Luís de Camões: "Dramen und Briefe"

Der Preis der Liebe

Eine Sand-Skulptur des portugiesischen Nationaldichters Luis de Camoes, aufgenommen beim International Sand Sculpture Festival in Armacao de Pera, Portugal am 23 Mai 2012.
Luís de Camões gilt als portugiesischer Nartionaldichter, hier ist er als Sand-Skulptur zu sehen. © dpa / picture alliance / Luis Forra
Von Carolin Fischer · 14.12.2015
Die Werke von Luís de Camões stecken voller Sprachwitz und stilistischem Reichtum. Der letzte Band der Gesamtausgabe ist jetzt übersetzt worden: frisch und amüsant. So offenbaren sich in den rund 500 Jahre alten Texten auch zeitgemäße Gedanken über die Liebe.
Bis heute ist der 10. Juni der Nationalfeiertag der Portugiesen, in Erinnerung an Luís de Camões, der im Jahre 1580 an genau diesem Tag das Zeitliche segnete. In seinen "Lusiaden" hatte er die Geschichte des Landes und vor allem die Entdeckung des Seeweges nach Indien durch Vasco da Gama verherrlicht. In seiner umfangreichen lyrischen Produktion finden sich neben Sonetten auch eine Vielzahl einfacher, volkstümlicher Stücke, wobei Camões seinen Sprachwitz zum vollen Ausdruck bringt, indem er sich der verschiedensten sprachlichen Register bedient.
Genau dieser stilistische Reichtum zeichnet auch die Werke des dritten und letzten Bandes der Gesamtausgabe aus, der jetzt im Elfenbeinverlag erschienen ist. Nach dem Versepos, einem der bedeutenden Texte der Weltliteratur, und sämtlichen Gedichten haben der Übersetzer Hans-Joachim Schaeffer, der die Arbeit noch kurz vor seinem Tod vollenden konnte, und der Literaturwissenschaftler Rafael Arnold abschließend die drei Dramen und die nur vier überlieferten Briefe des Nationaldichters herausgegeben.
Die Deklination der Liebe
Fast fünfhundert Jahre alt sind diese Texte, weshalb sie nur bedingt unseren heutigen Lesegewohnheiten entsprechen. Doch ist ihnen gerade ob der kongenialen, mitunter mutigen Übertragung eine Frische zu eigen, die überrascht und amüsiert. Das Thema der drei Komödien ist mäßig originell : die Liebe, dekliniert an zwei bekannten Stoffen: Amphitryon und Antiochus, der sich nach seiner Stiefmutter verzehrt und sie schließlich zur Gattin bekommt, sowie einem Schäferstück, in dem sich Sohn und Tochter eines Hirten, die von einem adligen Geschwisterpaar geliebt werden, als Kinder dessen Onkels und einer Prinzessin entpuppen. So steht den standesgemäßen Eheschließungen nichts mehr im Wege.
Kann uns das heute noch interessieren? Rein von der Handlung her nicht übermäßig, doch spielt Camões nicht nur mit einem Wechsel aus Reim und Prosa und den verschiedensten Sprachebenen. Indem er Personal aus allen Ständen auftreten lässt, vom Göttervater Jupiter bis hin zu Dienern und Narren, verflicht er die vielfältigsten Diskurse über die Liebe, von der Freude am reinen Gefühl bis hin zum Preis, den es zu investieren gilt, um eine Schöne zu gewinnen.
Das abenteuerliche Leben des Dichters
Noch breiter gestreut ist die Palette in den Briefen dieses Mannes, dessen Leben so abenteuerlich war, dass Friedrich von Flotow ihm eine Oper ("Indra", 1852) widmete: Als Soldat verlor er ein Auge, kam wegen Schulden ins Gefängnis, versuchte sein Glück in Goa und Macao, um bei einem Schiffbruch angeblich alles außer dem Manuskript der "Lusiaden" zu verlieren.
Beschreibungen dieser Missgeschicke suchen wir in den Briefen vergeblichen. Stattdessen finden wir Gedanken über das menschliche Schicksal, mal volksnah, etwa "Die Traurigkeit im Herzen ist wie eine Motte im Stoff". Mal erscheint sie als Maxime "Nicht gibt, wer in dem, was er gibt, keine Ehre gibt". Aber auch den neusten Tratsch und diverseste Informationen über die Damen(halb)welt erfährt man: Und zwar so, dass diese Briefe gleichermaßen ob ihres sprachlichen wie inhaltlichen Reichtums einen faszinierenden Einblick in eine vergangenen Zeit geben.

Luís de Camões: Dramen und Briefe, Portugiesisch – Deutsch
Aus dem Portugiesischen von Hans-Joachim Schaeffer und Rafael Arnold
Elfenbein Verlag, Berlin 2015
504 Seiten, 48 Euro

Mehr zum Thema