Mariza: "Munod"

Bloß niemals weichgespült

Fado-Sängerin Mariza
Fado-Sängerin Mariza © dpa / picture alliance / Oliver Killig
Von Carsten Beyer · 08.10.2015
Mariza ist eine der wichtigsten Interpretinnen des portugiesischen Fado. Fünf Jahre hat sie sich seit ihrem letzten Album Zeit gelassen, doch nun gibt es mit "Mundo" ein neues. Sie bleibt sich so untreu wie eh und variiert ihren Stil.
Viel Zeit ist vergangen seit ihrer letzten CD "Fado Tradicional". Mariza ist vor vier Jahren Mutter geworden und hat danach eine längere Auszeit genommen vom Showgeschäft – und doch ist es so, als sei sie nie weg gewesen, die Frau, die allein durch ihre Erscheinung den Fado in ein neues Zeitalter geführt hat. Die blondgefärbten Haare trägt sie noch immer kurz, auf der linken Schulter prangt ein großes Tattoo und ihre Augen blitzen in einer Mischung aus Neugier, Lebensfreude und verhaltener Angriffslust. Mariza ist immer zu 100 Prozent Mariza – eine weichgespülte, abgeschminkte Version dieser Frau gibt es nicht
"Ich werde immer ein dramatischer Mensch sein, immer! Für mich ist jedes Problem ein großes Problem. Ich leide, ich schlafe schlecht, ich denke die ganze Zeit darüber nach, dabei könnte alles ganz einfach sein. Aber so ist das nun mal als Fado-Sängerin: Ich muss alles extrem machen, ich muss die Dinge tief in mir spüren, anders geht es nicht. Und wenn ich ehrlich bin, ist das auch ein sehr schönes und reines Gefühl. Ich mag es."
Manchmal singt sie auch auf spanisch
"Mundo", das neue Album, ist eine Art Reisetagebuch geworden, das den Hörer musikalisch von den Kapverden über Spanien und Argentinien bis nach Portugal führt. Egal, ob sich Mariza den Klassikern ihrer Vorbilder Amalia Rodriguez widmet, ob sie einen Tango singt, eine Morna oder ein Stück, das ihr Produzent Javier Limon für sie komponiert hat, immer ist es ihre Stimme, die ein Lied am Ende nach Fado klingen lässt.
"Mundo – der Titel stammt daher, dass seit meinem letzten Album fünf Jahre vergangen sind, und in diesen fünf Jahren hatte ich viel Zeit darüber nachzudenken, was ich will – als Sängerin und als Mensch. Mit diesem Album gebe ich einen Einblick in meine Welt, in meine musikalischen Visionen, in all das, worüber ich in den letzten fünf Jahren nachgedacht habe. Wenn man die neuen Songs hört, wenn man sich die Texte genauer ansieht, dann wird man feststellen: es ist eine neue Route, die ich eingeschlagen habe, aber ich knüpfe auch an das Vorangegangene an."
Bei einigen Stücken, bei dem munteren "Caprichosa" beispielsweise oder auch bei der melancholischen Ballade "Alma", singt Mariza auf Spanisch. Eigentlich unerhört für eine Fado-Sängerin, doch das, so sagt Mariza, sei ihr egal. Sie könne auch damit leben, dass manche Puristen in ihr nicht die große Erneuerin, sondern eher den Untergang des Fado sehen. Starre Regeln, davon ist Mariza überzeugt, seien in der Musik fehl am Platz.
"Ich habe immer das Gefühl, die Leute wollen mich irgendwo einordnen. Sie bricht die Tradition, sie bewahrt die Tradition. Sie hat blondgefärbte Haare und benutzt trotzdem die portugiesische Gitarre. Ich glaube, Musik ist vielmehr als das. Natürlich singe ich die traditionelle Musik meines Landes, natürlich bin ich eine Repräsentantin dieser Kultur, aber trotzdem bin ich doch ein singulärer Mensch – und das ist auch das Wichtigste für mich, wenn ich heute ein Album aufnehme. Ich weiß, dass der Fado meine Heimat ist, und doch: Alles was ich singe, singe ich, weil es mir gefällt. Wenn das nicht so wäre, dann müsste ich mich für meine Musik schämen, ganz einfach, weil sie nicht aus mir selbst kommt!"
Fado hat man oder nicht
Mit dem Fado ist es wie mit dem Blues, sagt man in Portugal. Entweder man hat ihn oder man hat ihn nicht. Mariza hat ihn, in jeder Faser ihres Körpers, und gerade deshalb kann sie es sich erlauben, auch mal mit den Konventionen zu brechen. Egal ob auf der Bühne oder im Studio, für sie zählt am Ende vor allem die Reaktion ihres Publikums
"Der Fado richtet sich direkt an die Seele. Wenn ich es schaffe, mein Publikum zu erreichen, dann ist es egal, ob die Menschen lachen oder weinen, dann kann ich in ihren Augen lesen, dass sie mit mir in Verbindung stehen – und das macht mich dann wirklich glücklich. Dann weiß ich, meine Botschaft ist an einem sicheren Ort angekommen – und genau das will ich mit meiner Musik erreichen!"
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