Ludwigsburger Schlossfestspiele Live

Liebkoste Missklänge

Der Dirigent und Geiger Pietari Inkinen
Der Dirigent und Geiger Pietari Inkinen © Jukka Mykkänen/ks-gasteig
15.05.2015
Eine düstere Geschichte von Mord und Inzest ist "Kullervo" - mit dem mythischen Werk von Jean Sibelius und einem Doppelkonzert von Johann Sebastian Bach beginnen an diesem Abend die Ludwigsburger Schlossfestspiele mit ihrem neuen musikalischen Leiter, dem Finnen Pietari Inkinen.
Der Geiger und Dirigent Pietari Inkinen eröffnet die Ludwigsburger Schlossfestspiele 2015 und tritt an diesem Abend offiziell sein Amt als Chefdirigent des Festspielorchesters an. Der Abend beginnt mit zwei kleinen Chorliedern von Jean Sibelius und einer Eröffnungsrede des Bundesvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen, Cem Özdemir.
Gleich beim ersten Werk übt Inkinen den "Schulterschluss" mit seinen Musikerinnen und Musikern – er leitet das Orchester und ist selbst aktiver Musiker, wenn er Part beim d-Moll-Doppelkonzert Johann Sebastian Bachs spielt. Pietari Inkinen hat an der Sibelius-Akademie in Helsinki Violine und Dirigieren studiert.
Anlass für den Programmschwerpunkt "Sibelius" ist dessen 150. Geburtstag im laufenden Jahr. Inkinen sieht sich aber in Sachen Sibelius auch als "Überzeugungstäter". Denn er ist von der Qualität der Musik seines Landsmannes überzeugt und wird den Besuchern der Ludwigsburger Schlossfestspiele in den nächsten Jahren mit Sicherheit einige Begegnungen mit dem Gesamtwerk des finnischen "Nationalheiligtums" eröffnen.
"Kullervo" - ein quasi Jugendwerk von Jean Sibelius, noch zu Wiener Studienzeiten von ihm begonnen, geht auf eine tragische Heldensage aus dem finnischen Nationalepos "Kalevala" zurück. Sibelius' Musik mutet geradezu archaisch an - die Grundstimmung in ihr ist eher düster und grüblerisch. Das Werk für zwei Solisten, Männerchor und Orchester erzählt Kullervos Leben, sein Werden, seinen Kampf und endet mit dem Klagegesang nach Kullervos Suizid. Das gesamte Epos ist eine Aneinanderreihung von Brudermorden, Bosheiten, vergeblichen Suchen und schließlich einem unbewusst inzestuösen Beischlaf zwischen Kullervo und seiner verschwunden geglaubten Schwester.
Die Uraufführung des musikalischen Mythos im April 1892 in Helsinki gilt als quasi-Geburtsstunde der klassischen finnischen Musik, obwohl Sibelius nicht der erste und einzige war, der sich mit dem "Kalevala" auseinandergesetzt hatte. Der Komponist und Musikkritiker Oskar Merikanto erlebte die Uraufführung und schrieb danach: „Und wenn das Orchester stürmisch tobt, Missklänge liebkosend und endlich mit einem energischen Akkord verstummt, dann fühlt man sich irgendwie erleichtert, jetzt ist es geschehen. Aber der Chor ist noch nicht verstummt: er erzählt, was passierte und erzählt es auf eine schauderhafte Weise."
Ludwigsburger Schlossfestspiele
Live aus dem Forum am Schlosspark

Jean Sibelius
Venematka op. 18 Nr. 3
Sydämeni laulu op. 18 Nr. 6
Johann Sebastian Bach
Konzert für zwei Violinen, Streicher und Basso continuo d-Moll BWV 1043
Jean Sibelius
"Kullervo" - Sinfonische Dichtung für Sopran, Bariton, gemischten Chor und Orchester op. 7
Gustavo Surgik, Violine
Helena Juntunen, Sopran
Jorma Hynninen, Bariton
Ylioppilaskunnan Laulajat Männerchor
Pietari Inkinen, Violine
Orchester der Schlossfestspiele
Leitung: Pietari Inkinen