Mali-Intervention "ist unglaublich populär, unglaublich willkommen"

02.04.2013
Soldaten der Europäischen Union sollen ab heute Malis Armee für den Kampf gegen die Islamisten trainieren. Richard Zink, Leiter der EU-Delegation in Mali, betont die Bedeutung dieser Mission: Durch die räumliche Nähe werde Europa von allem direkt betroffen, was dort passiere.
Nana Brink: Es ist naiv zu glauben, der kriegerische Konflikt in Mali wäre auch nur annähernd gelöst, weil heute die Europäische Union militärische Ausbilder in das Land schickt. Nach letzten Meldungen sind in den vergangenen Tagen erneut Kämpfe in Timbuktu zwischen Soldaten der malischen Armee und islamistischen Rebellen ausgebrochen. Im Januar erst hatte ja Frankreich eine Offensive begonnen, um eben jene Islamisten auf ihrem Vormarsch zu stoppen – was ihnen erst mal gelang. Und immer noch sind 4.000 französische Soldaten in Mali stationiert, allerdings wollen die Franzosen bis Ende des Jahres einen Großteil ihrer Kräfte abziehen und andere afrikanische Staaten und Soldaten, vor allem die malische Armee, mit der Verteidigung ihres Landes betrauen.

In Bamako, der Hauptstadt Malis, sind wir jetzt verbunden mit dem Botschafter der Europäischen Union in Mali, Richard Zink. Schönen guten Morgen, Herr Zink.

Richard Zink: Guten Morgen, Frau Brink.

Brink: Bevor wir über die EU-Trainingsmission sprechen, wie erleben Sie denn die Situation in Mali von Bamako, der Hauptstadt, aus?

Zink: Ja, in Mali hat sich die Situation nach dem Eintreffen der französischen Truppen deutlich entspannt. Es war vorher mit regelmäßigen Demonstrationen, Unruhen, große Spannungen vor Ort, und insbesondere große Ängste. Mit dem Eintreffen der Franzosen gab es ein wirkliches Gefühl der Erleichterung in der malischen Bevölkerung, und diese Intervention ist unglaublich populär, unglaublich willkommen. Von daher hat sich das Leben in vieler Hinsicht normalisiert. Nur, wir sollten nicht vergessen, dass wir weiterhin große Zahlen von Maliern, die im Land vertrieben sind … also es gibt immer noch fast 300.000 Malier, die aus dem Norden in den Süden, insbesondere nach Bamako, geflüchtet sind, und daneben natürlich auch eine große Zahl von Flüchtlingen. Diese Personen, aus diesen Personengruppen ... faktisch noch keine Rückkehr gibt Richtung Norden, zeigt natürlich, dass die Situation weiterhin gespannt ist und in keiner Weise der große Frieden eingekehrt ist.

Brink: Die Idee der Europäischen Union und auch der Vereinten Nationen ist ja: Die malische Armee soll selbst für die Sicherheit sorgen. Deshalb schickt die EU ja 200 Ausbilder, auch deutsche, nach Mali. Ist das in Anbetracht der desolaten Situation, auch der malischen Armee, nicht ein Tropfen auf den heißen Stein?

Zink: Erstens ist der Wiederaufbau der malischen Armee absolut notwendig. Da geht es um zwei Bereiche, einmal Männer und Frauen, und der andere Bereich natürlich das Material. Die junge Mission, die insgesamt fast 550 Mann stark ist, das sind ja nicht nur die Trainer und Ausbilder, sondern auch die ganze Betreuung, die Sicherheit, die notwendig ist, also fast 550 Mann europäische Soldaten hier, das ist eine beachtliche Größe. Das ist die größte Trainingsmission, die die EU bisher gemacht hat, und trifft vollkommen auf einen wichtigen Bereich. Die Mission hat die Aufgabe, knapp 3000 malische Soldaten zu trainieren, die malische Armee mit neu aufzubauen, und ich meine, im Moment beträgt die Armee ja nur 9000 Mann, das heißt, immerhin ein Drittel der Armee komplett neu aufzustellen.

Brink: Das klingt alles sehr nett, sage ich jetzt mal etwas ketzerisch, aber die malische Armee ist ja auch in sich sehr zerstritten. Es gibt viele unterschiedliche Gruppen, kann man mit denen zusammenarbeiten?

Zink: Ja, also ein Großteil der Soldaten, die trainiert werden sollen von der EU, das werden Neueinstellungen sein. Die Regierung will 2.000 neue Soldaten rekrutieren, und die haben sicherlich alle eine Notwendigkeit, die benötigen alle ein ordentliches Training. Das ist der große Teil, der zweite Teil, dass die EU-Mission ja nicht nur Training macht mit Soldaten, sondern auch den wichtigen Bereich hat, in allem, was Beratung angeht für die Organisation der Armee, auf gut Deutsch, den Generalstab, den Minister zu beraten, wie die Armee in Zukunft organisiert sein soll, welche Waffensysteme notwendig sind. Sie haben hier viel Sand und extremes Klima, wir sehen hier sehr deutlich bei den Ecowas-Truppen, also bei den westafrikanischen Truppen, wie flexibel und wie fähig die tschadischen Truppen sich hier im Kampf schlagen, und wahrscheinlich braucht die malische Armee vergleichbares Ausbildungsmaterial, um erfolgreich zu sein.

Brink: Das ja dann auch von der Europäischen Union kommt?

Zink: Das ist im Moment nicht vorgesehen von der Europäischen Union, ich glaube, das übersteigt im Moment unsere Mittel, aber die Malier hoffen, dass die UN ihnen bei der Hochrüstung ihrer Armee mit bei hilft. Von EU-Seite hat Zypern – Sie glauben es vielleicht nicht – Zypern hat 3000 Kalaschnikows bereitgestellt. Und ein großes Problem der malischen Armee, was Waffen angeht, die haben jetzt 50 Jahre in der Regel von Geschenken gelebt und von billigen Einkäufen. Das heißt, die Armee ist in keiner Weise einheitlich ausgestattet, und es ist auch nicht erstaunlich, es gibt hier große Probleme der Regierungsführung, große Probleme der Korruption, die sich natürlich auch im Armeebereich sehr breitgemacht hat.

Brink: Sie haben das jetzt sehr ausführlich geschildert, was alles noch nötig ist, um diesem Land wieder – sagen wir mal salopp – auf die Füße zu helfen. Wie sehen denn Ihre Prognosen für diese Ausbildungsmission, diese militärische Ausbildungsmission, aus? Wird sie gelingen?

Zink: Mali und Europa sind nur durch eine Grenze getrennt: zwischen uns liegt nur Algerien. Auf gut Deutsch: Alles, was in Mali passiert, betrifft Europa direkt. Große Teile von Drogenhandel, von illegaler Migration, kommen durch Mali. Auf gut Deutsch: Alles Interesse, dass Mali auf Vordermann kommt, und dass hier eine fähige Regierung an die Macht kommt. Ob uns das gelingen wird? Das gelingt uns, wenn die Malier das Gleiche möchten wie wir, und wenn wir weiterhin engagiert arbeiten. Wir brauchen das, Mali verdient das, und wir sind es uns selber schuldig.

Brink: Der Botschafter der Europäischen Union in Mali, Richard Zink. Schönen Dank, Herr Zink, für das Gespräch.

Zink: Bitte sehr.


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