Mariss Jansons Abschied in Amsterdam

Ick seg Adieu!

Mariss Jansons beim Neujahrskonzert 2012 in Wien.
Der Dirigent Mariss Jansons gab seinen Ausstand als Chef des Concertgebouw Orkest © picture alliance / dpa / Herbert Neubauer
27.03.2015
Unter seiner Leitung wurde das Koninklijk Concertgebouworkest Amsterdam zum besten Klangkörper der Welt gekürt - nun nimmt der lettische Dirigent Mariss Jansons Abschied von diesem Ensemble. Ein königliches Ereignis voller Wehmut.
Die Geburt der Musik aus den Volksliedern und -tänzen - so könnte das Thema des Abends lauten, mit dem Mariss Jansons seines Ausstand als Chefdirigent des Amsterdamer Concertgebouworkest gibt. Es waren elf glanzvolle Jahre einer perfekten Harmonie zwischen Musikerinnen und Musikern und dem charismatischen, wenngleich sehr bescheiden und hintergründig arbeitenden Maestro aus Riga. Aus vornehmlich gesundheitlichen Gründen konzentriert sich der 72 Jahre alte Musiker jetzt auf seine Leitungsfunktion beim BR-Sinfonieorchester in München. Im Zusammenhang mit der unseligen Konzertsaaldebatte in der bayerischen Landeshauptstadt hat er sich schon deutlich kritisch geäußert.
Komponisten griffen besonders häufig während der Romantik, aber auch noch im 20. Jahrhundert auf Volksmusik zurück, um sich inspirieren zu lassen. Niemals ging es um bloße Kopien. Der Ungar Béla Bartók sammelte gewissenhaft volksmusikalische Materialien in vielen Regionen seiner Heimat und auch in Nordafrika. Besonders in seinem Konzert für Orchester gelang ihm eine perfekte Verbindung von westlicher Orchestertradition und "archaischer" Einfachheit.
Ganz auf die lyrische Kraft der Volkslieder setzten sowohl Gustav Mahler als auch sein amerikanischer Kollege Aaron Copland wie auch der avantgardistische Italiener Luciano Berio. Sie kreierten neue Kunstwerke mit relativ einfachen Mitteln, indem sie einen Blick zurück und tief hinein in die Traditionen verschiedener Regionen dieser Welt wagten. In ihrer Individualität erkennbar blieben alle Drei.
Der US-amerikanische Bariton Thomas Hampson singt in diesem denkwürdigen Konzert eine Auswahl aus den Folk-Songs von Berio, den Old American Songs von Copland und aus Mahlers Sammlung "Des Knaben Wunderhorn". Man darf annehmen, dass Mariss Jansons mit diesem musikalischen Programm eine Art Bilanz dessen zieht, was er für unbedingt notwendig hält in der Musik - er also ein Programm mit Stücken geschaffen hat, die er auf einer einsamen Insel nicht missen würden wollte.
Concertgebouw Amsterdam
Aufzeichnung vom 20. März 2015
Gustav Mahler
Des Antonius von Padua Fischpredigt, Trost im Unglück, Das irdische Leben, Der Tamboursg'sell
aus "Des Knaben Wunderhorn"
Martijn Padding
Ick seg adieu für Orchester
Luciano Berio
Black is the Color aus "Folk Songs"
Aaron Copland
The Dodger, The Little Horses, The Boatmen's Dance, I bought me a cat aus "Old American Songs"
Béla Bartók
Konzert für Orchester
Thomas Hampson, Bariton
Concertgebouw Orkest Amsterdam
Leitung: Mariss Jansons