Lynchjustiz in der Township

Von Jörg Poppendieck · 08.05.2012
Mittlerweile sind Townships wuchernde Gebilde in südafrikanischen Städten, deren Bewohner häufig unter Armut und Kriminalität leiden. In manchen Townships kämpfen die Bewohner selbst gegen Verfall und Kriminalität - in jüngster Zeit allerdings nicht immer mit rechtsstaatlichen Mitteln.
Eine große Menschenmenge schaute zu, wie die drei Männer verbrannten, so steht es im Polizeireport. Die Männer mussten sterben, weil sie angeblich Diebe waren. In den Townships rund um die großen Städte in Südafrika ist die Zahl der Morde durch Gruppen, die Selbstjustiz üben, angestiegen.

Am schlimmsten ist die Situation in Khayelitsha bei Kapstadt, erzählt Dan Plato, der Minister für kommunale Sicherheit in der Provinz Westkap. Einer von sieben Ermordeten ist hier Opfer von Selbstjustiz.

"Sie haben ihre eigenen Gerichte und wenn jemanden für schuldig befunden wird, wird anschließend über das Ausmaß der Strafe entschieden. Alles ist möglich. Von der Prügel bis zur Todesstrafe.

Menschen werden gesteinigt oder ihre Kehle wird durchschnitten. Mein Department und ich, wir versuchen das zu stoppen. Das sind barbarische Methoden. Sie gehören nicht in unsere moderne Gesellschaft."

Dort wo die Morde geschehen, ist von Modernität, vom neuen Südafrika, nichts zu sehen. In den informellen Siedlungen am Rande von Townships leben die Ärmsten der Armen. In Hütten aus Blechteilen, Plastikplanen und Holzlatten.

In diesen Siedlungen sind die Kriminalitätsraten am höchsten. Die Polizei fährt in diese Gegenden von Khayelitsha gar nicht rein, beschwert sich Sylvia Mabisa, die in Khayelitsha zu Hause ist.

"Wenn die Polizei dann mal kommt und jemanden festnimmt, dann ist der nach zwei Tagen wieder auf freiem Fuß. Er kommt raus und provoziert die Menschen. ‚Seht nur, hier bin ich wieder, obwohl ihr mich habt festnehmen lassen.’ So was macht die Menschen wütend. Sie nehmen deshalb das Gesetz selbst in die Hand und verprügeln diejenigen, die ihre Sachen gestohlen haben."

Selbstjustiz ist Teil der südafrikanischen Geschichte. Während der Apartheidzeit in den 80er und 90er-Jahren wurden vermeintliche Spitzel des Regimes regelmäßig mit der Halskrausenmethode getötet. Dabei wird ein mit Benzin getränkten Autoreifen um Hals und Arme gehängt und angezündet. Das Opfer kann kaum gerettet werden, weil das Gummi mit dem Körper zu einer brennenden Masse verschmilzt.

Der zuständige Minister in Kapstadt weiß um die Probleme. Ein Gesetz wurde deshalb auf den Weg gebracht, das die Arbeit der Polizei stärker kontrollieren soll. Außerdem soll eine Ombudsstelle eingeführt werden. Dort sollen Beschwerden der Bürger über ineffiziente oder korrupte Polizisten bearbeitet werden.