Lyric-Opera-Kurs in Weimar

Deutsch für Opernsänger aus aller Welt

Die Teilnehmer des Lyric Opera Studios in Weimar proben für die "Zauberflöte".
Die Teilnehmer des Lyric Opera Studios in Weimar proben für die "Zauberflöte". © Deutschlandradio / Henry Bernhard
Von Henry Bernhard · 26.08.2016
Hier pauken internationale Opernsänger, die es in Deutschland schaffen wollen. "Lyric Opera Studio Weimar", so heißen die Kurse. Aussprache, Intonation und das deutsche Bühnensystem stehen auf dem Stundenplan.
"Okay. Der Direktor stellt die neuen Sänger vor."
Morgens um neun. Deutsch für Opernsänger im Speiseraum eines Hostels in Weimar, nebenan in der Küche wird noch das Frühstücksgeschirr abgewaschen. Zwei Sängerinnen und ein Sänger, aus den USA, China, Kolumbien - und ihre Lehrerin:
"Der Direktor stellt die neuen Opernsänger vor."
"Ja."
Thema heute: Das Passiv.
"Die neuen Sänger haben vorgestellt?"
"Du musst das oder das nehmen!"
"Werden!"
"Also?"
"Die neuen Sänger werden vorgestellt."
"Die neuen Sänger werden vorgestellt. Woher kommen sie, was machen sie hier? Welche Stimmlage haben sie?"

Wissbegierige Kursteilnehmer aus 19 Ländern

Die 35 Kursteilnehmer kommen aus Kanada, Großbritannien, Finnland, Italien – aus insgesamt 19 Ländern – für drei  Wochen nach Weimar, um gemeinsam die "Zauberflöte" einzustudieren und aufzuführen und, noch wichtiger, Einblick in den deutschen Opernmarkt zu bekommen. Denn der ist mit Abstand der größte und wichtigste in der Welt. Hier wollen sie bestehen. Zunächst aber erst mal vor ihm: Damon Nestor Ploumis.
"Who are my three Ladies? Raise your hand! Raise your hand! I've said this a million times. Raise them up! Who are the three Knaben?"
Ploumis ist Tenor, Amerikaner mit griechischen Wurzeln. Er ist Erfinder und Direktor des Lyric Opera Studio Weimar, er ist Regisseur, Lehrer, Trainer für die Studenten. Vor allem aber ist er die uneingeschränkte Autorität mit der Ausstrahlung eines Diktators:
"So get on stage, we'll start immediately; and I want everyone mirroring from the ground. OK? Everyone set? We are going right from the Allegro, ladies! And then we'll go back."
Die Teilnehmer des Lyric Opera Studios in Weimar proben für die "Zauberflöte".
Die Kursteilnehmer kommen aus insgesamt 19 Ländern der Welt.© Deutschlandradio / Henry Bernhard
35 Sänger braucht man nicht in der "Zauberflöte". Also ist jede Rolle vierfach besetzt, bei mehreren Aufführungen kommt so jeder zu einer ganzen Oper. In der Probe müssen alle, die nicht auf der Bühne stehen und singen, die Bewegungsabläufe im Zuschauerraum mitmachen.
Neben dem Flügel dirigiert Olaf Storbeck. Er ist seit neun Sommern musikalischer Leiter des Lyric Opera Studio Weimar und lehrt ansonsten in Zürich und Weimar:
"Sie sind sehr wissbegierig und sehr dankbar natürlich, zu erfahren, wie das in Deutschland hier funktioniert das System der Stimmfächer, und auch, wie der Betrieb funktioniert, wie man den Fuß reinbekommt in eine professionelle Sängerkarriere."

Kampf mit den Konsonanten am Wortende

"Bald werden ..."
"Bald ... Bald werden ..."
"Bald ..."
Die Italienerin Marcella di Garbo studiert in Genf. In Weimar kämpft sie im Einzeltraining mit den deutschen Konsonanten am Wortende.
"Bald ..."
"Bald ..."
"Bald ... warden ... You don't say the T!?"
"When you sing 'balt', then you destroy the Legato."
"Bald werden wir vermählet sein."
"I'm very happy to be here. And I think I'm very lucky! In Italy we don't have a lot of opportunities to be on stage."
Sie will ja nichts Schlechtes über Italien sagen, aber es gibt dort wenig Möglichkeiten für Studenten, auf einer Bühne zu singen und zu lernen, was es wirklich heißt, ein Sänger zu sein.
"I don't want to speak bad about my country, but in our conservatory it's quite difficult to have a real experience of what's the meaning of being a singer."

Herausforderung nicht nur für Teilnehmer aus China

Rui Xiao aus China sieht die Herausforderung eher darin, als Chinese auf Deutsch in Deutschland zu singen.
"I think for me it's quite a challenge to perform an opera in German in Germany. It's quite a challenge, especially for Chinese."
Damon Nestor Ploumis gibt sich im Lyric Opera Studio alle Mühe, drei Wochen lang, sieben Tage die Woche, zwölf Stunden täglich, warnt aber auch vor Illusionen:
"Und ich betone das: Es ist kein mehr so goldene Zeit, auch keine silberne Zeit für die Oper. Das ist mehr eine Bronzezeit für die Oper. Und ich sage denen am ersten Tag – und man sieht im Gesicht, dass sie ein bisschen schockiert sind –, 'Was habe ich jetzt auf die Bühne zu stellen, was die anderen 300 Mädchen, die gerade 'O mio babbino caro' gesungen haben, nicht haben? Und wenn die Antwort, 'Ich weiß nicht', ist, dann muss man überlegen, ob man wirklich für diesen Beruf geeignet ist."
Mittags, wenn er mit allen Sängern und Mitarbeitern essen geht – natürlich zum Griechen –, wird aus dem Diktator eine sorgende Glucke, die ihre Küken liebevoll von der Straße scheucht, wenn ein Auto naht.
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