Hand gefertigt. Der Schnitt stammt aus dem Jahr 1954, das war der erste Mantel von Maskit. Wir haben den Schnitt genommen und rekonstruiert und verkaufen das Modell bereits wieder seit drei Jahren, nachdem es 40 Jahre lang der Hit von Maskit war, und es ist nicht nur mein Lieblingsstück, sondern von vielen anderen Frauen auch."
Enge Kooperation mit Beduinenfrauen
Die Inspiration für den legendären Mantel stammt von dem traditionellen weiten Umhang, mit dem sich die Beduinen seit Jahrhunderten vor Hitze und Wüstenstaub schützen. Und noch immer sind die Beduinenfrauen die engsten Kooperationspartnerinnen, wenn es um Schnitte und Fertigungstechniken geht.
Die Farbpalette ist mit dem Motto der neuesten Kollektion, "Das Salz der Erde", trefflich beschrieben: eine gelungene Kombination aus Braun- und Sandtönen, Weiß und Türkis, oftmals auch in arabesken Mustern verwoben. Die Stoffe sind mit Seide, Kaschmir, Wolle, Baumwolle und Leder pure Natur und auf handwerklich höchstem Niveau verarbeitet. Und was empfiehlt die Chefdesignerin der modebewussten Frau für die kommende Saison?
"Unsere Mäntel natürlich, dazu trägt man Schals, am Abend trägt man Seidenkleider, denn Seide wärmt auch ein wenig, was abends angenehm ist, und man trägt die arabischen Hauskleider. In der Winterkollektion haben wir auch leichte Kaschmirkleider mit Taillengürtel, wir haben auch neue Ledertaschen, Wollkostüme und neue Mäntel natürlich auch."
Zu den begeisterten Besucherinnen der Gala von Maskit auf der Tel Aviv Fashion Week gehört die gebürtige Pariserin Flora Imbert:
"Oh ja, einige Sachen würde ich sehr gern kaufen! Maskit kann sich in jeder Hinsicht messen mit dem, was es in Frankreich gibt. Die Schnitte, die Formen und Linien, alles nähert sich dem hohen internationalen Niveau und ich hoffe sehr, dass man Maskit bald auch auf den Modenschauen in Paris, London, Rom, New York oder, ja, auch in Berlin sehen kann."
Dass die Kollektion beileibe nicht nur etwas für die Altersgruppe ihrer Tochter ist, findet auch Floras Mutter Odile:
"Ja, mein Alter gibt eine völlig andere Perspektive. Ich habe einen sehr klassischen Geschmack, und dennoch habe ich hier so viele interessante Inspirationen gesehen. Zum einen bleiben die Modelle immer noch im klassischen Rahmen, aber zugleich werden sehr natürliche Formen und Schnitte gezeigt, die bestens zu den Stoffen passen, also ich bin richtig stolz auf dieses Unternehmen."
Lob von der Maskit-Gründerin
Stolz auf das neue Maskit-Unternehmen empfindet auch Ruth Dayan, die es sich trotz ihrer fast 98 Jahre nicht nehmen ließ, die Vorstellung der neuen Kollektion zu sehen:
"Sie haben sehr viel vom Stil der alten Firma übernommen und so gibt es tatsächlich eine gewisse Fortsetzung und Ähnlichkeit. Das gefällt mir, sie arbeiten sehr genau und sauber und sie haben gute Stoffe - also wirklich alles, was es auch früher bei Maskit gab. Ich habe ihnen nur die Türen geöffnet und sie mit wichtigen Leuten in Verbindung gebracht, und ich hoffe, dass sie es wieder an die Spitze schaffen. Wir haben in der Vergangenheit gelernt, dass man auch für weniger betuchte Kunden schöne Sachen bieten muss, und ich sehe, dass sie auch Kleidung haben, sie sich jeder leisten kann."
Letzte Frage noch einmal an Geschäftsführer Nir Tal, wann die Kollektionen von Maskit auch in Deutschland zu haben sein werden?
"Oha, wir sind gerade vor einigen Monaten aus Berlin zurückgekehrt und es würde mich außerordentlich freuen, auch dort unsere Sachen zu präsentieren und bald vielleicht sogar ein Geschäft in dem großen Warenhaus am Ku'damm zu eröffnen. Und vielleicht ist ja unter den Zuhörern jemand, der die Idee gut findet und uns herausfordern möchte, dann wäre es uns eine große Ehre, auch in Berlin vertreten zu sein."
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