Mahlzeit

Alles, was gern gegessen wird

Burger in einem Düsseldorfer Restaurant
Burger in einem Düsseldorfer Restaurant © dpa / picture alliance / Marius Becker
Von Udo Pollmer · 25.07.2014
Als eine bekannte Fast-Food-Kette Promis engagierte, um Werbung für ihre Etablissements zu machen, hagelte es Kritik: Fast Food sei das Allerletzte, wie können Vorbilder sich dazu bekennen? Udo Pollmer hat am Schierlingsbecher öffentlicher Moral geschnuppert.
Wir wissen ja, Fast Food ist das Gegenteil von frischgezapftem Weihwasser − eine Ausgeburt teuflischer Mächte, die Alt und vor allem Jung verführt. Soviel zur moralischen Wertung. Aber was ist Fast Food wirklich? Wörtlich genommen das Gegenteil von Slow Food. Man soll ja nicht schlingen. Schlingen, das machen nur Tiere. Wegen des Animalischen ist Fast Food aus Sicht der Kritiker kulturlos. Noch dazu ist es vorgekocht. Tiere fressen vor allem Rohes, die meisten Viecher mögen zwar Gekochtes, aber für sich selbst kochen sie nix. Jetzt ist das Tier natürlich der Beleg, dass Fast Food auch noch widernatürlich ist.
Schauen wir doch mal in die schlaue Literatur: Laut Duden geht Fast Food nicht nur schnell, sondern besteht aus "leicht verzehrbaren kleineren Gerichten" – aus einer Pizza werden viele Pizzazungen. Eine einzelne ist nicht nur schnell erhitzt, die ist auch schnell gegessen. Demnach wäre eine ganze Pizza kein Fast Food. Man muss ja beim Italiener auch drauf warten, und es dauert, bis sie aufgegessen ist. Warum ist gerade eine Ecke von einer Pizza als Fast Food so "ungesund"? Die Antwort der Experten: Weil sie zu viele Kalorien enthält. Gut, dann essen wir halt eine ganze Pizza – weil, eine richtige Mahlzeit ist gesünder als Fast Food.
Zu schnell, zu fett, zu süß
Das Internet bietet seine eigene Web-Definition: Zwischen Bestellung und Erhalt des Menüs liegen weniger als zehn Minuten – wenn der Download des Hamburgers länger dauert, droht der Timeout. Bei der Fertigsuppe kann das nicht passieren; einfach mit Kaffeewasser übergießen und fünf Minuten ziehen lassen. Kaffee wiederum gilt nicht als Fastfood – im Gegensatz zu Soft Drinks. Kaffee ist was Reelles, mit ordentlich Sahne und Zucker ersetzt er ab der dritten Tasse in der Tat einen kleinen Imbiss.
Dennoch herrscht Einigkeit, Fast Food ist zu fett und zu süß. Demnach wären Eiscafés ebenfalls Orte des Fast-Food-Schreckens – wegen der Eisbecher to go mit Sahne obendrauf. Doch Eisdielen zählen wundersamerweise nicht zu diesem Restauranttyp. Vielleicht weil nach einer weiteren Definition Fast Food heißes Essen ist, das gleich mitgenommen wird. Da haben die Pommes aus der eigenen Tiefkühltruhe noch mal Glück gehabt, solange damit niemand auf die Straße rennt. In der Kantine gilt wieder etwas anderes. Dort bekommt man sein Essen natürlich schneller als im Hamburger-Restaurant, es enthält oft mehr Fertigzeugs als ein Döner aus Brot, Hackfleisch und Salat. Aber das Kantinenessen gilt als richtiges Mittagessen – vor allem, wenn es nicht so gut schmeckt wie in der Dönerbude.
Standardisiert und preisgünstig
Die wohl sauberste Definition lautet: Es sind standardisierte Fertigprodukte, die preisgünstig als warme Mahlzeit zum sofortigen Verzehr angeboten werden. Fast Food sind demnach alle Gerichte, die gerne gegessen werden: Nationalgerichte, wie Hamburger in den USA, Pommes in Belgien, Pizza in Italien, Curries in Indien oder Wienerle in Kartoffelsalat. Nur dann lohnt es, diese auch global feilzuhalten. Jedes bekömmliche und beliebte Gericht, das sich vorbereiten lässt, ist eines Tages Fast Food. Es ist schlicht die internationale Küche, aufs Wesentliche reduziert und ohne Zeremonienmeister.
Die Kritiker stellen ihre eigene Definition dagegen – noch dazu eine, die ziemlich verräterisch ist: Es seien "Snacks, die viele Kalorien enthalten, aber kaum Nährwert". Wir dürfen im Geiste ergänzen, dass die Kalorien in Form von Fett, Kohlenhydraten und Eiweiß drin sind. Die Vorstellung, dass Nahrung möglichst nichts Sättigendes enthalten sollte, ist reichlich verwegen. Als "Nährwert" gilt auf den Websites der Diätfreaks heute all das, was an ungenießbaren Bestandteilen drin ist, wie die Gräten im Fisch oder Kartoffelschalen.
Nach dieser Logik wäre das beste aller Getränke eine Limoflasche – eine leere natürlich, sonst sind zu viele Kalorien drin. Dafür stecken im Glas reichlich wertvolle Mineralstoffe und gesunde Spurenelemente – ja es besteht daraus! Dann gibt's statt Fast Food bald ein Scherbengericht aus Fischgräten, Nussschalen und braunem Glas. Mahlzeit!
Literatur
Duden: Das Fremdwörterbuch. Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus AG 1997

Popik B: Junk Food. The Big Apple – An etymological dictionary. Eintrag vom 26.12.2008
Schorsch KJ: Beobachtungsstudie zum Einfluss verschiedener Fast Food Menüs auf kardiovaskuläre Risikoparameter. Dissertation, Uni Hamburg 2010
Nagumo Y: Ein leerer Magen macht gesund. Goldmann, München 2014
Vogel W: Glaschemie. Springer, Berlin 1992
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