Luftschiffe und vollgestopfte Schubladen

Der Schriftsteller Günter Herburger (Archivbild, 1991)
Der Schriftsteller Günter Herburger (Archivbild, 1991) © picture alliance / dpa / Kupferschmidt
Von Cornelia Staudacher · 03.04.2012
Als Prosaautor startete der begeisterte Marathonläufer Günter Herburger bei der Gruppe 47 durch. Inzwischen hat sich der Filmautor und Erfinder der "Birne"-Kinderbücher einen neuen poetischen Kosmos erobert.
In den Werken von Günter Herburger klingt immer beides an: Der gesellschaftspolitisch motivierte Schriftsteller und der Sprachartist und poetisierende Fantast. Zum Schreiben brauche man Wissen, Geduld, Spiellust und Zorn, sagt er. Spielerisch überschreitet er literarische Gattungen und Genres; tänzerisch gleitet er über die Grenzen zwischen traurigem Ernst und bösem Witz, zwischen Heiligem und Profanem, zwischen Spott und tieferer Bedeutung. Das deutete sich schon in seinen ersten Erzählungen an, u.a. in "Eine gleichmäßige Landschaft", die er 1964 vor der Gruppe 47 im schwedischen Sigtuna las, ebenso wie im dreibändigen Thuja-Romanzyklus, entstanden zwischen 1977 und 1991.

Die neuen Gedichtbände, Fotonovellen und Laufbücher, die unter dem Eindruck von Marathon- und Extremlangstreckenläufen entstanden sind, einer Sportart, der sich Herburger seit den 80er-Jahren mit Eifer verschrieben hat, sind Sturzbäche aus Beobachtungen, Erinnerungen, kühnen Einfällen und Wissenspartikeln, die den Leser, der bereit ist, sich mitreißen zu lassen, in uferlose Assoziations- und Imaginationsräume seiner wild wuchernden, poetischen Digressionskunst entführen.

Frei schweifende Fantasmagorien verbinden sich mit seinem überbordenden enzyklopädischen Wissen zu schwerelosen Poemen, mit denen er die Grenze zwischen Sprache und Körper aufzuheben sucht. Herburger, der auch als Film- und Fernsehautor tätig war und die "Birne"-Kinderbücher erfunden hat, wünscht sich Gedichte wie "voll gestopfte Schubladen, die klemmen".

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