MaerzMusik

02.04.2013
Die späten 1960er Jahre waren geprägt von kritischen Diskursen, Demokratie- und Wertediskussionen, die auch in der zeitgenössischen Musik ihren Niederschlag fanden. Nicht nur Helmut Lachenmann brachte dies zu einem Nachdenken über die Daseinsberechtigung von Musik überhaupt. Nur in der Negation des konventionellen musikalischen Ausdrucks lagen Möglichkeiten, dem "Anachronismus eines Konzerts für Solo und Orchester neue Funktionen abzugewinnen", schreibt er 1969 zu seinem Orchesterwerk "Air".
Musik, die sich auf den Klang an sich und seine Erzeugung bezieht, ein unverschleierter, prosaischer Zugang zum Gehörten, zum Instrument und zur klingenden Situation gaben Lachenmann den Impuls zu diesem Stück. Das Solo-Schlagzeug schien ihm das augenfälligste Medium solcher "Klangrealistik". Strukturelle Klarheit geht hier einher mit energetischen Prozessen, die der Musik metaphysische Kraft verleiht.

Dies trifft auch für den symphonischen Torso "Beta" des großangelegten Triptychons "Firecycle" von Brian Ferneyhough zu. Als Ferneyhough ihn 1969 zu schreiben begann, war an eine Aufführung dieses Werkes gar nicht zu denken. Es war sein erstes Orchesterwerk überhaupt und es stellte zugleich eine utopische Vision einer befreiten Musiksprache dar. In aller Konsequenz sollte es bis heute ein Torso bleiben. (...)

Ein französisches Pendant und weiteres musikhistorisches Zeugnis jener bewegenden Zeit finden wir bei dem viel zu jung verstorbenen Jean-Pierre Guézec, Schüler und Nachfolger Oliver Messiaens am Conservatoire de Paris. Er brachte die Konzepte von Klangfarbe, Rhythmus, Volumen, Sonorität und Dichte etwa eines Messiaen, Varèse, Boulez und Xenakis zur einer erstaunlichen Synthese.

Unter der Leitung von Arturo Tamayo und gemeinsam mit der herausragenden Perkussionistin Robyn Schulkowsky, dem GrauSchumacher Piano Duo und vier Ko-Dirigenten spielte das Konzerthausorchester somit ein Trio von herausfordernden Werken und einzigartigen Dokumenten ihrer Zeit, die den frischen Geist jener Zeit bewahrt haben.
Neues Repertoire für Streicher zu schaffen und die Möglichkeiten dieser homogenen Besetzung auszureizen, hat sich das Ensemble Resonanz auf die Fahnen geschrieben. Bei MaerzMusik präsentierten die Hamburger Musiker vier Werke, die jüngst für sie geschrieben wurden; in ihnen verbindet sich Schlagzeug mit Streicherensemble, werden Streichinstrumente aber auch perkussiv eingesetzt. (...)
Berliner Festspiele



MaerzMusik - Festival für aktuelle Musik
Konzerthaus Berlin, Großer Saal
Aufzeichnung vom 21.03.2013


Helmut Lachenmann
"Air" Musik für großes Orchester und Schlagzeug-Solo

Jean-Pierre Guézec
"Formes" für Orchester

Brian Ferneyhough
"Firecycle Beta", Symphonischer Torso für zwei Klaviere und Orchester
mit fünf Dirigenten

Robyn Schulkowsky, Schlagzeug
GrauSchumacher Piano Duo
Konzerthausorchester Berlin
Leitung: Arturo Tamayo

ca. 21:00 Uhr Konzertpause mit Nachrichten

Philharmonie Berlin, Kammermusiksaal
Aufzeichnung vom 19.03.2013

Beat Furrer
"Xenos III" für zwei Schlagzeuger und Streicher (DE)

Isabel Mundry
"Depuis le jour (mit Blick auf Sweelinck)" für 15 Streicher und Schlagwerk

Wolfgang Mitterer
"rasch" für String Drum Set, Streichorchester und Elektronik (DE)

Enno Poppe
"Wald" für vier Streichquartette

Dirk Rothbrust, Schlagzeug
Thomas Meixner, Schlagzeug
Ensemble Resonanz
Leitung: Jean-Michaël Lavoie